Ulrike Brandi, Gründerin des gleichnamigen Beratungsunternehmens für Lichtdesign, spricht über das Verhältnis von Licht und Architektur – und wohin es ihrer Meinung nach führen wird.

Da sie sowohl ein Lichtdesign-Institut als auch ein Design-Studio betreibt, Bücher schreiben und Vorträge hält, ist es schwer vorstellbar, wie die Hamburgerin Ulrike Brandi noch Zeit für irgendetwas anderes findet. Wir hatten jedoch das Glück, sie kürzlich festzunageln, um, neben anderen Dingen, über Architektur, den Einfluss von Kultur auf das Licht und ihren ersten Job als 'Lampenhalterin' zu sprechen.

Was hat Sie dazu bewogen, sich in den 1980er-Jahren auf Lichtdesign zu spezialisieren?

Ich war fasziniert vom Phänomen Licht, besonders davon, wie stark es eine Umgebung verändern kann und wie unterschiedlich Räume im Licht wirken können. Das Entwerfen von etwas immateriellen wie Licht – im Gegensatz zu dem Designen von Objekten – hat etwas Subtiles, das mir Spaß macht. Vielleicht liegt das Licht auch ein bisschen in meinen Genen, denn Frauen aus drei Generationen vor mir waren Fotografinnen. Meine Urgrosstante fotografierte tatsächlich in der Pionierzeit der Fotografie Ende des vorletzten Jahrhunderts, meine Großtante lernte in den 1920er Jahren in einem bekannten Hamburger Fotoatelier, wo Abzüge noch unter Tageslicht hergestellt wurden. Für meine Mutter war ich die "Lampenhalterin" in der Portrait- und Architekturfotografie.

Elbphilharmonie, Hamburg. Fotos: Michael Zapf (oben), HUSTEDTnetwork (unten)

Die Dame mit der Lampe: im Gespräch mit Ulrike Brandi | Aktuelles

Elbphilharmonie, Hamburg. Fotos: Michael Zapf (oben), HUSTEDTnetwork (unten)

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Wie hat sich der Beruf als Disziplin seitdem verändert?

Es gibt jetzt viel mehr Lichtplaner*innen als vor 30 Jahren, das ist schön, seitdem ist es für Bauherr°innen und Architekt°innen viel selbstverständlicher, Lichtplaner*innen einzubeziehen.

Inzwischen hat die Digitalisierung unsere Arbeitsprozesse sehr verändert. Wir produzieren heute aufwendige und komplexe Zeichnungen und Visualisierungen zur Vermittlung unserer Konzepte, ich sehne mich manchmal nach ganz einfachen Handskizzen zurück, mit denen wir früher das Vertrauen unserer Bauherren gewannen.


"Vielleicht liegt das Licht auch ein bisschen in meinen Genen, denn Frauen aus drei Generationen vor mir waren Fotografinnen"


Die Digitalisierung hat auch die uns zur Verfügung stehenden Leuchtmittel verändert, die Vielfalt der Techniken reduzierte sich auf die LED, die einerseits sehr schön steuerbar sind, andererseits aber aufwendige Betriebsgeräte benötigen.

Ich bin froh, dass wir zunehmend für Tageslichtprojekte beauftragt werden, ich wünsche mir, dass dies in der ganzen Branche größere Bedeutung erfährt. Tageslicht ist die nachhaltigste und stärkste Lichtquelle.

Royal Academy of Music – Susie Sainsbury Theatre & Recital Hall, London. Fotos: Adam Scott

Die Dame mit der Lampe: im Gespräch mit Ulrike Brandi | Aktuelles

Royal Academy of Music – Susie Sainsbury Theatre & Recital Hall, London. Fotos: Adam Scott

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In welcher Beziehung stehen Architektur und Licht?

Architektur und Licht führen einen Dialog miteinander, keines kann ohne das andere sein. Manchmal scheint es, als würden die beiden miteinander tanzen, zärtlich, auftrumpfend, überraschend oder lapidar miteinander umgehen, so wie Menschen das auch tun.


"Architektur und Licht führen einen Dialog miteinander, keines kann ohne das andere sein. Manchmal scheint es, als würden die beiden miteinander tanzen"


Was ist Ihre Kernbotschaft an Architekten in Bezug auf die Berücksichtigung von Licht in ihren Projekten?

Lasst uns mit dem Tageslicht beginnen; verstehen, wie viel natürliches Licht die Bewohner des Hauses zu welcher Tages- und Jahreszeit bekommen.

Lasst uns sehr früh zusammen planen, denn Licht ist integraler Bestandteil von Räumen und nicht eine dekorative Addition.

Licht hat etwas sehr Genießerisches!

Elbphilharmonie, Hamburg. Foto: Ulrike Brandi

Die Dame mit der Lampe: im Gespräch mit Ulrike Brandi | Aktuelles

Elbphilharmonie, Hamburg. Foto: Ulrike Brandi

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Ihr Werk ist sehr international. Erkennen Sie kulturelle Unterschiede im Lichtdesign?

Ich habe meine Arbeit von Anfang an in den internationalen Raum verlegt, weil ich neugierig und reiselustig bin. Menschen haben in unterschiedlichen Gefilden tatsächlich unterschiedliche Lichtvorlieben. In Äquatornähe bevorzugen sie tendenziell kühleres Licht, als Menschen, die den Polkappen näher sind. Das hat mit den unterschiedlichen Erscheinungen des Tageslichtes zu tun, zum Beispiel damit, ob es einen lange dauernden Dämmerungszeitraum gibt oder einen abrupten Wechsel von Helligkeit zu Dunkelheit. Diese Unterschiede kennenzulernen, finde ich spannend.

Royal Academy of Music – Susie Sainsbury Theatre & Recital Hall, London. Foto: Adam Scott

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Royal Academy of Music – Susie Sainsbury Theatre & Recital Hall, London. Foto: Adam Scott

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Mit der Einführung der LED hat sich der Einsatz von Licht in der Architektur und sein kreativer Ausdruck fundamental verändert. Was denken Sie, wie es weitergehen wird?

Sowie es eine neue Technik gibt, toben sich Designer und Ingenieure damit aus. Die LED ermöglicht farbiges Licht auf einfache Weise, also ist plötzlich alles bunt. Inzwischen ebbt das Austoben ab und es entstehen wieder Lichtkonzepte mit weniger Kitsch.
Lichtplanung kann wieder subtiler werden.

Räume können abhängig von der Nutzung und der Tageszeit unterschiedliche Lichtatmosphären annehmen.

Die LED als punktförmige Lichtquelle wird durch die OLED als flächige Lichtquelle ergänzt.

Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass natürliches Licht als Lichtquelle an Bedeutung gewinnt, gerade vor dem Hintergrund, dass unsere Ressourcen auf der Erde begrenzt sind. Deswegen auch haben wir 2019 viel mit Biolumineszenz von Pilzen experimentiert.

© Architonic

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