Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
Bewegte und bewegende Museumswelt: dynamische Architektur
Das neue BMW Museum in München spricht eine zeitgemäße, dynamische Sprache: die Sprache der automobilen Welt. Eröffnet am 21. Juni 2008 setzt es neue Maßstäbe im Bereich der Markenmuseen. Nach der BMW Welt, eröffnet im Oktober 2007, und der BMW Werksführung ist das Museum der dritte Baustein der BMW Trias, die jährlich rund zwei Million Besucher erwartet.
Analog zur Marke BMW, die für innovative Technik und zukunftsweisendes Design steht, geht das BMW Museum neue Wege bei der Verbindung von Architektur, Ausstellungsgestaltung und kommunikativen Medien. Die BMW Group konnte sich bei der Realisierung auf erfahrene Kreativpartner verlassen: Das Stuttgarter ATELIER BRÜCKNER wurde mit der Generalplanung beauftragt. Architektur und Ausstellungsgestaltung lagen in seiner Hand. ART+COM, Berliner Gestaltungsbüro für Neue Medien, zeichnet für die medialen Inszenierungen und interaktive Installationen verantwortlich. Die Designer von Integral Ruedi Baur aus Zürich prägten das Grafikdesign.
Der Startschuss für das neue BMW Museum fiel im Jahr 2003 mit der bewussten Entscheidung des BMW Vorstandes für den Standort München. Im Gegensatz zu Bauprojekten anderer Automobilkonzerne, sollte kein Museumsneubau auf der grünen Wiese entstehen, sondern es galt nun, das neue Museum in die denkmalgeschützte Bausubstanz der Konzernzentrale am Münchner Petuelring zu integrieren. Bereits im Jahr 1973 war hier eine zukunftsweisende Architektur nach Plänen des Wiener Architekten Karl Schwanzer entstanden. Dieses Ensemble, bestehend aus dem Hochhausbau, dem so genannten „Vierzylinder“, mit seinen angrenzenden Flachbauten und der „Museumsschüssel“, die das BMW Logo auf dem Dach trägt, entwickelte sich alsbald zum Wahrzeichen des Automobilkonzerns.
Mit der „Schüssel“ realisierte Karl Schwanzer das erste spezifische Automobilmuseum in Deutschland. In ihm fanden herausragende Exponate der BMW-Sammlung Aufnahme, die, ab 1922 angelegt, zuvor nur provisorisch in einem Raum des Münchner BMW-Werks beziehungsweise ab 1966 im Werksmuseum präsentiert worden waren.
Schwanzers Leitgedanke für das Museumsgebäude war die „Fortführung der Straße im umbauten Raum“. Der silbern-futuristische Bau, der sich nach außen sehr geschlossen gibt, wirkt im Innern leicht und großzügig. Auf einer spiralförmig ansteigenden Rampe erreicht der Besucher fünf scheinbar frei schwebende Plattformen, die als Ausstellungsbereiche dienen. Die nahezu kreisförmige Grundfläche des Museumsbaus weitet sich von rund 20 Meter auf bis zu 40 Meter Durchmesser. Auf Plattform vier und fünf wird dieser weite Luftraum in seiner ganzen Ausdehnung erlebbar.
Dem ATELIER BRÜCKNER wurde die Aufgabe übertragen, diesen herausragenden architektonischen Wurf neu zu interpretieren und in das 21. Jahrhundert zu führen. Es galt, die Schüssel in ihrer ursprünglichen Qualität erlebbar zu machen, von späteren Einbauten zu befreien und mit einem komplett neuen Dauerausstellungsbereich zu verknüpfen. Für jenen wurde der angrenzende Flachbau, der Westflügel der Konzernzentrale, erschlossen, der bisher unter anderem als Kantine und Parkgarage gedient hatte. Er wurde von den Stuttgarter Architekten vollständig entkernt und mit einer neuen, themenadäquaten Innenarchitektur belegt. Die Ausstellungsfläche konnte so von ehemals 1000 auf nun 5000 Quadratmeter erweitert werden.
Rampensystem
Aus der Leitidee von Karl Schwanzer, der „Straße im umbauten Raum“, entwickelt das ATELIER BRÜCKNER ein Rampensystem als zentrales Motiv für Architektur und Ausstellung. Die Rampe wurde zum dynamischen Leitmotiv der neuen Architektur. Als gestaltetes und gestaltendes Element nimmt sie eine Schlüsselfunktion ein. Sie leitet den Besucher durch das Museum und verbindet die neue Dauerausstellung mit der „Schüssel“, die fortan für Sonderausstellungen genutzt wird. Letztlich wird durch das Rampensystem ein abwechslungsreicher Perspektivenwechsel auf Fahrzeuge, Firmengeschichte und -philosophie ermöglicht. Prägend ist der Gedanke des fließenden Raumes. Es entsteht eine visuelle Narration, die sich aus vielen einzelnen Perspektiven und Eindrücken zusammensetzt.
Über das Rampennsystem taucht der Besucher in die Marke BMW ein. Auf poliertem Asphalt bewegt er sich wie auf einer Straße vorwärts. Ein kreuzungsfreier Parcours von rund einem Kilometer Länge führt ihn durch Dauerausstellung und Schüssel, die er am Ende seines Rundgangs erreicht. Eine urbane, automobile Architekturlandschaft mit Plätzen und Brücken umgibt ihn. Das Rampensystem gleicht dabei einem dreidimensionalen Straßennetz, über welches er Zugang zu einzelnen Häusern auf verschiedenen Etagen erhält.
BWM Platz – Mediatektur
Höhepunkt medialer Inszenierung ist zweifelsohne der BMW Platz, der von ATELIER BRÜCKNER gemeinsam mit den Mediengestaltern von ART+COM entwickelt wurde. Er ist das pulsierende Herz im Zentrum der Dauerausstellung, um das sich die Ausstellungshäuser gruppieren. Der Besucher erlebt diesen 13 Meter hohen Luftraum auf seinem Parcours mehrfach aus verschiedenen Blickwinkeln, er kreuzt ihn über Brücken und bewundert schließlich die Fahrzeuge, die auf ihm geparkt sind. Sie scheinen in Bewegung geraten; Lichtreflexe ziehen an ihnen entlang, Architekturen und Landschaften spiegeln sich flüchtig im polierten Lack der Roadster.
Die Inszenierung versetzt Raum und Rezipient in Bewegung. Die Fassaden der Ausstellungshäuser, rund 706 Quadratmeter, werden mittels LED-Technik abstrakt oder auch motivisch bespielt. Über 1,7 Millionen Leuchtdioden kommen zum Einsatz. ART+COM hat hier mit über 30 möglichen Bespielungen eine digitale Bildwelt geschaffen, die eine Atmosphäre technischer und zugleich poetisch-emotionaler Dimension entstehen lässt. Die Architektur wird entmaterialisiert und dynamisiert.
In aufwändigen Versuchsreihen wurden die Parameter festgelegt, um in der Verbindung von Architektur und Medientechnologie ein eindrucksvolles, schlüssiges und markenadäquates Raumerlebnis zu schaffen. Das realisierte Konzept arbeitet mit monochrom weißen LEDs, die hinter doppelt satinierten Weißglasscheiben montiert sind. Diese Kombination ist neuartig und wird hier erstmals umgesetzt. Die Glasscheiben tragen dazu bei, dass – auch aus der Nähe betrachtet – ein einheitliches, geschlossenes Bild entsteht und die Technik dem Besucher verborgen bleibt. Er nimmt die Glassscheiben nicht als vorgesetztes Element wahr, sondern die Häuser scheinen aus sich heraus zu leuchten. In Verbindung mit einem Videotracking-System kann diese so genannte „Mediatektur“ sogar in einen reaktiven Modus geschaltet werden. Die Bespielung reagiert also auf die bloße Gegenwart von Besuchern und bezieht diese aktiv in das Szenario ein.
Insgesamt entsteht ein großzügiger, weiträumiger Gesamteindruck. Unterstützend wirkt hierbei die „visuelle Transparenz“ aller anderen Bauelemente. Selbst die zentrale Brücke, über die der Besucher den Platz kreuzt, fällt optisch nicht ins Gewicht. Gemeinsam mit Schlaich Bergermann und Partner entwickelten die Stuttgarter Architekten eine innovative Glasbrückenkonstruktion, die das Glas tragend in die Seitenwangen der Brücke einsetzt. Für die Zugstäbe der Brücke wiederum wurde ein Spezialstahl gewählt, der bisher nur von Rennyachten bekannt ist: er ist dünner bei gleichzeitig höherer Zugfestigkeit. Letztlich führte also das gesteckte Gestaltungsziel zu zukunftsweisenden Innovationen im Detailbereich.
BMW
ATELIER BRÜCKNER GmbH, Stuttgart
Generalplanung Museum
Architektur
Ausstellungsgestaltung
Szenografie
ART+COM AG, Berlin
Mediale Inszenierungen
Interaktive Installationen
Integral Ruedi Baur, Zürich
Grafik Design
Visuelle Identität
Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
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Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
Fotograf: Marcus Meyer, Bremen
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