Arbeitsplätze inklusiv gestalten durch Design

Hand hoch, wer weiss, was inklusives Design ist? Immerhin ist es etwas, das alle Innenarchitekt:innen, seien es Bürogestalter:innen oder Architekt:innen öffentlicher Gebäude, wissen müssen. Es ist aber nicht so einfach zu definieren. Gail Napell, Strategin für Nachhaltigkeit und inklusives Design bei Gensler, dem führenden Unternehmen für Innenarchitektur in San Francisco, hat Antworten parat. „Inklusives Design macht Räume und Orte gesünder, sicherer und komfortabler für alle“, beginnt sie ihr Gespräch mit John Scott, einem Strategen für Arbeitsplatzgestaltung beim Büromöbelspezialisten Haworth – eine Marke, die ebenfalls mit dem Thema vertraut ist.

So weit, so gemütlich. Aber als Designstrategie an sich vielleicht nicht bahnbrechend. Sicherlich hat jede Innenarchitektur diese menschenzentrierte Absicht sozusagen eingebaut. Sie können jedoch sicher sein, dass, wenn Sie sich mit den Einzelheiten dieses sich entwickelnden Konzepts befassen, eine Komplexität entsteht, die es durchaus rechtfertigt, dass sich Firmen wie Gensler und Haworth diesem Thema widmen.

Wenn wir heute von inklusivem Design sprechen, geht es nicht nur darum, Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen bequemen Zugang und Komfort zu bieten. Das wird von den Universal Design Codes abgedeckt. „Inklusives Design geht noch einen Schritt weiter“, fährt Napell fort, „es geht darum, alle Aspekte eines Menschen zu berücksichtigen – nicht nur die physische Grösse und Form, sondern auch Mobilität, Alter, Geschlecht, Herkunft, sozioökonomischer Status, kognitive Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen.“ Inklusives Design zielt darauf ab, all diese wunderbaren Dinge, die den Menschen ausmachen, zu erfassen. Das heisst, sie zu erfassen und all diese sichtbaren und unsichtbaren Unterschiede so zu berücksichtigen, dass die Effizienz der Mitarbeiter:innen und Partner:innen sowie ihr physisches und psychisches Wohlbefinden gesteigert werden.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Beschäftigten in die Planung oder Umgestaltung der Arbeitsplätze einbezogen werden, damit alle wesentlichen Aspekte berücksichtigt werden. „Der Arbeitsplatz ist ein Ort der sozialen Wirkung, und es ist wichtig, Räume zu haben, die für alle lesbar sind, um psychologische Sicherheit zu gewährleisten“, so Haworth. „Wir müssen unterschiedliche Menschen einbeziehen, indem wir gemeinsam Räume schaffen.“

Haworth hat bestimmte Bereiche definiert, auf die man achten sollte, wie etwa die Auswahl von Räumen und Arbeitsmitteln, die Bereitstellung einer Vielzahl von Techniken oder Geräten für Menschen mit sensorischen Einschränkungen, die Einrichtung von Räumen, um physische Gefahren und Barrieren zu beseitigen. Ausserdem die Sicherstellung, dass Werkzeuge gut und mit minimalen physischen Beschwerden verwendet werden können, die Aufbewahrung von Arbeitsmitteln in Reichweite oder in Sichtweite, und die Einrichtung des Home Office mit der notwendigen Ausstattung für Remote-Arbeit.

Als globales Unternehmen hat Haworth ein doppeltes Interesse an diesem aktuellen Thema: Es ist bestrebt, ein tiefgreifendes Verständnis dafür zu entwickeln, was Vielfalt und Integration für seine eigenen globalen Aktivitäten bedeuten. Als Möbelhersteller, der schon immer ein Auge auf die Entwicklung von Arbeitspraktiken und -kulturen geworfen hat, ist es aber auch wichtig, das Thema weiterzuverfolgen, umzudrehen und zu hinterfragen, um künftige Arbeitsbereiche mit den Einrichtungsoptionen auszustatten, die allen Anwesenden einen komfortablen Platz bieten.

Da alle Unternehmen bestrebt sind, diesen Aspekt ihres Geschäfts zu verbessern, können die gesammelten Erkenntnisse, die Haworth in seine neuen Designs investiert, auch für andere Unternehmen als Schlüssel zu Veränderungen dienen. Es könnte zum Beispiel dazu beitragen, die unterschiedlichen Interaktionen verschiedener Kulturen mit den Mitteln zur Gestaltung geeigneter Begegnungs- und Sozialbereiche zu berücksichtigen – mit Farben, die Resonanz finden, oder mit gestalteten Räumen, die technologisch für ihre jeweilige Funktion ausgestattet sind.

Die Entwürfe können auch auf die Bedürfnisse neurodiverser Menschen eingehen, indem sie klare Sichtlinien fördern, bei der Wegfindung helfen und Empfindlichkeiten gegenüber Licht, Geräuschen, Gerüchen und Farben berücksichtigen. Durch die Berücksichtigung dieser Aspekte kann ein neues Design die Integration und das Wohlbefinden verschiedener Menschen fördern.

Zu dem Ziel, einen Raum für alle einzurichten, gehört jedoch auch die Einsicht, dass es vielleicht nicht möglich ist, alle zufriedenzustellen, dass aber Flexibilität und grössere Auswahlmöglichkeiten dazu beitragen können. Haworth erfüllt die moralische und soziale Verantwortung, für alle seine Mitarbeiter:innen und Partner:innen zu entwerfen und zu planen, und passt sich aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse zunehmend an unterschiedliche Bedürfnisse an. Und diese Erkenntnisse gibt das Unternehmen in Form von Podcasts und Artikel auf seiner Website frei weiter. Das ist wirklich allumfassend – beziehungsweise inklusiv.

© Architonic

Im Architonic Magazin finden Sie weitere Einblicke in die neuesten Produkte, Trends und Praktiken in Architektur und Design.