Fotograf: David Boureau
Fotograf: David Boureau
Fotograf: David Boureau
Am Bahnhof Angers Saint-Laud realisierten Dietmar Feichtinger Architectes eine neue Fußgänger- und Fahrradbrücke. Sie ist in einem weichen, weiten Bogen über die 70 Meter breite Schneise geführt, die von den Schienenbündeln in die Topografie der Stadt geschlagen wird. Ihre Unterkonstruktion besteht aus Hohlkastenprofilen und Konsolen aus Stahl, in die auf der westlichen Seite des Bogens Bänke mit hölzernen Sitzflächen integriert sind. Sie ist elegant, leicht und überbrückt weite Spannweiten. Markante Rahmen aus Holzleimbindern tragen die Überdachung und Beleuchtung, lenken den Blick und adeln die Brücke zur Landmark. Sie verändern ihren Abstand zueinander, die Unterkonstruktion ihren Querschnitt, was den Charakter des Steges entsprechend der Situation – betreten, Treppen steigen, gehen, warten, sitzen, beobachten, verlassen - akzentuiert.
Die Brücke ist ein singuläres Verkehrsbauwerk in der Maßstäblichkeit des Quartiers mit hoher Aufenthaltsqualität, die das Bewusstsein für den spezifischen Ort erhöht. Ihr bogenförmiger Verlauf bewirkt, dass ihre Rampe sacht an der neuen Promenade mit Park an der Place Giffard-Lagenvin aufsetzt. Drei Aufzüge und Treppen schaffen eine direkte, barrierefreie und fahrradfreundliche Verbindung zu Bahnhof und Hotel, sowie den Bahnsteigen der Züge nach Paris und Nantes. In ihrer Ästhetik wird die Brücke zum Ausdruck der Erneuerung des Bahnhofsgebiets.
Angers ist die Hauptstadt des Départemets Maine-et-Loire im Westen von Frankreich. Die Stadt mit 153.000 Einwohnern liegt etwa 100 km nordöstlich von Nantes und 300 km von Paris. Der Bahnhof Angers Saint-Laud ist eine wesentliche Verkehrsdrehscheibe im Zentrum der Stadt. 13 mal täglich stoppt hier ein TGV nach Paris, der die Strecke in 1,45 Stunden bewältigt. Nach Nantes verkehren etwa 40 Züge pro Tag. Der Bahnhof liegt an der Rue Auguste Gautier nördlich der Bahntrasse, südlich davon verläuft die Rue Fulton. Im Bereich des Bahnhofs sind die Schienenbündel rund 70 Meter breit und schneiden eine tiefe Schneise in die Stadt. Die alte Fußgängerbrücke aus Stahlbeton, die geradlinig über die Gleiskörper führte, war sehr schadhaft.
Die Stadtentwicklung sieht eine Aufwertung des Areals vor. Bahnhofsseitig sind an der Rue Auguste Gaultier Büros und ein Parkhaus realisiert, sowie ein Hotel in Bau, südlich des Gleisbündels werden an der Rue Fulton eine neue Promenade und ein Park entstehen. Die Fußgänger- und Fahrradbrücke ist ein Teil dieser Aufwertung, den Wettbewerb dazu entschieden Dietmar Feichtinger Architectes für sich. Ihr Projekt orientiert sich am Maßstab der Stadt, überwindet die Barriere der Gleiskörper und ermöglicht durch Aufzüge und Stiegen einen behindertengerechten direkten Zugang auf die Bahnsteige.
Vor allem aber ist sie ein singuläres Verkehrsbauwerk, das in seiner sacht geschwungenen Wegführung, seiner konstruktiven Eleganz und den markanten Holzleimbindern, die sowohl die Beleuchtung als auch das Flachdach tragen zu einer Landmark wird. Der unterschiedliche Abstand zwischen diesen Rahmen rhythmisiert den Weg und gibt verschiedene Ausblicke auf die Geleise, die Züge und Stadt frei. Bänke entlang der Brüstungen laden zum Sitzen ein. Die Brücke wird zum Weg und Ort.
Die Brücke ist ein Teil des Stadterneuerungsprozesses und fügt sich schlüssig in die angrenzenden öffentlichen Räume ein. Sie umschreibt innerhalb der gesetzten Parameter einen weichen Bogen, der eine kontinuierliche Verbindung zwischen der südlich angrenzenden Place Pierre Semard und der im Norden gelegenen Place Giffard-Langevin schafft.
Im Norden liegt der Aufgang auf die Brücke in einer Flucht mit dem neuen Parkhaus, ihr Steg flankiert seine grüne Längsfassade. So akzentuiert sie das Gebäude, wertet die unteren Parkdecks stark auf und schafft auch dem gegenüberliegenden künftigen Hotel einen attraktiven Vorbereich. Die Stiege setzt am Gehsteig der Place Semard auf. Unter dem breiten Treppenlauf können Fahrräder witterungsgeschützt parken.
Im Süden mündet der Brückenbogen direkt in die Achse der Place Giffard-Langevin und den neuen Park ein, um dort die Fußgängerpromenade zu erweitern. Eine lange, flach geneigte Rampe, die einmal ihre Richtung ändert, schafft einen barrierefreien Zugang, der den Weg zelebriert. Kontinuierlich setzt die Rampe den öffentlichen Straßenraum auf die Brücke fort. Sie tritt auch mit dem Platz in einen Dialog, indem sie subtil die Bewegung und damit auch den Blick der FahrradfahrerInnen und FußgeherInnen darauf miteinbezieht.
Die Gestaltung der Brücke aus Stahl und markanten Holzrahmen ist eine Reaktion auf den spezifischen Ort und seine funktionellen Anforderungen. Sie wirkt identitätsstiftend, ihre Materialität entspricht dem Bahnhofsumfeld und ermöglicht, große Spannweiten sehr elegant zu überbrücken. Die Lage der Stahlbetonpfeiler, in denen die tragenden V-Stützen aus Stahl verankert sind, war bereits im Wettbewerb festgelegt. Feichtinger Architectes positionierten darauf ihren Brückebogen. Obwohl Pfeiler an Bahnhofsstegen auf die Last eines entgleisenden TGV ausgelegt sein müssen, wirken sie nicht massig, haben aber doch eine starke Präsenz im Stadtraum.
Die Unterkonstruktion des Brückenbogens besteht aus einem Kastenprofil aus Stahl und einer Konsole. Auf ihr liegen die Holzlatten des Stegs und die hölzernen Sitzflächen der Bänke auf, die den westlichen Rand der Brücke flankieren. Hier können Passagiere auf Züge warten, Passanten und Flaneure den Blick über die Gleise und Eisenbahnen genießen. Der Brückenquerschnitt variiert über die Gesamtlänge: Er verbreitert sich im Bereich der Stiegen und Rampen, um Spaziergänger und Passanten zur Nutzung der Brücke zu animieren. Zwei Treppen und Lifte ermöglichen einen direkten Zugang auf die meistfrequentierten Bahnsteige, auf denen die Züge nach Paris und Nantes halten.
Als markantes Identitätsmerkmal der Brücke betonen die kolonnadenartigen Rahmen aus Leimholzbindern den Übergang und treten in einen Dialog mit der Stadt. Sie rhythmisieren den Weg, aufgrund ihrer unterschiedlichen Abstände, ihres leicht variierenden Querschnitts und des bogenförmigen Verlaufs der Brücke eröffnen sie immer neue Perspektiven auf die Geleise, die ankommenden und abfahrenden Züge. Sie verdichten sich zur Mitte der Brücke hin und erzeugen so eine geschützte Atmosphäre, die zum Innehalten einlädt, während die größeren Abstände am Beginn und Ende der Brücke den Blick auf die Stadt immer mehr erweitern. Die Arbeit am Volumen dieses Projekts umfasst auch die Form jedes einzelnen Rahmens. Sein Neigungswinkel verändert sich mit dem Rhythmus der Bewegung. In der Mitte erweitert sich der Querschnitt der Rahmen kontinuierlich. Diese kontinuierliche Öffnung der Rahmen erhöht die Signifikanz der Brücke über den Schienen.
Diese hölzernen Rahmen gestalten nicht nur die Beziehung zwischen den PassantInnen und dem Ort, sie haben auch eine spezifische Funktion: Sie regulieren Beleuchtung, Witterungs- und Windschutz. Diese Elemente sind in ihre Konstruktion integriert. LED-Streifen in den Rahmen integriert akzentuieren den differenzierten Verlauf des Übergangs und beleuchten ihn nachts. Die Höhe der vertikalen Lichtstreifen steigt von den Enden bis zur Mitte der Struktur an, die horizontalen Lichtlinien folgen der Breite der Brücke. Die zunehmende Länge der vertikalen LED-Streifen und die Verdichtung der Rahmen führt zu deutlich mehr Helligkeit in der Mitte und zu einer guten Gesichtserkennung. Das erhöht das Sicherheitsgefühl bei Dunkelheit.
Bei Nacht entwickelt die von innen leuchtende Brücke eine Strahlkraft von überregionaler Dimension: Das funktional begründete Design erzeugt auch ein symbolisches Bild, das auch die städtebauliche Verbindung aufzeigt, die diese Brücke schafft.
Passagieren bietet diese Brücke einen witterungsgeschützen Warteraum im Freien in einer privilegierten, erhöhten Position mit fulminantem Ausblick. Die Rahmen aus Brettschichtholz tragen das Dach, Paneele aus Lochblech, die auch den Bänken als Rückenlehnen dienen, schützen die Innenseite des Brückenbogens vor Wind und Wetter. Darüber ist zusätzlich ein Drahtgeflecht angebracht. Beides verhindert, dass Gegenstände wie Gepäckstücke hinunterfallen oder Menschen hinunterstürzen könnten. Die Untersicht der Überdachung zeigt die Abdeckung mit KLH-Platten und bildet eine Kontinuität des Materials Holz. Die gegenüberliegende Brüstung besteht aus Stahlseilen, Stahlstehern und einem breiten Handlauf aus Holz. Das ist haptisch angenehm und sorgt für einen freien Blick auf Geleise und Stadt.
Besonderes Augenmerk wurde auf den Umgang mit dem Wasser gelegt. Das Hohlprofil und eine wasserfeste Stahlplatte, die die Konsole abdeckt, sammeln Regenwasser und leiten es an das nördliche und südliche Ende der Brücke, deren Niveau von der Mitte aus in jede Richtung mit 1% Neigung abfällt. Am Dach leitet eine Entwässerungsrinne das Wasser über die Schienenbündel hinaus, sodass nichts auf die Bahngleise fließt.
In den hölzernen Steg sind rutschfeste Streifen eingelassen, die dafür sorgen, dass man die Brücke auch bei schlechtem Wetter gefahrlos nutzen kann.
Die neue Fußgänger- und Radbrücke am Bahnhof von Saint-Laid ist weit mehr als ein Übergang. Sie ist ein neuer urbaner Ort der Begegnung, an dem Menschen sich auf ihrem Weg über die Geleise gern aufhalten, verweilen, ins Gespräch kommen, die Züge beobachten, ankommen oder wegfahren.
Design Team:
Dietmar Feichtinger Architectes
Fotograf: David Boureau
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