Vergangen sind die Zeiten, in denen das Badezimmer als intimer Raum für die täglichen notwendigen Reinigungsrituale einen ausschliesslich funktionalen Zweck erfüllte. Seit rund zwanzig Jahren hat sich das Bad zu einer Art geteiltem Raum entwickelt, in dem man sich gerne aufhält. Monströse Duschvorhänge und reizlose Shampooablagen machten offen und grossflächig angelegten Dusch- und Badeoasen mit Anklängen an türkische Hammams Platz, die auch heute noch en vogue sind. Auch die mittig platzierte frei stehende Badewanne war und ist ein gern genutztes, wenn auch mittlerweile leicht überholtes Designelement.

Wonderwall, ein vom Architektenbüro SO konzipiertes Wohnhaus in Thailand, treibt das Prinzip des offenen Grundrisses auf die Spitze, indem es die Grenzen zwischen Innen- und Aussenbereichen verschwimmen lässt

Fliessende Grenzen: Das Bad zwischen Innen- und Aussenraum | Aktuelles

Wonderwall, ein vom Architektenbüro SO konzipiertes Wohnhaus in Thailand, treibt das Prinzip des offenen Grundrisses auf die Spitze, indem es die Grenzen zwischen Innen- und Aussenbereichen verschwimmen lässt

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Heutzutage suchen Architekten nach radikaleren Herausforderungen, etwa indem sie die räumlichen Grenzen von Bädern durchlässiger werden lassen, so dass sie nahtlos in andere Wohnbereiche oder in den Aussenbereich übergehen. Kein anderer Raum wird mehr mit natürlichen Elementen, speziell mit dem Element Wasser, in Verbindung gebracht als das Badezimmer und so erscheint es naheliegend zwischen Bad und angrenzenden Räumen, ja, sogar zum Garten hin, fliessende Übergänge zu schaffen und überall frische Luft hindurchströmen zu lassen. Wie Philippe Grohe, Leiter der Marke Axor bei Hansgrohe bemerkt, findet dieser Trend hin zur Natur in der Badgestaltung sein Echo in der Verwendung von „Naturstein, gedämpfter Beleuchtung, Pflanzen und Hartholzböden“.

Das in Indonesien stehende Haus Light+Light von Studio Ton Ton ist so konzipiert, dass es natürliches Licht einlässt und die Natur der Umgebung integriert, wie die mitten im Badezimmer wachsende Guave unterstreicht

Fliessende Grenzen: Das Bad zwischen Innen- und Aussenraum | Aktuelles

Das in Indonesien stehende Haus Light+Light von Studio Ton Ton ist so konzipiert, dass es natürliches Licht einlässt und die Natur der Umgebung integriert, wie die mitten im Badezimmer wachsende Guave unterstreicht

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Der Minitrend des „gläsernen Badezimmers“ weist darauf hin, dass sogar die ursprüngliche Funktion als intimer Raum der Körperpflege nach und nach aufgeweicht wird. Soziologisch betrachtet spricht das möglicherweise für eine zunehmende Emanzipation von Tabus, wenn nicht sogar auf ein offenes Bekenntnis zu exhibitionistischen Neigungen hin. Es liegt auf der Hand, dass ein warmes Klima einer Verschmelzung von Bad und Garten zuträglich ist. So entwarfen Architekten vom Studio Ton Ton für ihr Haus „Light+Light“ in der indonesischen Hauptstadtregion Jakarta ein Bad, das die Natur im wörtlichen Sinne umfängt: In seiner Mitte wächst eine Guave, die das ansonsten minimalistische Ambiente um ein organisches Element bereichert. Die Wände aus Holzlamellen ermöglichen stellenweise den Blick auf die tropische Vegetation, während Panele aus gefrostetem Acrylglas den Bewohnern die nötige Intimität garantieren. Mit der Verschmelzung von Innen und Aussen greift dieses Bad das Hauptthema des Hauses Light+Light auf.

Das Projekt Merryn Road 40A wurde von Aamer Architects in Singapur realisiert und verbindet Innen- und Aussenräume. Das üppige Grün der Gärten scheint förmlich in die höhlenartigen Bäder hinein zu wuchern

Fliessende Grenzen: Das Bad zwischen Innen- und Aussenraum | Aktuelles

Das Projekt Merryn Road 40A wurde von Aamer Architects in Singapur realisiert und verbindet Innen- und Aussenräume. Das üppige Grün der Gärten scheint förmlich in die höhlenartigen Bäder hinein zu wuchern

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Ein ähnliches Konzept liegt der Wohnanlage Merryn Road 40A in Singapur zugrunde, in der sich alle Badezimmer direkt den reich bepflanzten Gärten öffnen. Dunkle, gemauerte Wände und Felssolitäre auf dem Holzboden der Duschzone verleihen diesen Bädern eine höhlenartige Atmosphäre, mit der das üppige Grün des angrenzenden Gartens besonders im Sonnenlicht einen starken Kontrast bildet. „Es ist in den luxuriösen Urlaubsresorts Asiens weitverbreitet, Bad und Dusche halb unter freiem Himmel, inmitten von Gärten und Natur anzulegen“, erklärt Architekt Aamer Taher. „Dieses Ambiente wollte ich auch für das Merryn House erzeugen.“

Zwar haben die meisten Räume in Yamazaki Kentaros „House“ in der japanischen Stadt Kashiwa keine vorgesehene Funktion, das Badezimmer ist jedoch fester Bestandteil

Fliessende Grenzen: Das Bad zwischen Innen- und Aussenraum | Aktuelles

Zwar haben die meisten Räume in Yamazaki Kentaros „House“ in der japanischen Stadt Kashiwa keine vorgesehene Funktion, das Badezimmer ist jedoch fester Bestandteil

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Hingegen befindet sich der Benutzer hinter den Klarglaswänden der Sanitäreinrichtungen im extravaganten Badezimmer des Hauses „Wonderwall“ in Thailand im vollen Blickfeld eines etwaigen Schwimmers im angrenzenden Pool. Diese eher ungewöhnliche räumliche Anordnung hatte für Architekt Narong Othavorn vom Architektenbüro SO einen ganz praktischen Beweggrund: „Ich wollte, dass der Besitzer nach dem Schwimmen direkt unter die Dusche gehen kann.“ Doch wichtiger noch war es ihm, die Grenzen zwischen Innen und Aussen verschwimmen zu lassen, von daher die Outdoor-Küche und das Kino auf der Dachterrasse unter freiem Himmel.

Die Transparenz des Badezimmers ist Ausdruck davon, dass das gemeinschaftliche Leben höher gewertet wird als ein etwaiges Bedürfnis nach Privatsphäre

Fliessende Grenzen: Das Bad zwischen Innen- und Aussenraum | Aktuelles

Die Transparenz des Badezimmers ist Ausdruck davon, dass das gemeinschaftliche Leben höher gewertet wird als ein etwaiges Bedürfnis nach Privatsphäre

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Noch weniger verstecken kann man sich in dem von Yamazaki Kentaro konzipierten Badezimmer in dessen zweistöckigen Hausprojekt im japanischen Kishiwa. Das Gebäude, auch „Unfinished House“ genannt, ist eine Komposition neutraler, flexibel zu nutzender Räume, deren Funktion an sich ändernde Bedürfnisse angepasst werden kann. Die Zimmer im Obergeschoss haben keine vorab festgelegte Funktion, wohl aber die vom Atrium offen einsehbaren Erdgeschossräume, zu denen auch ein Bad gehört. Im Letzteren muss man an der Schwelle wohl oder übel alle Schamgefühle ablegen, denn verbergen lässt sich hier nichts. Aber vielleicht liegt die Verabschiedung vom bislang privatesten Ort oder auch „Örtchen“ des Hauses tatsächlich im Trend der Zeit? Beobachtet man die Entwicklung hin zu stets offener gestalteten Wohnkonzepten, erscheint dieser Gedanke gar nicht so abwegig.

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