Ob digitale Drucktechnologien zur Erstellung von individuellen Unikaten, akustisch wirksame Designböden, superflauschige, strukturierte Teppiche und wiederentdecktes Fischgrätparkett – Nachhaltigkeit ist die große Klammer für die neuen Bodenbeläge auf der DOMOTEX 2018.

Urban Jungle: der von MVRDV in Zusammenarbeit mit der argentinischen Teppichdesignerin Alexandra Kehayoglou gestaltete Saal einer Firmenzentrale in Taipeh. Foto: © MVRDV

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Urban Jungle: der von MVRDV in Zusammenarbeit mit der argentinischen Teppichdesignerin Alexandra Kehayoglou gestaltete Saal einer Firmenzentrale in Taipeh. Foto: © MVRDV

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So einzigartig wie man selbst, so einzigartig kann auch der Bodenbelag sein. Nicht umhin hat die DOMOTEX für 2018 das Leitthema UNIQUE YOUNIVERSE gewählt: industriell hergestellte Produkte und Dienstleistungen, die individualisiert werden können. Blickt man in die Architektur, so findet man aktuelle Beispiele, in denen Bodenbelag eine solitäre Hauptrolle spielt. So hat etwa das niederländische Architekturbüro MVRDV zusammen mit der argentinischen Künstlerin Alexandra Kehayoglou einen Vortrags-Raum einer Firmenzentrale in Taipeh komplett mit moosgrünem Teppich verkleidet. Der speziell angefertigte Teppich, der mit Camouflagemuster und unterschiedlich langem Flor wie ein Wiese wirkt, zieht sich dabei nicht nur über den Boden, sondern auch über die Wand bis hin zur Decke.

Die Zukunft wird individuell

Auch auf der DOMOTEX wird man in der Halle 9 solch ein Gesamtkunstwerk erleben: Der Münchener Designer Konstantin Landuris wird für Classen den berühmten Barcelona Pavillon von Ludwig Mies van der Rohe in die Zukunft projizieren. Nicht nur Elemente aus der Raumfahrt wie etwa eine Schlaftube kommen zum Einsatz, sondern auch ein individuell mit Zickzack-Mustern bedruckter Designboden, den Classen in Zusammenarbeit mit Landuris eigens für die Installation angefertigt hat. Er steht beispielhaft für die Innovation bei Classen, individuelle, vom Kunden gestaltete Dekore dank neuster Maschinen am Standort in Niederesch auf die Beläge digital drucken zu lassen.

Die Zeit, in der es einen generellen Trend gab, eine Farbe, eine Stilrichtung und eine technologische Erneuerung, ist längst vorbei. Wir leben in einer Zeit der Vielfältigkeit, in einer Zeit des Sampling und des Eklektizismus. Digitale Helfer wie das Smartphone, Virtual Reality, das Internet der Dinge, Cloud-Working, Sprachsteuerung und 3D-Druck treiben uns in Richtung Zukunft. Der vom Menschen gemachte Klimawandel stellt uns

dagegen vor eine ganz andere gewaltige Aufgabe: nämlich unser Leben und Wirtschaften nachhaltig und im Einklang mit unserer Umwelt zu organisieren. Alles in allem herausfordernde Entwicklungen – die auch vor dem Boden als elementarer Teil unseres Alltags nicht Halt machen.

Heutzutage kann es sich kein Bodenbelagshersteller mehr leisten, auf nachhaltige Produkte in seinem Sortiment zu verzichten. Auch zur kommenden DOMOTEX wird Nachhaltigkeit bei den Herstellern großgeschrieben. Gerade der Designboden – nach wie vor der Belag mit den größten Wachstumszahlen – zieht da nach.

Digital und individuell bedruckt: Konstantin Landuris hat in Zusammenarbeit mit Classen einen Designboden entworfen. Foto: © Konstantin Landuris

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Jetzt auch akustisch wirksam: Designboden „Korlok“ von Designflooring. Foto: © Designflooring

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Jetzt auch akustisch wirksam: Designboden „Korlok“ von Designflooring. Foto: © Designflooring

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Natürliche Rohstoffe selbst bei Designböden

So stellt Windmöller für seine Designboden-Marke Wineo „Purline Bioboden“ eine neue Kollektion in Hannover vor, die mit Charakteristika wie hohe Stabilität, leichte Verlegbarkeit und Pflege speziell für den Objektbereich geschaffen wurde. Das Material von „Purline“ wird bis zu 90 Prozent aus natürlichen Rohstoffen wie Rizinus- oder Rapsöl und Kreide gewonnen; auf Chlorverbindungen, Weichmacher oder Lösungsmittel wurde verzichtet.

Der heilige Gral beim Designboden aber bleibt: die Trägerplatte. Sie zu perfektionieren hinsichtlich der thermoplastischen Ausdehnung, möglicher Telegrafie-Effekte (das Durchdrücken des Unterbodens) und weiterer objekttauglicher Funktionen ist bei allen Herstellern das Gebot der Stunde. Besonders Schalldämmung scheint ein Mehrwert für viele Anbieter zu sein, den zum Beispiel Designflooring mit dem neuen harten Belag „Korlok“ mit integriertem Akustik-Schaum-Layer bedient. Blickt man auf die neuen Dekore, so stellt man fest, dass ganz schön viel los ist auf dem Designboden: geometrische Musterspiele, Struktur- und Mosaikinterpretationen bieten Abwechslung zu den bisherigen Holz- und Steinoptiken – wie etwa die neu aufbereitete Kollektion „Expona Domestic“ von Objectflor veranschaulicht.

Bewegter Boden: geometrische Musterspiele machen Freude am Drüberlaufen. Foto: © Objectflor

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Bewegter Boden: geometrische Musterspiele machen Freude am Drüberlaufen. Foto: © Objectflor

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Klassik, neu komponiert: Fischgrät gibt’s nun auch als Designboden – hier von Objectflor. Foto © Objectflor

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Klassik, neu komponiert: Fischgrät gibt’s nun auch als Designboden – hier von Objectflor. Foto © Objectflor

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Fischgrät-Parkett erlebt Renaissance

Rustikale Oberflächen im Landhausstil und Vintagelooks geben weiterhin den Ton im Echtholz-Business an. Es gehe darum, den Boden erlebbar zu machen, die Haptik zu erhöhen, heißt es von Ter Huerne. Der Parkettspezialist verstärkt zur neuen Saison in der Kollektion „Unique“ seine Aktivitäten hinsichtlich per Hand gefinishter Oberflächen. Insgesamt seien natürliche, warme Farben bei Parkett gefragt, daneben wird weiterhin der Trend gekälkter Oberflächen nach skandinavischem Vorbild anhalten. Außerdem, so heißt es von Ter Huerne, sei eine Renaissance des Fischgrät-Parketts zu verspüren.

Und auch das Parkett, obwohl per se schon ein natürliches Material, wird auf Nachhaltigkeit getrimmt: etwa mit Holzarten aus nachhaltiger, regionaler Forstwirtschaft oder Oberflächenöle aus natürlichen Rohstoffen wie Walnüssen. Wohngesundheit, so lautet es bei Ter Huerne, stehe an oberster Stelle.

Rustikaler Landhauscharme: großformatige Dielen mit grober Maserungen sind nach wie vor das Nonplusultra im Parkett-Business. Foto: © Ter Huerne

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Rustikaler Landhauscharme: großformatige Dielen mit grober Maserungen sind nach wie vor das Nonplusultra im Parkett-Business. Foto: © Ter Huerne

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Patentiertes Puzzlespiel: die neuen „LockTiles“ vom dänischen Teppichbodenhersteller Fletco. Foto: © Fletco

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Patentiertes Puzzlespiel: die neuen „LockTiles“ vom dänischen Teppichbodenhersteller Fletco. Foto: © Fletco

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Teppichfliesen wie Puzzleteile

Und auch beim Teppichboden ist Bewegung im Spiel: Neuste Entwicklungen zeigen, dass Teppichfliesen mit Designboden-Planken kreativ und vor allem nahtlos kombiniert werden können. Darüber hinaus werden neue Teppichfliesen-Formate, die das Verlegen noch einfacher und die Fläche noch homogener machen sollen, in Hannover Premiere erleben: So stellt Fletco mit seinen quadratischen „LockTiles“ mit gezackten, lasergecuteten Kanten eine Neuheit vor, die Puzzleteilen ähnelt. Auch hier bleibt das nachhaltige Versprechen nicht aus, dass das Backing aller Fletco-Produkte zu 60 Prozent aus wiederverwendeten Materialien stammt und man CO2-neutral produziert unter 100 prozentiger Nutzung von Windenergie.

Teppich bringt Hygge ins Heim

Teppichböden können dank ihrer textilen Materialeigenschaften und ihrer hohen Farbbrillanz wichtiger Akteur im Gesamt der Innenarchitektur sein – eine Rolle, die sie sich langsam wieder zurückerobern. Denn Teppich vermittelt eben das Gefühl von Wärme und Wohnlichkeit – „Hygge“ wie es so schön im Dänischen heißt. Wer sich heute für einen Teppich entscheidet, der möchte auch zeigen, dass es sich um diese besondere Spezies handelt: und zwar anhand von lebhaften, groben Strukturen, von weichem und superflauschigem Velours, gemacht aus natürlichen Qualitäten wie Seide und Wolle – wie Andreas Tischhauser vom Schweizer Teppichboden-Spezialisten Tisca erklärt.

Tischhauser gibt auch einen Ausblick auf die zur DOMOTEX 2018 präsentierte Farbpalette von Tisca: Neben den pastelligen Nuancen um Puder und Rose und neuen Interpretationen von Grün und Blau setzt man mit „Urban Jungle“ auf ein naturnahes Thema, mit dem Tisca nicht alleine bleiben dürfte. Patterns aus der Natur, angereichert von natürlichen Erd- und Grünfarben bilden die natürliche Umwelt im Innenraum ab und sparen den Spaziergang im Wald – das Beispiel von MVRDV aus Taipeh lässt grüßen. Ein allumfassender Trend, der unter dem Stichwort „Biophilic Design“ unter anderem auch durch Indoor Gardening und begrünte Fassaden in unsere Häuser und Städte einzieht.

Textiles Handwerk gepaart mit groben Strukturen sind hoch im Kurs: Linie „Salsa Tonga“ von Paulig. Foto © Paulig

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Textiles Handwerk gepaart mit groben Strukturen sind hoch im Kurs: Linie „Salsa Tonga“ von Paulig. Foto © Paulig

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Nachhaltiger geht’s nicht: die GOTS-zertifizierte und pflanzengefärbte Kollektion „Respect“ von Tisca. Foto: © Tisca

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Nachhaltiger geht’s nicht: die GOTS-zertifizierte und pflanzengefärbte Kollektion „Respect“ von Tisca. Foto: © Tisca

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Traditionelle textile Techniken

Dass textiles Handwerk und Traditionen hoch im Kurs stehen, zeigt sich – wie kann es anders sein – an den handgeknüpften und handgewebten Teppichen. So wird Paulig für seine Marke Haro Modelle mit althergebrachten Webstrukturen und unter Hinzunahme von modernem Know-how zeigen. Tisca aus Österreich bringt die erste GOTS-zertifizierte Teppichkollektion „Respect“ mit, die in Zusammenarbeit mit der schwedischen Designerin Anneli Tegelberg und unter Verwendung von Pflanzenfarben entstanden ist. Für das Ikat-Muster wird das Garn vor der Verarbeitung abschnittsweise eingefärbt.

Ob unregelmäßige Knüpfungen, unterschiedlich langer, wilder Flor, sporadisch verteilte Tupfen – die Prämisse „Perfect Imperfection“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Einreichungen für den Carpet Design Award. All das soll vor Augen führen, dass es sich um ein Produkt handelt, das nicht (nur) von einer Maschine, sondern auch oder ganz und gar von Menschenhand erstellt wurde. Denn in einer Zeit, in dem wir es mit einer Zunahme an technologischen, glatten Oberflächen zu tun haben, sehnen wir uns nach echten, haptischen Erlebnissen. So wie es schon Anni Albers, die die Weberei im Bauhaus leitete, beschrieb: „Wir berühren Dinge, um uns der Realität zu vergewissern. Wir berühren Dinge, die wir gestalten. Unsere taktile Erfahrung ist elementar. Wenn wir diese reduzieren, etwa wenn wir weniger Dinge selbst formen, dann entwickeln wir uns einseitig.“