Material Tendencies: Michele de Lucchi
Text von Anita Hackethal
Berlin, Deutschland
30.03.16
Die Arbeiten des italienischen Architekten und Designers Michele de Lucchi spiegeln seine persönliche Neugier und seine vielfältigen Interessen wider. Sein Portfolio umfasst eine Reihe privater und öffentlicher Projekte in den Bereichen Architektur, Technik, Design und Handwerk.
Michele de Lucchi - Foto © Architonic / Anita Hackethal
Michele de Lucchi - Foto © Architonic / Anita Hackethal
×Architonic traf Michele de Lucchi auf der Light + Building 2016 in Frankfurt, wo er uns einen kleinen Einblick in sein Verständnis von Architektur und seine künstlerische Sensibilität für Materialien gewährte.
Was präsentierst Du auf der Light + Building Messe für Artemide?
Michele de Lucchi: Dieses Jahr, das erste Mal nach fast 40 Jahren Designpraxis, habe ich den Stand für Artemide entworfen. Ich bin in die Rolle des Architekten geschlüpft und habe die Präsentation der hier ausgestellten Produkte organisiert, stelle jedoch auch neue Objekte und Lampen vor, zum Beispiel diesen Strahler, der die Rondanini Pietà Marmor Statue beleuchtet. Im Alter von 89 Jahren war es die letzte Statue, an der Michelangelo Buonarroti gearbeitet hat, um sie für sein eigenes Grab zu verwenden. Michelangelo war mit dem Ergebnis nicht zufrieden und hat sie zerstört und kurz bevor er starb begann er von neuem. Viele Jahre wurde die Statue nicht wirklich beachtet aber heute ist sie das Symbol für Michelangelo's Werke und reflektiert die Übergangsphase zweier Kunstepochen und der Evolution unserer Kultur: Renaissance und Barock.
Rondanini Pietà marble sculpture by Michelangelo Buonarroti at the Artemide Stand, Light+Building 2016
Rondanini Pietà marble sculpture by Michelangelo Buonarroti at the Artemide Stand, Light+Building 2016
×Der Tycho Strahler verteilt das Licht gleichmäßig auf das Objekt ohne dabei Akzente oder schwarze Schatten zu erzeugen. Es ist ein dezentes, unaufdringliches Licht, das die Statue in ihrer vollen Schönheit und Einfachheit erscheinen lässt. Das neue System besteht aus verschiedenen Modellen und wird im September diesen Jahres produktionsreif sein.
Wenn du dich für die nächsten drei Jahre auf ein einziges Material beschränken müsstest, welches würdest du wählen?
Ich würde Holz wählen. Der Boden hier ist auch aus Holz gefertigt. Holz ist nachhaltig. Es ist ein nachwachsender Rohstoff, der uns erhalten bleibt ohne die Natur zu zerstören, wenigstens solange wir nicht zu viel konsumieren und produzieren. Menschen die sich nach Natürlichkeit und Ursprünglichkeit sehnen empfinden eine große Nähe zu diesem Material. Man kann viele wunderschöne Objekte aus Holz herstellen - Stühle, Tische und andere Möbelstücke, jedoch ist es schwer schöne Lampen aus Holz zu produzieren.
Michele de Lucchi sitting on the Bisonte stool (Birch plywood) Produzione Privata, 2005 - Photo © aMDL
Michele de Lucchi sitting on the Bisonte stool (Birch plywood) Produzione Privata, 2005 - Photo © aMDL
×Lampen sind technologische Objekte. Sie sind wohl die einfachsten technologischen Objekte die es gibt. Sie werden immer zur Technologie gehören und Technologie ist eine andere Sprache, die ich eher mit Materialien wie Metall, Plastik und Glas verbinde aber weniger mit Holz. Ich habe Lampen aus Holz hergestellt, die Architekturmodellen ähneln. Sie sind sehr schön und harmonieren mit der Umgebung in privaten Haushalten, aber sie sind nicht für den Markt geschaffen, da nur wenige Menschen den Wert zu schätzen wüssten.
Benedetto tables (natural oak) by Michele de Lucchi with Davide Angeli for Produzione Privata, 2007 - Photo © aMDL
Benedetto tables (natural oak) by Michele de Lucchi with Davide Angeli for Produzione Privata, 2007 - Photo © aMDL
×Was für eine Rolle spielt für dich Material im Designprozess? Wenn du eine Idee hast, was kommt zuerst - die Form oder das Material?
Die Hauptregel bei einem Designprojekt ist es frei zu sein. Eine generelle Aufgeschlossenheit und ein offener Geist sind sehr wichtig damit sich inspirierende Ideen entwickeln können. Manchmal ist die Wahl des Materials der Ausgangspunkt und manchmal weiß man bis zum Projektende nicht, welches Material am besten geeignet wäre. Ich finde es wichtig wenige Materialien zu verwenden. Zu viele Materialkombinationen schaffen nur Verwirrung und am Ende entsteht ein nur schwer zu verstehendes, unzugängliches Objekt. Die Verarbeitung verschiedener Materialien bedeutet auch viele verschiedene Techniken im Bearbeitungsprozess, was wiederum unerschwingliche Produktionskosten zur Folge hat.
Quattro muri e due case (Bamboo wood) for Alessi, 2014 - Photo © Santi Caleca
Quattro muri e due case (Bamboo wood) for Alessi, 2014 - Photo © Santi Caleca
×In der Architektur ist es anders. Wenn man einen Raum oder ein Gebäude gestaltet, ist es einfacher verschiedene Materialien zu kombinieren. Architekturprojekte sind Integrationsprojekte und das Wort Integration ist heutzutage ein sehr wichtiges. Wir haben nicht nur im Architektur- und Designbereich, sondern auch in unserer Gesellschaft, ein großes Problem, andere Kulturen und Menschen zu integrieren und weitere Denkweisen zu respektieren. Wir haben keine Alternative. Das Gegenteil von Integration ist Desintegration, Zerfall. Bomben verursachen Zerfall und das wollen wir auf keinen Fall.
Sedia (natural beech) Produzione Privata, 2007 - Photo © Marco Beck Peccoz
Sedia (natural beech) Produzione Privata, 2007 - Photo © Marco Beck Peccoz
×Gala chair for Produzione Privata, 2015 - Photo © aMDL
Gala chair for Produzione Privata, 2015 - Photo © aMDL
×Tanti Saluti coat hanger for Produzione Privata - Photo © Marco Beck Peccoz
Tanti Saluti coat hanger for Produzione Privata - Photo © Marco Beck Peccoz
×Acquatinta lamp for Produzione Privata - Photo © aMDL
Acquatinta lamp for Produzione Privata - Photo © aMDL
×Existence Bücherregal für De Castelli, 2010 - Foto © aMDL
Existence Bücherregal für De Castelli, 2010 - Foto © aMDL
×Bonheur Hängeleuchte für Serralunga, 2009 - Foto © Alessandro Paderni
Bonheur Hängeleuchte für Serralunga, 2009 - Foto © Alessandro Paderni
×Briccolone Bücherregal auf Architonic für Riva 1920 - Foto © aMDL
Briccolone Bücherregal auf Architonic für Riva 1920 - Foto © aMDL
×Le Coppe della Filosofia (Low stemmed bowl) for Baccarat, 2011 - Photo © Alessandro Digaetano
Le Coppe della Filosofia (Low stemmed bowl) for Baccarat, 2011 - Photo © Alessandro Digaetano
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Lesen Sie auch die kommenden Berichte zum Thema „Material Tendencies“ – mit spannenden Überlegungen bekannter Designer zum Thema Materialien. Wir freuen uns diese als Fortsetzung unserer Architonic Trend Analysis Serie mit Ihnen zu teilen.