Mr Goodbar: Jacu Strauss
Text von Alun Lennon
22.04.20
Das jüngste Projekt von Jacu Strauss, Kreativdirektor des Gastgewerbeunternehmens Lore Group, führte ihn nach Washington DC. Wir sprachen mit ihm darüber, wie Reisen den Geist und die Zukunft des Designs im Gastgewerbe erweitert.
Lore Group Creative Director Jacu Strauss im Cafe Riggs in Riggs Washington DC. Foto: Jennifer Hughes
Lore Group Creative Director Jacu Strauss im Cafe Riggs in Riggs Washington DC. Foto: Jennifer Hughes
×Jacu Strauss war fleissig. In den vergangenen Jahren hat der gebürtige Südafrikaner in seiner Funktion als Kreativdirektor der Lore Group – einem Unternehmen, das Hotelkonzepte entwirft, entwickelt und betreibt – in verschiedenen Städten auf der ganzen Welt seine Heimat gefunden. Das jüngste Projekt des Unternehmens, The Riggs Washington DC, bestand in der Umwandlung der legendären Riggs National Bank in ein Hotel, das seines historischen Standorts würdig ist. Strauss teilt einige seiner Gedanken mit uns.
Bedeutet die Arbeit bei einem Unternehmen wie der Lore Group, eine Rolle zu übernehmen, die über die des Creative Directors hinausgeht? Was sind die Einsichten und, umgekehrt, die Herausforderungen dieser Position?
Im Allgemeinen sind unsere Projekte kontextbezogen, und daraus ergibt sich, was wir tun müssen. Was meine Rolle von der eines reinen Designberaters unterscheidet, ist, dass ich über alle Aspekte des Geschäfts Bescheid wissen muss, insbesondere über unsere Hotels – Pulitzer Amsterdam, Sea Containers London und seit kurzem Riggs Washington DC. Ich muss sicherstellen, dass das Design mit allen anderen Faktoren, die ein Projekt zum Funktionieren bringen, wie Nutzbarkeit, Haltbarkeit oder Langlebigkeit, in Einklang steht. Ich kämpfe immer für das Design, aber ich weiss jetzt, welche Kämpfe es zu bestehen gilt und wo Kompromisse eingegangen werden müssen, um dieses Gleichgewicht zu finden.
Riggs Washington DC ist ein Gebäude mit einer langen und reichen Geschichte, da es zuvor vielen der berühmtesten Präsidenten Amerikas als Bank gedient hat. Haben Sie eine zusätzliche kulturelle Verantwortung oder einen zusätzlichen Druck gespürt, als Sie das Gebäude zu einem Ort der Gastfreundschaft umgebaut haben?
Es gab überraschend wenig bis gar keinen Druck. Wir waren nicht die Ersten, die ein grosses Bankgebäude als Hotel nutzten, und auch nicht die Ersten, die dieses Gebäude zu einem Hotel umgestaltet haben. Obwohl dem Gebäude in seiner vorherigen Gestalt viel von seiner Geschichte genommen worden war. Wir wollten die Schönheit und das Erbe des Gebäudes und seiner früheren Nutzung als Riggs Nationalbank wiederherstellen.
“Ich muss sicherstellen, dass das Design mit allen anderen Faktoren die ein Projekt zum Funktionieren bringen, wie Nutzbarkeit, Haltbarkeit oder Langlebigkeit, in Einklang steht“
Wir setzten einige der vielen Details aus der Vergangenheit, die wir in dem Gebäude aufgedeckt haben, in Szene – wobei wir einige der Bankelemente abstrakter interpretierten und einige andere mit einbezogen, um dem Ganzen die Ernsthaftigkeit zu nehmen. Unsere Geschichte spielt auch mit den Parallelen zwischen einem Hotel und einer Bank: “Ein öffentlicher Ort für private Angelegenheiten”. Die Resonanz war erstaunlich – und hat bei vielen Gästen und Besuchern nostalgische und emotionale Erinnerungen geweckt.
Sie haben Zeit an vielen verschiedenen Orten auf der ganzen Welt verbracht. Wie stark hat Sie das als Gestalter beeinflusst und inwieweit nehmen Ihre Projekte auf lokalen Kontext Bezug?
Reisen öffnet einem die Augen (so klischeehaft das auch klingt!) und es ist etwas, das ich nie bereut habe. Reisen macht einen weniger sentimental in Bezug auf das, was man zu wissen glaubt, und das gibt einem die Freiheit, neuen Erfahrungen gegenüber weniger stur zu sein. Es ermutigt einen, das Gesamtbild besser zu verstehen. Es geht nicht nur darum, was zwischen den eigenen vier Wänden geschieht. Man kann nicht ignorieren, was ein Gebäude für seine Nachbarschaft oder seine Stadt bedeutet.
“Reisen macht einen weniger sentimental in Bezug auf das, was man zu wissen glaubt, und das gibt einem die Freiheit, neuen Erfahrungen gegenüber weniger stur zu sein”
Vier Jahre Leben in Amsterdam gaben einige der Inspirationen für das Pulitzer Amsterdam – sei es ein Gemälde im Rijksmuseum, ein Detail an einem Haus oder eine Bootsfahrt auf den Grachten. Die reiche Geschichte der Stadt inspirierte zu einem eklektischen und doch eleganten Aussehen – originelle und historische Merkmale gemischt mit luxuriösen Elementen der Moderne. So wie das Interieur im Laufe der Jahre aus verschiedenen Epochen hinterlassen wurde.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Gastgewerbedesigns in der Zukunft? Welche Trends zeichnen sich Ihrer Meinung nach ab?
Es gibt viele Verschiebungen. Es hat eine Verlagerung hin zu erfahrungsorientierten Lösungen stattgefunden. Auch Hotels werden wieder Teil von Gemeinschaften, wobei die Restaurant- und Bar-Einrichtungen für Nicht-Gäste immer zugänglicher werden. Fragen der Nachhaltigkeit werden natürlich immer wichtiger. Was das Design betrifft, würde ich mir wünschen, dass Projekte im Bereich des Gastgewerbes weniger abhängig von Trends werden, um zu vermeiden, dass alle fünf Jahre ein neues Design benötigt wird. Auch der Wegwerfcharakter der Dinge muss sich ändern. Die Dinge sollten von Dauer sein – nicht nur in qualitativer Hinsicht, sondern das gesamte Erscheinungsbild und Ambiente eines Hotels sollte sich angemessen anfühlen, so dass es fast schon institutionell wird.
Im Hinblick auf COVID-19 erwarten wir eine stärkere Betonung von Hygiene und Sicherheit, und dies wird auch direkte Auswirkungen auf das Design haben. Aber mehr als je zuvor gibt es eine so grosse Vielfalt an Hotels, dass einzelne Hotels jetzt in puncto Design mutiger sein können. Eine solche Vielfalt ist sehr aufregend und ein Zeichen für einen sehr gesunden Gastgewerbemarkt.
Fotos: Jennifer Hughes
© Architonic