Zeitmaschine: Enscape

Ich weiss, was ich will, wenn ich es sehe.

Wer ein Gebäude entwirft, trifft Entscheidungen am laufenden Band. Häufig geht es dabei um Grundsatzfragen oder die Einhaltung von Bauvorschriften. Die schwierigsten Entscheidungen sind aber immer noch die kreativen. Genau das macht Design-Workflow Tools mit Features wie Real-Time-Rendering so attraktiv.

2017 veröffentlichten Absolventen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit Enscape ein Plug-in für Echtzeit Rendering. Füttert der Konstrukteur die verknüpfte Building Information Modeling Software (BIM) mit Daten, übersetzt Enscape diese unmittelbar in realistische, dreidimensionale Welten, in denen abstrakte Parameter für den Kunden erlebbar werden.

Egal ob schon Realität oder noch in Planung, via BIM entsteht der digitale Klon eines Projekts. So lässt sich jede Veränderung inklusive ihrer Konsequenzen durchspielen, bevor sie tatsächlich umgesetzt wird. BIM-Schnittstellen visualisieren das Design jedoch zunächst nur in Form von Linien, schwarz auf weiss. Es gehört schon eine Menge Fantasie dazu, sich da Grössenverhältnisse, Texturen, Licht und Bewegung vorzustellen. Also gibt die Software dieselben Konstruktionsdaten ausserdem als optisch ansprechendere Version aus. Dieser Rendering-Prozess dauert jedoch gerne ein paar Stunden. Wertvolle Zeit, die Mangelware ist, wenn man gerade ein Meeting mit dem wichtigsten Kunden hat. Das Zauberwort heisst Real-Time-Rendering!

Angenommen, dem Kunden gefällt der erste Entwurf, aber wie würde es wohl aussehen, wenn das hier etwas dichter beieinanderstünde, man dafür dort ein wenig grosszügiger plant? Die Möglichkeit, spontane Ideen direkt in einer dreidimensionalen Umgebung sicht- und erlebbar zu machen, ohne dafür einen weiteren Kundentermin planen zu müssen, ist eine Revolution!

Früher war die Innenstadt von Peekskill im US-Bundesstaat New York lebendig, voller Menschen in Restaurants und Cafés. Doch dann kam COVID und zwang Peekskills florierende Gastronomie in die Knie. Neue Bestimmungen schrieben eine Aussenbestuhlung vor, um die Gäste besser vor Infektionen zu schützen. Da es in Peeksill aber kaum Plätze im Freien gab, blieben die Besucher fern. Die ortsansässigen Firmen Criterion Workshop und Joseph Thompson Architect planten daher ein modernes Lichtdach sowie Begrünung. Wie diese Transformation am Ende aussehen würde, konnte Enscape natürlich ohne Probleme zeigen. Aber das hätten die Anwendungen der Konkurrenz auch geschafft.

Der entscheidende Unterschied ist, dass bei Enscape jede Veränderung sofort aktualisiert und sichtbar wird. Ein Gamechanger, der nicht nur die fristgerechte Fertigstellung des Projekts ermöglichte, sondern auch zur Rettung der Geschäfte der City beitrug und den Bürgern ein Stück Lebensqualität zurückgab. “Derart viele Änderungen im Schnelldurchlauf durchgehen zu können und die städtischen Genehmigungen noch im selben Monat in den Händen zu halten? Das hat es so noch nie gegeben.”, sagt Kylie Garubba, Architectural Designer bei Criterion Workshop.

Erschafft man als Enscape-User mit nur wenigen Klicks ganze Welten, fühlt man sich schonmal ein bisschen wie Gott. Und Enscape kann noch mehr! Die digitalen Welten lassen sich beliebig mit fotorealistischen Requisiten, Personen und Accessoires ausstatten. Hier und da an den Reglern für Beleuchtungssituation, Wetter und sogar Tageszeit justiert, bevor die finale Datei genau nach Kundenwunsch exportiert wird: als Fotostrecke, realistischer Grundriss oder Querschnittansicht. In die von Enscape generierten dreidimensionalen Welten kann man komplett eintauchen, und sie auf manuell erstellten Videorundgängen oder sogar in Virtual Reality erkunden.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur in Lille wünschte für ihre Mitarbeiter einen urbanen Rückzugsort und beauftrage KeurK. Dem Büro für Architektur und visuelle Gestaltung, ebenfalls mit Sitz in Lille, schwebte hierfür viel Tageslicht und üppiges Grün vor. Da Gesundheit, Wellness und Nachhaltigkeit nicht nur den Designern und dem Kunden persönlich am Herzen lagen, sondern auch Kern des Projekts selbst waren, überrascht es nicht, dass sich diese Themen wie ein roter Faden durch die virtuellen Rundgänge ziehen. “Dank VR konnten wir unseren Kunden beeindrucken, ihm selbst kleinste Details veranschaulichen. Wer nicht vom Fach ist, versteht dank dieser Technologie die Sprache unserer Branche.” sagt KeurK Gründer Olivier Riauté.

Kunden und auch Architekten arbeiten mit Enscape kollaborativ, können direkt im Projekt Kommentare und Änderungswünsche einfügen und so Missverständnisse vermeiden. Richtig spannend wird die Arbeit mit Enscape aber jenseits der realistischen Schattenwürfe und Lens Flares, nämlich dann, wenn jedes Detail des Entwurfs unter die Lupe genommen und sofort die jeweils beste Entscheidung getroffen werden kann. Designprozess und dreidimensionales Real-Time-Rendering laufen synchron und man kann live in das Projekt eintauchen. Egal wie oft man sich also umentscheidet, den zeitlichen Rahmen sprengt das in Zukunft nicht mehr.

Die geballten Features von Enscape geben Projekten ein Gesicht – virtuelle Realität und simulierte Rundgänge erwecken sie zum Leben.

© Architonic