PUBLIC SPACE DESIGN WEEK: Fussgängerfreundliche Utopien durch 15-Minuten-Städte

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15-Minuten-Städte | Aktuelles

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Denken Sie mal für einen Moment an die Stadt oder den Ort, in dem Sie leben. Wie lange brauchen Sie, um zu Fuss zum nächsten Lebensmittelgeschäft zu gehen? Befinden sich Ihre Schule oder Arbeitsstelle in der Nähe und sind fussläufig erreichbar? Wie sieht es mit einem öffentlichen Park, einer Arztpraxis, einer Kita oder anderen Orten aus, die Sie täglich besuchen? Während einige Städte bereits darüber nachgedacht haben, was es bedeutet, in unmittelbarer Umgebung all dieser Einrichtungen zu leben, sind andere dabei, neue Strategien der Stadtplanung zu entwickeln und ihre Viertel im Sinne einer "15-Minuten-Stadt" fussgängerfreundlicher zu gestalten.

Die Idee der 15-Minuten-Städte stammt von Carlos Moreno, einem Professor der Pariser Sorbonne, der die Lebensqualität in Städten verbessern wollte und sich dabei unter anderem von Jane Jacobs und ihrem Verständnis von Stadtvierteln als soziale Verbindungen inspirieren liess. Die Anhänger des Konzepts plädieren für eine "Hyper-Nähe" zu Annehmlichkeiten, Arbeitsplätzen, Behörden, öffentlichen Parks, Einkaufsmöglichkeiten und einer Vielzahl von Unterhaltungsangeboten, die per Fahrrad oder zu Fuss erreichbar sind. Und sie machen sich Gedanken darüber, wie Städte besser gestaltet werden können, um die Grundbedürfnisse der Bewohner zu decken. Innerhalb des kleinen Umgebungsradius des eigenen Zuhauses entstehen engere Gemeinschaften, die es den Bewohnern ermöglichen, sich stärker in die Geschäfte und Dienstleistungen in ihrer Umgebung eingebunden zu fühlen.

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Obwohl die 15-Minuten-Stadt wie eine utopische Unmöglichkeit erscheinen mag, beginnen viele politische Entscheidungsträger weltweit bereits damit, ihre Stadtkerne neu zu beleben: mit einer besseren Stadtplanung, dezentralisierten Dienstleistungen und Gütern, und neuen Vorschriften. Sie teilen die Strassen in neue Zonen ein, verbannen Autos und schaffen Platz für Fussgänger und Radfahrer. Eine Stadt, die diese urbane Strategie vorantreibt, ist Paris – unter der Führung seiner Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Stadtentwicklung war sogar einer der Kernpunkte von Hidalgos Wahlkampfstrategie, die zu ihrer erfolgreichen Wiederwahl führte. Das Ziel der Bürgermeisterin ist es, die Entwicklung von stärker autarken Gemeinden innerhalb der Pariser Arrondissements zu fördern.


Obwohl die 15-Minuten-Stadt wie eine utopische Unmöglichkeit erscheinen mag, beginnen viele politische Entscheidungsträger weltweit bereits damit, ihre Stadtkerne neu zu beleben – mit einer besseren Stadtplanung, dezentralisierten Dienstleistungen und neuen Vorschriften


Unter dem Namen "ville de quart d'heure" (15-Minuten-Stadt) soll die französische Hauptstadt in effizientere Stadtteile verwandelt werden, um so die Umweltverschmutzung zu reduzieren und sozial und wirtschaftlich vielfältige Zonen zu schaffen. Bei der Vorstellung dieses Plans betonte Hidalgo, dass die geplante Revitalisierung auch andere Strategien umfasse. Darunter eine 5.000 Mann starke und unbewaffnete Polizeitruppe, die grossangelegte Pflanzung von Bäumen sowie hohe Geldstrafen für grobes Verhalten wie etwa das Wegwerfen von Müll. Noch bemerkenswerter ist, dass sie die Fussgängerzonen der französischen Hauptstadt weiter ausbauen und in den nächsten drei Jahren in jeder Strasse einen Fahrradweg einrichten will – bei gleichzeitiger Umnutzung von 60.000 Autoparkplätzen.

Bild von Bike Republic.pl

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Ähnlich wie Paris hat Melbourne seine eigene Version eines 20-Minuten-Viertels geschaffen, in dem alles innerhalb von 20 Minuten zu erreichen ist. Ein vermutlich bekannteres Beispiel ist Kopenhagen, das Fahrräder in den Mittelpunkt seiner städtebaulichen Vision gestellt hat: Alle gewünschten Orte sollten mit dem Rad zu erreichen sein. Selbst amerikanische Städte beschäftigen sich inzwischen – vor allem angesichts der Erfahrungen hinsichtlich der Corona-Pandemie und zukünftiger Entwicklungen – eingehender mit dieser Vision.

Da die Menschen oft ein bis zwei Stunden am Tag damit verbringen, mit privaten Verkehrsmitteln zur Arbeit zu pendeln, konzentriert man sich nun verstärkt darauf, den Menschen die Strassen zurückzugeben und Wege zu finden, deren starke Abhängigkeit vom Auto zu reduzieren und erneut ein Nachbarschaftsempfinden zu schaffen, das mit zunehmender Zersiedelung der Landschaft abgenommen hat. Here Technologies hat eine interaktive Karte erstellt, die zeigt, welche Städte sich bereits stärker an den Zielen der 15-Minuten-Stadt orientieren. Während sich einige Stadtteile schon jetzt zu Fuss erkunden lassen, werden sich wahrscheinlich noch deutlich mehr in diese Richtung bewegen – wenn Stadtplaner diesen Rahmen bei ihren eigenen zukünftigen städtebaulichen Konzepten anlegen.

Analyse der amerikanischen Städte als 15-Minuten-Städte. © Kaley Overstreet

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Analyse der amerikanischen Städte als 15-Minuten-Städte. © Kaley Overstreet

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Wenn Sie das nächste Mal 30 Minuten mit dem Auto zu Ihrem örtlichen Einkaufszentrum fahren, denken Sie an die Zeit, die Sie sparen würden, und an die Lebensqualität, die Sie haben könnten, wenn das Zentrum stattdessen nur 15 Minuten mit dem Fahrrad entfernt wäre. Die 15-Minuten-Stadt ist nicht nur ein urbaner Trend, sondern eine durchaus realisierbare Designstrategie, die schon bald in Ihrer Stadt Einzug halten könnte.

Text: Kaley Overstreet