Material Tendencies: Marcel Wanders
Text von Anita Hackethal
Berlin, Deutschland
20.06.16
Marcel Wanders möchte mit seinem Design in den Herzen und Köpfen der Menschen verbleiben. Funktional und zugleich auch poetisch und unterhaltsam, schafft es der niederländische Designer sein Publikum immer wieder aufs Neue zu überraschen.
Marcel Wanders - Portrait courtesy Marcel Wanders Studio
Marcel Wanders - Portrait courtesy Marcel Wanders Studio
×Architonic hat Marcel Wanders in New York City getroffen. Seine Antwort auf unsere Frage, welches Material er wählen würde, war nicht weniger überraschend.
Marcel Wanders: Das wäre schwierig. Im Grunde genommen interessiert mich nur ein Material und das ist graue Masse - dein Gehirn! Denn das ist das einzige Material, welches eine wirklich effektive Wirkung auf dein Erleben hat. Mir ist es relativ gleich, ob ich nun mit Stein, Holz oder Plastik arbeite. Mich interessiert vielmehr was meine Arbeiten für eine Wirkung auf mein Publikum haben. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich in der Materialwahl frei bin. Ich versuche immer Materialien zu nutzen, die ich noch nie verwendet habe.
Zu welchem Zeitpunkt im Designprozess kommt die Entscheidung für das verwendete Material? Und was kommt zuerst – die Form oder das Material?
Grundsätzlich bin ich bei jedem Projekt sehr aufgeschlossen, weil im Prinzip alles möglich ist. Aber wenn man beginnt die Einschränkungen und Möglichkeiten der Situation entsprechend realistisch aufzulisten, spielen viele Faktoren eine Rolle. Es hängt vom Auftraggeber ab, dem Budget, wo soll es verwendet werden etc. Schließlich ist Design nicht vergleichbar mit ultimativer Schöpferkraft. Design heisst, seine Kreativität innerhalb eines bestimmten, sehr eng gesetzten Rahmens zu entfalten und letztendlich an diesem kleinen Plätzchen alle Möglichkeiten zu entdecken. Ich glaube das ist der Unterschied zwischen Design und anderen kreativen Feldern.
Wenn man beispielsweise mit einer Firma wie Bisazza arbeitet, dann möchte man etwas grossartiges schaffen, etwas unvorstellbares, etwas, das noch nie jemand gesehen hat. Aber am Ende müssen es ihre Steine sein, die auf eine bestimmte Art und Weise an der Wand sind, weil das die Qualität der Firma ausmacht. Im Rahmen eines Projekts, sobald das Ziel definiert ist, wird der enorme Raum von Optionen plötzlich sehr klein. Und in diesem kleinen Spielraum sollte man fähig sein unheimlich viele Möglichkeiten zu finden.
Es ist grossartig mit Firmen zusammen zu arbeiten, die High-End-Technologie, Fachwissen und Kapazitäten mit sich bringen. Firmen wie Bisazza, Baccarat und Christofle zum Beispiel sind in ihrem Gebiet sehr gut und zeichnen sich durch ihr hohes professionelles Niveau aus, mit dem sie diesen kleinen Raum wie kein anderer bewältigen können.
Nach welchen Kriterien entscheidest du, ob du mit einer Firma arbeitest? Ich kann mir vorstellen, dass du unzählige Angebote erhältst.
Wenn du ein Designer bist, dann ist das Produkt im Grunde genommen dein Baby, richtig? Als Mutter möchtest du sicherstellen, dass du gute Kinder machst. Deshalb musst du sorgfältig einen sehr guten Vater wählen – klug und schön, damit deine Babys noch klüger und schöner werden als du selbst. Gemeinsam mit Partnern, die sich mit voller Energie und all ihren genetischen Ressourcen beteiligen, entwickelst du etwas zusammen. Wenn alle einfach das Beste auf den Tisch bringen, wird das Projekt magisch. Es entsteht etwas, das du nie allein hättest schaffen können. Deshalb ist es so hervorragend mit guten Firmen zu arbeiten. Ich empfehle jedem von uns wirklich nach diesen Juwelen da draussen Ausschau zu halten.
Haben neuen Technologien und Herstellungsprozesse deine Arbeitsweise als Designer beeinflusst?
Das ist sehr interessant. Es gab diese grosse Generation, die zur Industrialisierung der Möbel beitrug, und viele Designer hatten das als Ziel vor Augen. Ich denke, dass sich die Technologie zurzeit in vielen Bereichen entwickelt und wir sind diejenigen, die den Überblick behalten sollten. Heutzutage entwickeln wir digitale, hochpigmentierte Teppiche mit 9 Farbpixeln auf jeden Millimeter - etwas, das vor ein paar Jahren noch unvorstellbar war. Ich beobachte auch eine Entwicklung zum “unbearbeiteten Design”, das jedem die Möglichkeit gibt sich zu beteiligen. Man kann mit eigenen Ideen mitwirken. All diese Möglichkeiten ergeben sich heute. Es ist noch unklar, wohin genau die Wege führen und was sich verändern wird, aber ich kann beobachten, dass morgen etwas geschieht. Wir sollten alle die Augen offen halten und sicherstellen, dass es in unserer Nähe passiert.