Das heutige Projekt basiert auf dem Wettbewerb von 1999. Damals war eine städtebauliche Vision für die schrittweise Erneuerung des Verkehrshausareals mit seinen verschiedenen Bauten für die unterschiedlichen Verkehrsträger gefragt, ebenso wie ein Neubauprojekt für die Halle für Strassenverkehr.
Anfang 2005 wurde das Projekt wieder aufgenommen. Neben dem Ersatzbau für die Halle für Strassenverkehr (HSV) soll in der ersten Bauetappe auch bereits ein neues Eingangsgebäude (Futurcom) erstellt werden. Diese städtebauliche Rochade erlaubt das Freispielen eines mittigen Hofraumes (Arena), der im neuen Konzept unbebaut bleiben soll und Platz schafft für temporäre, themenbezogene Ausstellungen.
Das neue Eingangsgebäude bildet eine brückenartige Verbindung zwischen den bestehenden Bauten an der Lidostrasse (dem IMAX, der Halle für Schienenverkehr und dem Hochhaus. Es fasst im Erdgeschoss den Ticket- und Shopbereich, ebenso wie die beiden Restaurants – das eine bedient und gegen den See orientiert, das andere als Free-Flow-Selbstbedienungs-Restaurant, das sich fingerartig in die Arena hinein ausdehnt. Im ersten Obergeschoss befindet sich die Ausstellungsfläche für die Kommunikationsmedien, der neue Zugang zum Planetarium und aber auch die Haustechnik. Im zweiten Obergeschoss befindet sich der Kongressbereich, mit einem Kongresssaal für 500 Gäste und drei kleineren Sitzungszimmern.
Die Fassaden bilden mehr oder weniger transparente ‚Vitrinen’ für alle Arten von Rädern, Propellern, Felgen, Turbinen, Zahnrädern, Steuerrädern, etc. Die mechanischen Teile hängen dicht an dicht vor der Gebäudeisolation, hinter den Fassadengläsern und bilden ein schimmerndes, glänzendes, teilweise sich bewegendes ‚Fassadenunterkleid’. Das Sammelsurium der verschiedenen Erscheinungsformen des Rads stellt eine Hommage dar an dieses Grundelement der mechanisierten Bewegung.
Das Konzept für die neue Halle für Strassenverkehr weicht beträchtlich vom ersten Entwurf des Wettbewerbs von 1999 ab. Während dort ein dreistöckiges Gebäude vorgeschlagen wurde mit Betonwandscheiben, tragender, verglaster Fassadenkonstruktion und aussen liegenden brückenartigen Rampen, solle das neue Gebäude noch zweigeschossig, blackboxartig, flexibler nutzbar und insbesondere kostengünstiger sein. Ein Bau der vielmehr an all jene Bauten erinnert, die landauf, landab für die Aufbewahrung und Behausung von Automobilen geschaffen sind - an Parkhäuser. Statt jedoch die Geschosse mit Fahrrampen zu überwinden, kommt ein automatisiertes Parkiersystem zum Einsatz. Ein von einem Roboterlift beschicktes Gestell zeigt, von Berührungen geschützt, dicht übereinander gestapelte die Sammlung von Oldtimern (oder auch Neuwagen). Auf Knopfdruck können die Besucher jedes Automobil zu sich bringen lassen und aus der Nähe betrachten. Die zusammenhängenden offenen Flächen im Erd- und 1. Obergeschoss erlauben parallel dazu unterschiedliche thematische Ausstellungen. Eine einsehbare Fahrzeugwerkstatt zeigt den Besuchern, wie die Fahrzeuge gepflegt und repariert werden.
Die Fassadenhülle des mehrheitlich geschlossenen Baukörpers besteht aus Blechtafeln in verschiedener Grösse und Farbe. Es sind jedoch nicht gewohnte Fassadenbleche und auch nicht (wie im Vorprojekt angedacht) die Bleche von Autokarosserien, sondern es sind jene Blechtafeln, welche den Strassenverkehr regeln, die hier 'wieder'-verwendet werden - es sind Verkehrstafeln: Hinweis-, Gebots- und Verbotstafeln, Richtungs-, Orientierungs- und Ortschilder. Die Schilderwände, welche die Halle für Strassenverkehr räumlich begrenzen, verweisen indirekt auf die grosse Freiheit des Individualverkehrs, der mit Hilfe solcher Tafeln gelenkt und reguliert wird. Die Tafeln verweisen aber auch auf eine Vielzahl von Ortschaften, die über das Strassennetz miteinander verbunden sind. Es sind mitunter die Wohnorte der Besucherinnen und Besucher, die über verschiedene Verkehrswege und mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln zum Verkehrshaus der Schweiz gelangt sind und hier mehr über (ihre) Mobilität erfahren.
Auf der abgewandten Seite gegen die Nachbarshäuser sind die Bleche verkehrt montiert, das heisst, dass die bedruckte Seite gegen das Gebäude, die unbehandelte, metallische Seite gegen aussen gerichtet ist. Die Nachbarn sehen somit diese Tafeln so wie die Verkehrsteilnehmer jene Schilder sehen, die nur für den Gegenverkehr Bedeutung haben - von der Rückseite.
Verkehrshaus der Schweiz, Luzern
Architektur: Annette Gigon / Mike Guyer, Architekten, Zürich
Mitarbeit: Caspar Bresch (Projektleiter), Mark Ziörjen, Damien Andenmatten, Gaby Kägi, Gilbert Isermann
Totalunternehmer: Karl Steiner AG, Luzern
Landschaftsarchitektur: Schweingruber Zulauf Landschaftsarchitekten, Zürich
Fachplaner Statik: Henauer Gugler AG, Luzern
Fachplaner Haustechnik: Wirthensohn AG, Luzern
Fachplaner Bauphysik: Ragonesi Strobel & Partner, Luzern