Tracing Identity: De Castelli
Brand story von Bethan Ryder
Crocetta del Montello (TV), Italien
30.03.17
In einer einzigartigen Zusammenarbeit mit den modernen Alchemisten von DE CASTELLI werfen sieben Designerinnen ein neues Licht auf eines der ältesten Materialien, Metall. Produktlaunch auf dem diesjährigen Salone del Mobile.
Der Polifemo-Schrank der italienischen Designerin Elena Salmistraro ist inspiriert von den einäugigen Zyklopen der griechischen Mythologie. Kupfer mit eingraviertem Sparrenmuster verkleidet die Holzkonstruktion; das zentrale Auge dient als Griff
Der Polifemo-Schrank der italienischen Designerin Elena Salmistraro ist inspiriert von den einäugigen Zyklopen der griechischen Mythologie. Kupfer mit eingraviertem Sparrenmuster verkleidet die Holzkonstruktion; das zentrale Auge dient als Griff
×Seit gerade einmal 14 Jahren gibt es die italienische Marke De Castelli. Sie zählt jetzt schon zu den führenden Herstellern für Metalloberflächen und ist bekannt für ihre innovativen Veredelungen und wegweisenden Technologien. Indem er das Talent externer Architekten und Designer für sich nutzbar machte, konnte sich Firmengründer Albino Celato schnell einen Namen machen. Denn um sich seiner eigenen Stärken vollends bewusst zu werden, braucht es manchmal einen Perspektivwechsel, einen Blick von aussen. Xavier Lust, Michele de Lucchi und Aldo Cibic – um nur einige der renommierten Kreativen zu nennen, die für De Castelli gearbeitet haben – testeten bereits die zahlreichen Möglichkeiten aus, die ihnen die verschiedenen Metalle bieten.
Gruppiert zeigt die Couchtisch-Serie Scribble von Francesca Lanzavecchia die vielfältigen Facetten an Oberflächen, die durch verschiedene Kupfer-Oxidationen erreicht werden. Die pinselstrichartigen Objekte haben Namen wie Dot, Comma, Accent und Bracket
Gruppiert zeigt die Couchtisch-Serie Scribble von Francesca Lanzavecchia die vielfältigen Facetten an Oberflächen, die durch verschiedene Kupfer-Oxidationen erreicht werden. Die pinselstrichartigen Objekte haben Namen wie Dot, Comma, Accent und Bracket
×Bis jetzt kamen solche Kollaborationen meistens mit männlichen Designern zustande, aber im Zuge der weltweiten Genderdebatte in den Medien entschied sich Celato letztes Jahr die Pforten von De Castelli für sieben Designerinnen zu öffnen. Jede von ihnen sollte ein Stück kreieren, „welches das enorme Potential von Metall zum Ausdruck bringt,“ insbesondere die Finishes und Behandlungstechniken, auf die sich die Firma spezialisiert hat. Die Designerinnen kommen aus Italien, Frankreich, Belgien und Slowenien und wurden aufgrund „ihrer Interpretationsfähigkeit, ihres emotionalen und narrativen Stils sowie ihres Einfühlungsvermögens“ ausgewählt.
Donata Paruccini drückt mit ihrem Vomere-Tisch "Leichtigkeit und Freiheit von formalen Zwängen“ aus. Die gerundeten Strukturelemente und Kupfer délabré auf der Oberseite verleihen dem Meccano-artigen Metallmöbel eine weiche Anmutung
Donata Paruccini drückt mit ihrem Vomere-Tisch "Leichtigkeit und Freiheit von formalen Zwängen“ aus. Die gerundeten Strukturelemente und Kupfer délabré auf der Oberseite verleihen dem Meccano-artigen Metallmöbel eine weiche Anmutung
×Würden die auserwählten Sieben es schaffen, dieses altbewährte Material in neuem Licht erstrahlen zu lassen? Würden sie dem riesigen Repertoire von De Castelli, zu dem Veredelungstechniken wie Oxidierung, Säureätzen, Bürsten und Brünieren gehören, etwas hinzufügen können? Die Antwort liefert die entstandene Kollektion Tracing Identities, die beim diesjährigen Salone del Mobile präsentiert wird und eine vielfältige Designsprache spricht. Reizvoll und ausdrucksstark zeigen sich Nika Zupancs Longing Cabinet und Alessandra Baldereschis Gemälde auf Leinwand: abstrakte Landschaften aus dem metallischen Farbspektrum von Stahl, Kupfer, Messing bis Eisen. Francesca Lanzavecchia geht die Aufgabe mit ihren Scribble Tables spielerisch an, so auch Elena Salmistraro mit dem vom Zyklopen inspirierten Polifemo Schrank und Donata Paruccini und ihr Tisch Vomere, der an das Spielzeug Meccano einnert. Eine subtile Eleganz hingegen strahlen Nathalie Dewez’s filigraner Schrank Elizabeth und Constance Guissets Regal Volte aus.
Volte (oben) von der französischen Designerin Constance Guisset hat eine mit Kupfer délabré verkleidete Holzstruktur. Nathalie Dewez' polierter Kupferschrank Elizabeth (oben) mit Plissé-Front lässt De Castellis unglaubliche Biegetechniken erahnen
Volte (oben) von der französischen Designerin Constance Guisset hat eine mit Kupfer délabré verkleidete Holzstruktur. Nathalie Dewez' polierter Kupferschrank Elizabeth (oben) mit Plissé-Front lässt De Castellis unglaubliche Biegetechniken erahnen
×Alle sieben Entwürfe eint die Liebe zu Kupfer. Es scheint das favorisierte Matell der gesamten Kollektion zu sein. „Die goldenen Jahre von Messing sind vorbei. Ich denke, was den Leuten an Kupfer so gefällt, ist seine warme Ausstrahlung und sein grosses Potential,“ sagt Nathalie Dewez, deren Schrank durch eine Front aus sorgsam gefaltetem, poliertem Kupfer besticht. Sie war schon vertraut mit dem Material Metall und der Prototyp für den Elizabeth Schrank stand bereits in ihrem Studio in Brüssel, aber sie musste erst einen Hersteller mit dem nötigen Know-How finden, der diesen feinen Plisséeeffekt hinbekommt. „Als ich die Fabrik besuchte, fragte ich, ob es möglich wäre, Metall so fein zu falten. De Castelli sagte ‚Nichts ist unmöglich.’ Sie waren bereit, alles auszuprobieren,“ erinnert sie sich. „Es wird von Hand gefaltet. Kupfer hat den Ruf, ein schwieriger Werkstoff zu sein aber unsere Ergebnisse sind ein Indiz dafür, dass diese Technik wahrscheinlich bei so gut wie jedem Metall funktioniert.“
Ihre Designerkollegin Nika Zupanc verfolgt einen eher konzeptuellen Ansatz. Ihr „cabinet of wishes“ wirft einen nostalgischen Blick auf die traditionelle Küchenanrichte mit abschliessbaren Aufbewahrungsfächern. Schlüssel sind in ihrem Werk ein wiederkehrendes Motiv. „Das erinnert mich an Märchen, in denen die Kekse oder Leckereien immer ausserhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden und die Mutter den Schlüssel immer bei sich trägt,“ sagt die Designerin. „Es geht dabei nicht nur um die Funktion. Es spricht auf einer anderen Ebene über Sehnsüchte und Verlangen.“
Nika Zupancs „cabinet of wishes“ hat eine Front aus quadratischen Fächern in drei Kupferfinishes, von denen jedes einzelne mit einem glänzenden Kupferschlüssel ausgestattet ist – ein wiederkehrendes Motiv in Zupancs Arbeit
Nika Zupancs „cabinet of wishes“ hat eine Front aus quadratischen Fächern in drei Kupferfinishes, von denen jedes einzelne mit einem glänzenden Kupferschlüssel ausgestattet ist – ein wiederkehrendes Motiv in Zupancs Arbeit
×Wie der Rest der Kollektion so ist auch Zupancs Stück Ausdruck von Begeisterung für Finishes und vom Wunsch, ein bestimmtes Designstatement abzuliefern. Sie wollte zeigen, wie schön es aussehen kann, wenn verschiedene Oberflächenbehandlungen im selben Stück verwendet werden. Der Rahmen ihres Longing Cabinet besteht aus Holz, die Türen sind mit dünnen Kupferplatten in drei verschiedenen Veredelungen verkleidet: délabré, hochglanz und satiniert. Die Füsse wurden aus Messing gegossen und haben ein glänzendes Kupferfinish bekommen. „Durch Oxidierung kann man so wunderschöne Farbtöne erzielen,“ erklärt sie. „Ich hatte mehrere Paletten vorgeschlagen, aber wir haben uns auf Pinktöne geeinigt. Eigentlich ist es Kupfer, aber dieser Schrank würde auch in Gold oder Silber funktionieren.“
Schwarzes Eisen délabré, polierter Stahl, gebürstetes Kupfer und Messing délabré ergeben diese Landschaften auf den Schirmen von Alessandra Baldereschi, die eindrucksvoll die chromatischen Töne zeigen, die durch Oxidation möglich sind
Schwarzes Eisen délabré, polierter Stahl, gebürstetes Kupfer und Messing délabré ergeben diese Landschaften auf den Schirmen von Alessandra Baldereschi, die eindrucksvoll die chromatischen Töne zeigen, die durch Oxidation möglich sind
×Auf den ersten Blick scheint De Castellis Tracing Identities vielversprechenden Designtalenten eine Plattform zu bieten, aber die Kollektion leistet mehr. Betrachtet man noch einmal die vielfältigen, facettenreichen Anwendungsmöglichkeiten für Metall, erschliesst sich das enorme kreative Potential dieses edlen Werkstoffs für das zeitgenössische Design.
© Architonic