Frischer Wind auf der Decorex 2023

Es braucht viel, um eine Designmesse Jahr für Jahr neu zu gestalten. Man muss mit den ständig wechselnden Trends und Vorlieben Schritt halten und gleichzeitig neue Plattformen und Formate anbieten, um sie zu präsentieren. Das Nebeneinander von etablierten Namen und kreativen Newcomer:innen managen. Verpflichtungen des pragmatischen Business-Networking jonglieren, aber auch ein wenig ausgefallenen Pep bieten, mit dem man sich im Laufe der Tage austoben kann.

Die Londoner Decorex ist ein gutes Beispiel dafür, wie man es richtig macht: Sie besteht seit fast einem halben Jahrhundert, ist immer noch die einzige Messe ihrer Art im Vereinigten Königreich und ein echter Dreh- und Angelpunkt für die europäische Interiorbranche. Die 1978 gegründete Messe – mit nur einem Jahr Unterbrechung durch COVID im Jahr 2020 – ist nach wie vor ein sorgfältig kuratiertes Unterfangen, ein Ur-Text für das Modell, das an den Grundprinzipien Qualität, Inspiration und Verbindung festhält.

Bei der diesjährigen Ausgabe, die vom 8. bis 11. Oktober stattfindet, werden sich über 250 Marken im Olympia London einfinden, wo die Messe seit 2019 zu Hause ist. Das umfangreiche Programm ist ein Durchlauf der grossen und talentierten (und zukünftigen) Innenarchitekt:innen und umfasst alles von Möbeln und Beleuchtung bis hin zu Farben, Stoffen, dekorativen Accessoires und mehr – von Unternehmen wie Arte International, Curiousa, Ian Sanderson, Little Greene, Pooky Lighting und Vincent Sheppard.

„Die Aufrechterhaltung des hohen Designniveaus ist entscheidend für den Erfolg der Messe, ebenso wie die Förderung jüngerer Marken und die Vermittlung der Handwerkskunst, die mit der Herstellung solch schöner Produkte verbunden ist“, erklärt Veranstaltungsleiterin Sam Fisher, die seit rund 15 Jahren für die Decorex arbeitet. Das Konzept ist durchweg exzellent, aber sie hebt die Beiträge von Knots Rugs x NatMaks („Die Marmorierungstechnik von NatMaks, Suminagashi genannt, auf Teppichen zu sehen, wird wirklich aufregend sein“, erklärt sie) und COAT Paints (mit einer limitierten, herbstlich gestalteten Serie) als besonders interessant hervor.

Doch es sind die Nebenveranstaltungen, die die Decorex wirklich auszeichnen. Im Rahmen des langjährigen Designtalk-Programms der Messe werden mehr als 85 Redner:innen und Branchenprofis drängende Themen erörtern und Weisheiten preisgeben: von einer von Roddy Clarke geleiteten Diskussion über Nachhaltigkeit im Design und Ratschläge zur Ökologisierung Ihrer Praxis bis hin zu einem Gespräch zwischen Henry Holland und Davey Hunter Jones von House & Garden über die Beziehung zwischen Mode und Interieur (– und vieles mehr).

Auch Making Spaces fördert die Interaktion zwischen Kunsthandwerkern und Publikum – ein Bereich, in dem Kunsthandwerker:innen praktische Vorführungen zur Herstellung ihrer Produkte geben. In diesem Jahr wurde dieser Bereich unter anderem mit dem Kreativzentrum Cockpit Arts, der Black Artisans-Ausstellung zum kulturellen Erbe und Future Icons – einem Schaufenster für design- und handwerklich orientierte Unternehmen – zusammengelegt.

Aber das vielleicht wichtigste Element der Decorex sind die jährlichen Kooperationen von Designer:innen. Für 2023 wurde die VIP-Lounge als burlesk inspiriertes „Lé Boudoir D'Corexxx“ vom irischen Studio Designed by Woulfe konzipiert. Das Projekt folgt einer gewollt kitschigen Erzählung: eine fiktive Innenausstattung für einen roten Lippenstift und Strapsgürtel tragenden Vamp namens „Lady Linbury.“ „Der Raum“, so heisst es auf der Decorex-Website, „wird unsere VIPs dazu ermutigen, ihre Komfortzone zu überschreiten und das Reich der Sinnlichkeit mit Anmut und Finesse zu umarmen.“ Das mag subtil angedeutet klingen, wird aber durch das eher gewollt kantige Promo-Video für die hauseigene Bar The Red Spot mehr als unterstrichen.

Der andere diesjährige Auftrag für eine Bar wurde an Laurence Katz vergeben, Gründer und leitenden Kreativdirektor des lebhaften, farbenfrohen Londoner Elemental Studio. Das Ziel, so erklärt Decorex, war es, „einen einladenden Raum zu schaffen … der eine tiefe Wertschätzung für die Schönheit, die uns umgibt, fördert.“ Mit einem Moodboard, das taugetränkte Herbstblätter, wilde Art-Déco-Bar-Interieurs und surreale Bilder im Klimt-Stil zeigt, wird es zweifellos genau das tun. Diejenigen, die es etwas ruhiger angehen lassen wollen, sollten das Colour Café aufsuchen: ein Pausen- und Besprechungsbereich, der von der nachhaltigen Farbmarke YesColours gebaut und gestaltet wurde.

„Wir stellen sicher, dass wir die Marken auswählen, die die richtige Qualität, das richtige Preisniveau, Erbe, Handwerkskunst und Geschichte haben – von denen wir wissen, dass unsere Besucher:innen sie auf der Decorex sehen wollen“, erklärt Fisher abschliessend die durchgängige Philosophie, die die Messe zu einem solchen Knotenpunkt für die Inneneinrichtungsszene gemacht hat. Die diesjährige Ausgabe wird nicht anders sein. „[Unsere Besucher:innen] suchen bei jeder Messe, die sie besuchen, nach etwas Neuem.“ Die Decorex wird – wie gewohnt – mehr als das liefern.

© Architonic

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