Wir alle sind manchmal ein bisschen anlehnungsbedürftig. Hinter dem wachsenden Trend der an Wänden lehnenden oder befestigten Möbel und Lampen verbergen sich pragmatische, soziale und ästhetische Faktoren. Architonic geht auf Tuchfühlung.

Daphna Laurens’ „Cirkel“ Stehleuchte ist Teil der gleichnamigen Kollektion für die Pariser Gallerie Gosserez. Laurens entwirft sie als anthropomorphes Gebilde, das die Wand durchdringt, um auf die andere Seite zu schauen

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Daphna Laurens’ „Cirkel“ Stehleuchte ist Teil der gleichnamigen Kollektion für die Pariser Gallerie Gosserez. Laurens entwirft sie als anthropomorphes Gebilde, das die Wand durchdringt, um auf die andere Seite zu schauen

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Der Dialog zwischen Möbeln und Wänden scheint heutige Designer enorm zu faszinieren. Dabei beflügelt insbesondere zwei- oder sogar einbeiniges Mobiliar ihre Fantasie, das sich nonchalant an Wände lehnt. Diese Arbeiten kommen zwar unbekümmert und lässig daher, ihnen liegt jedoch mehr zugrunde, als auf den ersten Blick sichtbar wird.

Designer sind von diesen Stücken gefesselt, weil sie auf das Wesentliche reduziert, skelettartig und sehr platzsparend sind. Darüber hinaus sind sie, weil leicht verstellbar, flexibel einsetzbar. Ihr informeller Charakter besticht durch seine Modernität. Zudem erfüllen sie mehrere Funktionen gleichzeitig, was sie umso platzsparender macht. Einige Arbeiten werden an den Wänden selbst befestigt.

Verner Pantons modulare Wand- und Deckenpaneelen von 1969 inklusive seiner „Spiegel-Leuchte“ geben der Beleuchtung eine architektonische, raumdefinierende Bedeutung; Foto copyright Verner Panton Design

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Verner Pantons modulare Wand- und Deckenpaneelen von 1969 inklusive seiner „Spiegel-Leuchte“ geben der Beleuchtung eine architektonische, raumdefinierende Bedeutung; Foto copyright Verner Panton Design

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Wandhängende Möbelstücke sind sicher nicht neu: Im 19. Jahrhundert befestigten die Shaker, eine protestantische Religionsgemeinschaft in den USA, ihre Stühle und Spiegel, wenn sie gerade nicht gebraucht wurden, an Hakenbrettern, um den eigentlichen Wohnraum zu vergrössern und besser putzen zu können. Aus dem gleichen Grund waren sie grosse Befürworter von Einbaueinrichtungen. Nicht ganz so weit zurück liegen die sich in Möblierung wandelnden 2-D-Wandinstallationen der Designer Tom Loeser (aus den Achtziger-) sowie Michael de Forest und Christy Oates (aus den Nullerjahren). Sie sind platzsparend und überschreiten die Grenze zwischen Kunst und Design.

Christoph Goechnahts’ preisgekröntes, multifunktionales Aufbewahrungssystem „Ordnungshalber“ ist eine Homage an die wandumlaufenden Hakenleisten der Shaker aus dem 19. Jahrhundert

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Christoph Goechnahts’ preisgekröntes, multifunktionales Aufbewahrungssystem „Ordnungshalber“ ist eine Homage an die wandumlaufenden Hakenleisten der Shaker aus dem 19. Jahrhundert

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Dieses Regelbrett mit integrierter Leuchte aus der „Cirkel“-Kollektion von Daphna Laurens ist vom Künstler Laszlo Moholy-Nagy inspiriert. Laurens, die stark von der Kunst beeinflusst ist, gibt in ihren Arbeiten der Form Vorzug über die Funktion

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Dieses Regelbrett mit integrierter Leuchte aus der „Cirkel“-Kollektion von Daphna Laurens ist vom Künstler Laszlo Moholy-Nagy inspiriert. Laurens, die stark von der Kunst beeinflusst ist, gibt in ihren Arbeiten der Form Vorzug über die Funktion

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Der Designansatz der Shaker ist auch heute noch spürbar. Der Schweizer Gestalter Christoph Goechnahts hat vor Kurzem ein multifunktionales Aufbewahrungssystem für die Montage an Wänden entworfen, das eine Interpretation der wandumlaufenden Shaker-Leisten darstellt. Die Holzleiste mit Haken, die als Halterungen für Schubfächer fungieren, gewann den ersten Preis des diesjährigen [D3] Contest an der imm cologne. „Man kann Poster daran befestigen und es bietet Platz für Kleidung, Bücher und Deko“, sagt er. „Es ist ein Aufbewahrungsort für alles.“

Nur scheibar 2-D: Die Quaderformen der deutschen Designerin Tina Schmid ragen aus der Wand hinaus, um höchst originelle 3-D-Kleiderstangen zu formen

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Nur scheibar 2-D: Die Quaderformen der deutschen Designerin Tina Schmid ragen aus der Wand hinaus, um höchst originelle 3-D-Kleiderstangen zu formen

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Designer, die Mobiliar entwerfen, das an Wänden angelehnt wird, spielen mit der Spannung zwischen Stabilität und Instabilität. (Wobei die Wände für Unerschütterlichkeit und Beständigkeit stehen; das Mobiliar hingegen, gerade wenn man es mit seinen konventionelleren vierbeinigen Verwandten vergleicht, unstabil wirkt.) Manche Designer nehmen sogar in Kauf, dass diese Instabilität die Funktionalität ihrer Arbeiten unterläuft. Sie produzieren Möbel, die die Brücke zwischen Design und Kunst schlagen und von denen eine surrealen Ästhetik ausgeht, denn sie scheinen die Wände einem Geist gleich zu durchschreiten.

Die Architektin Zaha Hadid schenkt Wänden, Böden und Decken die gleiche Aufmerksamkeit und lässt die Grenzen zwischen ihnen verschwimmen. Hier zu sehen ihr Entwurf für das Haus der McDonald’s Stiftung in Hamburg, das im Sommer 2014 eröffnet wird

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Die Architektin Zaha Hadid schenkt Wänden, Böden und Decken die gleiche Aufmerksamkeit und lässt die Grenzen zwischen ihnen verschwimmen. Hier zu sehen ihr Entwurf für das Haus der McDonald’s Stiftung in Hamburg, das im Sommer 2014 eröffnet wird

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Andere Gestalter wiederum konzentrieren sich auf die Neuinterpretation der Funktion und Ästhetik von Wänden sowie platzsparenden Einbauelementen. Letztere haben ebenfalls eine lange Geschichte und gehen auf die wandintegrierten Bänke des Mittelalters zurück. Später, nämlich 1926, entwarf die österreichische Architektin Margarete Schütte-Lihotzky im Rahmen des sozialen Wohnungsbau-Projekts „Neues Frankfurt“ die „Frankfurter Küche“. Aufgrund ihrer Kompaktheit und platzsparenden Bauweise gilt diese weithin als Vorbild der modernen Einbauküche.

Swedeses leiterartiges „Libri“-Regal aus Eschenholz in Weiss oder Schwarz ist höchst vielseitig. Es kann für mehr Ablagefläche mit einer beliebigen Anzahl weiterer Regale kombiniert werden

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Swedeses leiterartiges „Libri“-Regal aus Eschenholz in Weiss oder Schwarz ist höchst vielseitig. Es kann für mehr Ablagefläche mit einer beliebigen Anzahl weiterer Regale kombiniert werden

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Das Bücherregal „Mate“ der deutschen Firma e15 ist aus robust wirkendem Holz gefertigt und mutet deshalb umso ungezwungener an. „An die Wand gelehnt, ist es eine moderne Staumöglichkeit für jede Umgebung“, sagt der e15-Gründer Philipp Mainzer

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Das Bücherregal „Mate“ der deutschen Firma e15 ist aus robust wirkendem Holz gefertigt und mutet deshalb umso ungezwungener an. „An die Wand gelehnt, ist es eine moderne Staumöglichkeit für jede Umgebung“, sagt der e15-Gründer Philipp Mainzer

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Magis’ leicht montierbares „Tom & Jerry“-Regalsystem mit höhenverstellbaren Böden wurde von Konstantin Grcic entworfen und kommt mit einfachen Holzstangen, die hinzugefügt werden können, um es beliebig zu erweitern

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Magis’ leicht montierbares „Tom & Jerry“-Regalsystem mit höhenverstellbaren Böden wurde von Konstantin Grcic entworfen und kommt mit einfachen Holzstangen, die hinzugefügt werden können, um es beliebig zu erweitern

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Zaha Hadid ist bekannt dafür mit klassischer, konventioneller Architektur zu brechen und rechtwinkelige Wände, Böden und Decken durch sinnliche, freifliessende, kurvenreiche Flächen zu ersetzen. Bei einigen Projekten kommen Einbauelemente zum Einsatz, beispielsweise im kürzlich entworfenen Apartment für die Ronald McDonald’s Kinderhilfe Stiftung in Hamburg, das Verwandten von schwer kranken Kindern im nahen Krankenhaus ein Zuhause auf Zeit bietet. Der nach oben gewölbte Holzboden bildet den unteren Teil des Raumes und hebt die Grenzen zwischen den Wänden auf. Wie in einer Schiffskabine sind Einbauelemente – beispielsweise ein vorspringendes Bett – in die Wände eingelassen, um den Innenraum platzsparend zu gestalten.

Um den kleiderbügelartigen Look dieses Ablagesystems, das der deutsche Designer Moritz Putzier für den Hersteller Müller Möbelwerkstätten entworfen hat, in Szene zu setzen, wird lediglich eine Schraube benötigt

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Um den kleiderbügelartigen Look dieses Ablagesystems, das der deutsche Designer Moritz Putzier für den Hersteller Müller Möbelwerkstätten entworfen hat, in Szene zu setzen, wird lediglich eine Schraube benötigt

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Der Designer Mikko Halonen hat dieses leicht montierbare, vielseitige „Verso“-Regal für den finnischen Hersteller One Nordic entworfen – es eignet sich für Bücher, Magazine, Kleidung und eine Vielzahl anderer Dinge

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Der Designer Mikko Halonen hat dieses leicht montierbare, vielseitige „Verso“-Regal für den finnischen Hersteller One Nordic entworfen – es eignet sich für Bücher, Magazine, Kleidung und eine Vielzahl anderer Dinge

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Ein wegweisendes Beispiel für wandmontierte Leuchten – und wir sprechen hier nicht von feingliedrigen Wandlampen – ist Verner Pantons modulare „Spiegel-Leuchte“ von 1969. Sie besteht aus purpurnen, violetten oder gelben Decken- und Wandpaneelen mit Aushöhlungen, in die Glühbirnen mit halbrunden Schattierungen geschraubt werden. Diese spenden ein indirektes, angenehmes Licht. Die einzelnen Module können zudem beliebig erweitert und kombiniert werden.

Thomas Sandells „Melt Tilt Tiltino“-Regal für Marsotto Edizioni spielt mit dem Kontrast zwischen Förmlichkeit (es ist aus Marmor gefertigt) und Unbeschwertheit (es ist wandlehnend)

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Thomas Sandells „Melt Tilt Tiltino“-Regal für Marsotto Edizioni spielt mit dem Kontrast zwischen Förmlichkeit (es ist aus Marmor gefertigt) und Unbeschwertheit (es ist wandlehnend)

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Alex Bradleys „Storage Lean“-Regalsystem für Ex.t hat für die Aufbewahrung und Präsentation von Objekten herausnehmbare Regalböden. Schwerkkraft spielt bei diesem Stück eine wichtige Rolle – Schrauben sind für die Montage nicht von Nöten

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Alex Bradleys „Storage Lean“-Regalsystem für Ex.t hat für die Aufbewahrung und Präsentation von Objekten herausnehmbare Regalböden. Schwerkkraft spielt bei diesem Stück eine wichtige Rolle – Schrauben sind für die Montage nicht von Nöten

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Yuniic Designs „Mila“-Konsole für Mox dient als ein sichtbar aufgeräumtes Schuhregal, denn seine geneigten Fächer sind in Richtung Wand ausgerichtet. Das Ablagebrett hingegen eignet sich bestens um andere Dinge abzustellen

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Yuniic Designs „Mila“-Konsole für Mox dient als ein sichtbar aufgeräumtes Schuhregal, denn seine geneigten Fächer sind in Richtung Wand ausgerichtet. Das Ablagebrett hingegen eignet sich bestens um andere Dinge abzustellen

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Eine einfachere Version ist die zweibeinige, wandbündige „Cirkel“-Stehleuchte von der niederländischen Designerin Daphna Laurens, die vom Bauhaus und seiner Vorliebe für einfache, geometrische Formen inspiriert ist. Auf surreale Weise tritt die Leuchte mit der Wand in Verbindung. Ihr runder Lampenschirm wirft einen verdunkelten Lichtschein. Laurens gibt der Form Vorzug über die Funktion. Ihre Intention, sagt sie, war es, die Leuchte im ausgeschalteten Zustand wie ein Kunstwerk aussehen zu lassen.

Einer von La Mambas leicht verstellbaren Spiegeln lehnt sich locker an die Wand. „Die Idee war, dass er überall, wo er gerade gebraucht wird, hingetragen werden kann“, sagen seine Designer

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Einer von La Mambas leicht verstellbaren Spiegeln lehnt sich locker an die Wand. „Die Idee war, dass er überall, wo er gerade gebraucht wird, hingetragen werden kann“, sagen seine Designer

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Die „Extend“-Spiegel vom chinesischen Studio Neri & Huwerden werden von De La Espada hergestellt. Sie sind von multifunktionalen Bambusleitern, die einst in China zur Aufbewahrung von Kleidern aber auch Werkzeugen verwendet wurden, inspiriert

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Die „Extend“-Spiegel vom chinesischen Studio Neri & Huwerden werden von De La Espada hergestellt. Sie sind von multifunktionalen Bambusleitern, die einst in China zur Aufbewahrung von Kleidern aber auch Werkzeugen verwendet wurden, inspiriert

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Spiegel sind ein weiteres Beispiel für den aktuellen Trend, Wände miteinzubeziehen. Das verwundert angesichts der Tatsache, dass Standspiegel eher an Wände angelehnt als aufgehängt werden, kaum. Ein Beispiel ist der extrem elegante Spiegel, den die spanischen Firma La Mamba 2011 für die Marke Omelette-ed entworfen hat. Dieser lehnt sich auf röhrenförmigen Beinen mit kratzfesten Korkpfropfen an die Wand.

Die von Pilot:Wave entworfenen „L22“-Klappstühle für einen Vortragssaal im libLAB Buchladen in Taipeh werden, sobald sie nicht in Verwendung sind, an die Wand gehängt und verwandeln sich dort in eine Kunstinstallation mit wirbelartigem Muster

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Die von Pilot:Wave entworfenen „L22“-Klappstühle für einen Vortragssaal im libLAB Buchladen in Taipeh werden, sobald sie nicht in Verwendung sind, an die Wand gehängt und verwandeln sich dort in eine Kunstinstallation mit wirbelartigem Muster

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In der USA hat das Designstudio Pilot:Wave ein Konzept für „L22“ Klappstühle aus Birkenholz für einen Vortragssaal im libLAB, einem Buchladen in Taipeh der gleichzeitig als Veranstaltungsort dient, ausgearbeitet. Die Stühle werden – wie schon bei den Shakern – aufgehängt, um Platz zu sparen, wenn sie nicht in Verwendung sind. An der Wand montiert werden sie als Kunst wahrgenommen. „Das Tragesystem verwandelt sich in eine Kunstinstallation, denn die Stühle scheinen in einer leichten Kurvenbewegung die Wand entlang zu tanzen“, konstatieren die Designer Matthew Burke und Kyle Kennedy.

Kenyon Yehs pulverbeschichtete Stahlkonsole „Yeh“’ für den Hersteller Menu. „Es eignet sich perfekt dafür Bücher, Blumen, Leuchten oder Kaffee abzustellen“, sagt er. „Verwenden Sie es in Ihrem Flur oder als Nachttisch“

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Kenyon Yehs pulverbeschichtete Stahlkonsole „Yeh“’ für den Hersteller Menu. „Es eignet sich perfekt dafür Bücher, Blumen, Leuchten oder Kaffee abzustellen“, sagt er. „Verwenden Sie es in Ihrem Flur oder als Nachttisch“

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Einige wandhängende Möbelstücke erzählen sogar Geschichten: Yuki Matsumotos „Lovebird“-Konsolen sind für Paare konzipiert, die die beiden Solitäre in der gemeinsamen Wohnung zu einem Esstisch zusammenfügen

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Einige wandhängende Möbelstücke erzählen sogar Geschichten: Yuki Matsumotos „Lovebird“-Konsolen sind für Paare konzipiert, die die beiden Solitäre in der gemeinsamen Wohnung zu einem Esstisch zusammenfügen

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Ähnlich platzsparend sind die zweibeinigen „Lovebird“-Konsolen vom japanischen Designer Yuki Matsumoto. Sie können entweder an die Wand gelehnt oder befestigt und so in einen Tisch verwandelt werden. Wie schon ihr Name erahnen lässt, ist ihr Design symbolisch gemeint: „Bevor sie heiraten, haben Mann und Frau einen halben Tisch in ihrem Haushalt“, erklärt Matsumoto. „Wenn sie heiraten und zusammenziehen, fügt das Paar die beiden Tischhälften – die zuvor als Ablagefläche für Laptops oder dank ihrer Schubladenfächer als Aufbewahrungsort für Erinnerungsstücke dienten – zu einen Esstisch zusammen.“

Yoys „Canvas“-Stuhl (oben) für Innermost verwandelt sich von einem 2-D- in einen wirklichen Stuhl. Der wandlehnende, aber dennoch stabile Stuhl „Curt“ vom Schweizer Studio Bernhard Burkard (unten)

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Yoys „Canvas“-Stuhl (oben) für Innermost verwandelt sich von einem 2-D- in einen wirklichen Stuhl. Der wandlehnende, aber dennoch stabile Stuhl „Curt“ vom Schweizer Studio Bernhard Burkard (unten)

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Ebenfalls aus Japan kommt der vom Designstudio Yoy entworfene und von der britischen Marke Innermost produzierte „Canvas“-Stuhl. Die extrem elastische an der Wand lehnende rechteckige Leinwand ist mit einem Trompe-l’oeil-Bild eines ausladenden Sessels bemalt, auf dem man tatsächlich sitzen kann.

Andere Designer wiederum entwickeln Kleiderständer, die von Wänden gestützt werden. So etwa die „Lodelei“-Garderobe der deutschen Firma Nils Holger Moormann. Am oberen Teil des Rahmens sind Kleiderhaken und – ähnlich wie bei einem Liegestuhl – ein rechteckiges Stück Lodenstoff befestigt, so dass das Tuch durchhängt und weiteren Stauraum entstehen lässt. Die Designer Martin Pärn and Edina Dufala-Pärn liessen sich dabei von der Lowtech-Ästhetik der „spontan aus Holzbrettern und Nägeln gezimmerten Kleiderständer, wie sie auf auf Baustellen zum Einsatz kommen“ inspirieren.

Nils Holger Moormanns „Lodelei“-Garderobe ist von improvisierten Kleiderständern auf Baustellen inspiriert. Er steht für den derzeitigen Wunsch, unkomplizierte Aufbewahrungsmöglichkeiten zu schaffen; Foto: Jäger & Jäger

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Nils Holger Moormanns „Lodelei“-Garderobe ist von improvisierten Kleiderständern auf Baustellen inspiriert. Er steht für den derzeitigen Wunsch, unkomplizierte Aufbewahrungsmöglichkeiten zu schaffen; Foto: Jäger & Jäger

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Alexander Schenks unauffälliges MDF „Platz“-Regal für Tojo Möbel lehnt zwar an der Wand, ist aber dennoch stabil. Es bietet sechs Schuhpaaren oder anderen Dingen Platz

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Alexander Schenks unauffälliges MDF „Platz“-Regal für Tojo Möbel lehnt zwar an der Wand, ist aber dennoch stabil. Es bietet sechs Schuhpaaren oder anderen Dingen Platz

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Ein weiteres Phönomen des Trends ist das lehnende Bücherregal, wie das leiterartige „Libri“-Regal von Swedese, das wahlweise allein als Solitär oder in Form mehrerer Exemplare gestaffelt aufgestellt werden kann, um dann ein grösseres, freistehendes Bücherregal oder einen Raumteiler zu bilden.

Für Architekten stellen Wände eine notwendige Grundlage für viele ihrer Interventionen dar. Der italienische Architekt Francesco Librizzi hat ein skelettartiges Treppengebilde in einem hohen schmalen Haus entwickelt, das zu einem neuen Schlafraum im Mezzanin führt. Auf dieser Ebene bildet die Treppe, die am Boden und an den Wänden verankert ist, eine solide Plattform.

Francesco Librizzis Treppe in diesem engen Haus aus dem Jahr 1900 wird von Wänden und Boden gestützt. Sie führt zu einem neuen Schlafraum im Mezzanine und bildet eine zusätzliche Etage und dringend benötigten zusätzlichen Raum

Starke Wand zum Anlehnen: wandgestützte Möbel und Leuchten | Design

Francesco Librizzis Treppe in diesem engen Haus aus dem Jahr 1900 wird von Wänden und Boden gestützt. Sie führt zu einem neuen Schlafraum im Mezzanine und bildet eine zusätzliche Etage und dringend benötigten zusätzlichen Raum

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In zwei Projekten des niederländischen Büros Remy & Veenhuizen gehen die Wände schliesslich fliessend in Sitzgelegenheiten oder Bänke über. Das erste, „Social Fence“, befindet sich in einem Park und besteht aus einem Metallzaun dessen Gitter sich in Intervallen beidseitig nach aussen biegen und so Rückenlehnen für Bänke entstehen lassen. Die Wände des zweiten Projekts, „Clubhouse“, einer Lattenholzkonstruktion für den öffentlichen Raum, verwandeln sich in Sitzplattformen.

Kurzum: Der Hang der Architekten und Designer zu unkonventionellen Ansätzen findet seinen Ausdruck in Arbeiten, die mit bestehenden Regeln brechen. Dank ihrer reduzierten, ökonomischen Ästhetik tuen sie das mit einer Leichtigkeit, die überzeugt.

In Remy & Veenhuizens Projekt „Clubhouse“ (oben) lösen sich einige Bretter vom Baukörper, um Sitzgelegenheiten zu bilden; in „Social Fence“ verwandeln sich Wände in Bänke (unten)

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In Remy & Veenhuizens Projekt „Clubhouse“ (oben) lösen sich einige Bretter vom Baukörper, um Sitzgelegenheiten zu bilden; in „Social Fence“ verwandeln sich Wände in Bänke (unten)

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