Material Tendencies: Stefan Diez
Text von Anita Hackethal
Berlin, Deutschland
19.10.15
Allein schon aufgrund seiner handwerklichen Wurzeln und Fähigkeiten, setzt sich der gelernte Schreiner und Industriedesigner Stefan Diez mit Objekten auseinander und legt grossen Wert auf ihren Entstehungsprozess. Sein gestalterischer Ansatz ist vom Streben, ein Material konstruktiv so klug wie möglich zu verarbeiten, geprägt.
Stefan Diez - Foto © Architonic / Anita Hackethal
Stefan Diez - Foto © Architonic / Anita Hackethal
×In einem persönlichen Gespräch gewährte Stefan Diez Architonic Einblicke in seine Rolle als Designer im Gestaltungsprozess.
Welche Rolle spielt Material im Designprozess?
„Es gibt Materialien, wie zum Beispiel Blech und Kunststoff, die sich industriell verarbeiten lassen und immer dann besonders interessant sind, wenn man Dinge in grossen Stückzahlen herstellen möchte. Das ist mit Holz in eingeschränkteren Massen möglich. Das ist ein sehr nüchternes Argument, kann jedoch bei der Materialwahl und im Designprozess durchaus eine wichtige Rolle spielen.“
„Wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre es Aluminium. Es ist ein aussergewöhnlich vielseitig verwendbarer Werkstoff und für unterschiedlichste Verfahren geeignet. Man kann es druckgiessen, extrudieren und wenn es danach pulverbeschichtet wird, sieht es aus wie aus einem Guss. Einer unserer neuesten Entwürfe, das ‚New Order’ Regalsystem für HAY, war wohl mit Abstand das Projekt, in dem wir Aluminium am meisten verwendet haben. Durch die Extrusionstechnik konnten wir – wie aus einer Nudelmaschine – bis zu 2 m lange Alustrukturen rausziehen."
Kitt flatpack Stuhl für HAY - Foto von Jonathan Mauloubier
Kitt flatpack Stuhl für HAY - Foto von Jonathan Mauloubier
ׄEs gibt nur wenige, wenn nicht sogar keine alternativen Materialien, die vergleichbar mit den Herstellungseigenschaften von Aluminium sind. Man kann beispielsweise auch Blech verarbeiten und industriell falten, aber das ist ein Prozess, der verhältnismässig lang dauert. Gerade wenn man mit einer Firma zusammen arbeitet, bei der es um eine relativ hohe Stückzahl geht, ist die industrielle Machbarkeit eines Prozesses mitentscheidend. HAY ist eine der wenigen Firmen, die bereit ist auch in das Werkzeug zu investieren, um die Stückkosten in den Griff zu bekommen. Das ist ein profaner Grund für diese Materialentscheidung. Ein weiterer Vorteil bei Aluminium ist die Leichtigkeit. Den ‚Yard’ Stuhl für Emu beispielsweise kannst du mit dem kleinen Finger hochheben. Der wiegt nichts.“
Montage des Kitt flatpack chair for HAY - Foto von Jonathan Mauloubier
Montage des Kitt flatpack chair for HAY - Foto von Jonathan Mauloubier
ׄWir benutzen Aluminium auch teilweise für den Modellbau in unserer Metallwerkstatt im Studio. Das fantastische am Metall im Allgemeinen ist die unglaublich vielseitige Oberflächenbehandlung. Man kann unter anderem Spiegelflächen kreieren und wenn man Aluminium farbig beschichtet, sieht es trotzdem noch nach Metall aus.“
„Metall bringt eine gewisse Vielseitigkeit mit sich, die auch industriell wiederholbar ist. Das wird deswegen für uns auch immer wichtiger, weil wir natürlich versuchen Industriedesigner zu bleiben, und keine Handwerker zu werden. Ich glaube das ist in den letzten Jahren bei vielen Firmen und auch bei vielen Designern ein Missverständnis gewesen. Man hat völlig ausser Acht gelassen, dass die Stückzahl eine extrem wichtige Rolle spielt, ob man nachher mit dem Produkt Geld verdient oder nicht. Der Designer investiert mit seiner Zeit in den Entwurf und in den Prozess und der Hersteller in das Werkzeug und dadurch entsteht ein gemeinsames Projekt. Der Designer hat dann quasi ‚Aktien’ in diesem Unternehmen.“
Ist es für einen Designer von Vorteil sich auf ein Material zu spezialisieren?
„Die Erfahrung, die man mit einem Material sammelt, führt auch teilweise dazu, dass man es vielleicht beim nächsten Mal gerne wieder einsetzt, weil man mit dem Gelernten das nächste Level erreichen möchte. Ich glaube jedoch, dass wir uns tatsächlich durch die Verwendung unterschiedlicher Materialien viel weiterentwickeln. Wir haben auch schon viele Projekte mit Holz gemacht, mit Stahl und mit Kunststoff."
Robe Trick für HAY - Foto von Jonathan Mauloubier
Robe Trick für HAY - Foto von Jonathan Mauloubier
×Gibt es ein Material mit dem Du noch nicht so viel Erfahrung hast, das Du gerne näher entdecken möchtest?
„Glas zum Beispiel. Da sind wir noch relativ frisch. Wir machen zwar gerade einen Tisch bei dem Glas verwendet wird, aber da gibt es sicher noch einiges mehr zu entdecken. Mit Glas kann man tolle Sachen machen, da sind wir noch bei Weitem nicht wirklich in die Tiefe gegangen."
Soba für Japan Creative - Foto von Jonathan Mauloubier
Soba für Japan Creative - Foto von Jonathan Mauloubier
×Gab es ein Projekt bei dem ein Material vorgesehen war, Du jedoch ein ganz anderes Material benutzt hast?
„Da fällt mir spontan das Garderobenprogramm DICE für Schönbuch ein. Schönbuch wollte ursprünglich ein Holzprojekt mit uns machen. Daher habe ich versucht das existierende auseinanderziehbare Metallgestell auf Holz zu übertragen. Es sind ein paar lustige Prototypen entstanden, bis wir einsehen mussten, dass es völlig unrealistisch ist, das mit Holz in Serie umzusetzen. Letztendlich haben wir uns wieder für Metall entschieden. Manchmal kommt man über den Umweg wieder zum vermeintlichen Ausgangspunkt, jedoch mit einer ganz anderen Perspektive und dann kann auch gerade ein schönes Projekt daraus entstehen."
Upon Kollektion für Schönbuch - Foto by Ingmar Kurth
Upon Kollektion für Schönbuch - Foto by Ingmar Kurth
×Spielen für dich umweltschonende Aspekte eine Rolle?
„Das ist so ein Thema, das eigentlich schon Standardrepertoire sein müsste. Ich glaube so eine Frage kann man heute gar nicht anders als mit ‚Ja’ beantworten. Da schneidet man mit Metall meistens ziemlich gut ab. Das kostet zwar zunächst viel Energie im Herstellungsverfahren, ist aber wiederum sehr energiegünstig recycelbar und extrem langlebig. Viele Faktoren können dazu beitragen, ob ein Produkt umweltfreundlich ist und da ist die Langlebigkeit extrem wichtig. Klar ist der Aufwand eine Plastiktüte herzustellen sehr niedrig, aber wenn eine Ledertasche dreissig Jahre hält und ein Plastiksack nur zwei Tage, dann ist das nicht vergleichbar. Man sollte den Zyklus mit berücksichtigen. Beim ‚New Order’ Regalsystem war uns die Flexibilität wichtig – dass das Produkt in verschiedenen Situationen leicht angepasst werden kann und es somit länger benutzt wird. Leider sind langlebige Produkte teilweise nicht attraktiv im Vertrieb. Es ist unheimlich kompliziert ein wirklich umweltfreundliches Produkt zu machen. Das kann man nicht an einem Material festmachen, auch wenn das natürlich ein wichtiger Aspekt ist.“
Gibt es Materialtrends?
„Ich würde sagen, dass in den letzten Jahren sehr viel pures Material verwendet, also wenig veredelt wurde. Mittlerweile sind Metalloberflächen, die einfach nur poliert werden, also Edelstahl, Kupfer, Bronze, Messing usw., ein alter Hut. Alle wollen das Natürliche. Entweder gleich Naturholz oder geölte Hölzer und wenn lackiertes Holz, dann mit einem Lack, der fast nicht zu sehen ist. Es gibt ja mittlerweile Lacke, die sind von der Haptik wie rohes Holz. Den Trend gab es die letzten Jahre und ich denke, dass er noch eine Weile anhält. Was Neues ist noch nicht in Sicht. Ehrlich gesagt, finde ich, ist das ein ganz guter Trend."
404 H I 1410 für Thonet - Foto von Constantin Meyer
404 H I 1410 für Thonet - Foto von Constantin Meyer
×Tune Table für Schellman Furniture - Foto von Jonathan Mauloubier
Tune Table für Schellman Furniture - Foto von Jonathan Mauloubier
×....
Lesen Sie auch die kommenden Berichte zum Thema „Material Tendencies“ – mit spannenden Überlegungen bekannter Designer zum Thema Materialien. Wir freuen uns diese als Fortsetzung unserer Architonic Trend Analysis Serie mit Ihnen in den nächsten Wochen zu teilen.
....