Material Tendencies: Tom Strala
Text von Anita Hackethal
Berlin, Deutschland
08.11.15
Mit Freude an der Forschung und auf der Suche nach dem Wesen der Materie geht der gelernte Schweizer Architekt Tom Strala beim Experimentieren an die Grenzen verschiedener Materialien. Seine zeitlosen, bis in das kleinste Detail durchdachten Objekte, limitierte Editionen und kleine Produktionsreihen von Möbeln und Leuchten, zeugen von einer philosophischen Herangehensweise, die er uns in einem Gespräch skizzierte.
Wenn Du Dich in den nächsten drei Jahren auf ein Material beschränken müsstest, für welches Material würdest du dich dann entscheiden?
„Spontan hätte ich Metall gesagt. Damit habe ich schon viel Erfahrung und mir wird nicht langweilig. Ich finde es ist ein Material, das unglaublich viel kann, jedoch ein bisschen das Problem der Schwere mit sich bringt, das ich eben nicht mag. Meine Objekte sind immer zweigeteilt. Es gibt einen leichten und einen schweren Teil, wobei Zwischenwelten entstehen, die in sich stimmig sind."
"Ich finde schon, dass es eine interessante Herausforderung wäre, sich mit nur einem Material zu beschäftigen. Dennoch ist es viel spannender, verschiedene Materialien zur Verfügung zu haben. Man könnte es mit Essen vergleichen. Wenn ich jeden Tag Pasta essen müsste, würde ich glaube ich den Beruf wechseln (lacht). Wenn du morgen sagst, es gibt nur noch Glas, dann gibt es halt nur noch Glas und ich begnüge mich mit dem, was da ist. Aber ich kann Dir kein Material nennen.“
TMS 360S Stehleuchte (Limitierte Edition von 125), 2001-2004
TMS 360S Stehleuchte (Limitierte Edition von 125), 2001-2004
×"Dank dem Experimentieren mit Materialien erfahren und erleben wir deren Grenzen. Im analytischen Spiel mit Material begreifen wir erst, ab welchem Punkt es sich biegt, bricht oder verflüssigt. Und genau dieser Punkt ist für mich interessant. Der neuralgische Punkt an dem etwas von einer Seite zur anderen wechselt, denn genau da können wir Designer etwas mit dem Material ‚machen‘ und etwas Neues hervorbringen. Für mich ist es eine wunderbare Entdeckung, dass diesem Prinzip eine tiefere (menschliche) Analogie oder Parallelität, ja eine eigentliche Tradition zugrunde liegt. An dem Punkt, an dem wir Menschen nicht mehr weiter kommen, müssen wir uns bewegen. Und obwohl Material tote Materie ist, verhält es sich nach dem gleichen Prinzip.“
Animal Farm No. 2 Stehleuchte (Limitierte Edition von 25), 2011-2015
Animal Farm No. 2 Stehleuchte (Limitierte Edition von 25), 2011-2015
ׄIch vergleiche Material sehr gerne mit Wörtern oder mit Sprache. Mit Worten kann ich sehr viel ausdrücken, aber ich kann auch, wenn ich gewisse Wörter aneinanderreihe, nichts ausdrücken. Wir haben Material und machen etwas damit. Ich finde jedes Material hat unglaublich viele spannende Eigenschaften und Prozessmöglichkeiten, die man entdecken kann. Materialien warten förmlich nur darauf, dass man noch einen Aspekt herausholt und sichtbar macht. Deshalb mag ich jedes Material. Mit Plastik zum Beispiel kann man organische Formen erschaffen und sie wieder verzerren."
Calamares 1 Kronleuchter (Limitierte Edition von 15), 2010
Calamares 1 Kronleuchter (Limitierte Edition von 15), 2010
×Was für eine Rolle spielt für dich Material im Designprozess?
Wenn du eine Idee hast, an welchem Punkt, entscheidest du dich für ein Material?
„Man braucht eigentlich beides, die Idee und das Material. Im Gegensatz zu Worten oder Gedanken, die künstlich sind, sind Materialien etwas schon Existierendes, geschaffen von der Natur. Ich als Designer versuche dem Ganzen eine Stimme zu verleihen, aber ich kann nur etwas aus dem Material machen, was bereits im Material angelegt ist. Man muss einen neuen Blickwinkel finden, um etwas neu darzustellen, sodass es für alle erkennbar wird."
Comic Stehleuchte (Limitierte Edition von 50), 2009
Comic Stehleuchte (Limitierte Edition von 50), 2009
×"Dem Glas selbst, also dem Material, fällt nichts ein. Letztendlich ist es ja der Geist, der die Materie zu dem macht, was sie ist, und ihr eine neue Dimension verleiht. Andererseits ist es auch das Material, das durch seine Eigenschaften entscheidet, wie der Designprozess verläuft. Das heisst, nicht nur der Designer formt das Material, sondern auch umgekehrt gibt das Material dem Designer gewisse Richtlinien vor. Es gibt hier also keine Hierarchie – ohne Material geht es nicht und ohne Idee passiert auch nichts.“
Kalahock Stool Ottoman (Limitierte Edition von 50), 2005
Kalahock Stool Ottoman (Limitierte Edition von 50), 2005
×Du produzierst deine Arbeiten selbst. Wie unterscheidet sich deine Vorgehensweise bei einem Projekt von der eines Designers, dem ein bestimmtes Ziel vorgegeben wird?
"Das ist sehr speziell. Lass es mich so beschreiben: du hast ein Gefühl, du willst klatschen, aber du weisst noch nicht, wie das geht. Dann bewegst du deine Hände ziemlich unbeholfen und irgendwann kommt der Punkt, an dem sie sich treffen und du merkst, da passiert etwas, ich bin auf der richtigen Spur. Es gibt einen Laut und du kannst plötzlich klatschen. Ich habe ein vergleichsweise ähnliches Gefühl für ein neues Objekt, welches ich darstellen möchte. Auch das funktioniert natürlich nicht von Anfang an. Ich scheitere gewiss auch viel. Aber ich glaube, genau das ist extrem wichtig. Dadurch komme ich weiter. Wenn man bedenkt, was für ein Zeitdruck heutzutage besteht, befinde ich mich in der glücklichen Situation, mir die Zeit nehmen zu können, um an meine Grenzen zu kommen und auszuprobieren, bis ein Objekt in Produktion geht. Ich habe dadurch die Chance, so auch die Schönheit dazwischen zu sehen – die Schönheit während des Prozesses."
Kalahario Sessel (Limitierte Edition von 50), 2005
Kalahario Sessel (Limitierte Edition von 50), 2005
×Pompidu Schwenkbare Wandleuchte (Limitierte Edition von 75), 2008
Pompidu Schwenkbare Wandleuchte (Limitierte Edition von 75), 2008
×Rocking Seefelder Schaukelstuhl (Kult Objekt), 2011-2013
Rocking Seefelder Schaukelstuhl (Kult Objekt), 2011-2013
×All images © Strala
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Lesen Sie auch die kommenden Berichte zum Thema „Material Tendencies“ – mit spannenden Überlegungen bekannter Designer zum Thema Materialien. Wir freuen uns diese als Fortsetzung unserer Architonic Trend Analysis Serie mit Ihnen zu teilen.
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