Freundschaften schliessen auf der imm cologne
Brand story von Simon Keane-Cowell
Cologne, Deutschland
10.11.23
Ein Gespräch mit Dick Spierenburg, Kreativdirektor der imm cologne, über das Messethema 2024 „Connecting Communities in a changing landscape“ und warum die Messe wieder zu ihrem Januar-Termin zurückkehrt ...
Dick Spierenburg, Kreativdirektor der imm cologne. Foto © Koelnmesse / imm cologne
Dick Spierenburg, Kreativdirektor der imm cologne. Foto © Koelnmesse / imm cologne
×Seien wir mal ehrlich. Über die Zukunft der imm cologne, der internationalen Möbelmesse, die traditionell das Kalenderjahr einläutet und als Kompass für die Designlandschaft der folgenden zwölf Monate dient, wurde in letzter Zeit viel spekuliert. Wie jede physische Messe musste auch sie durch schwieriges Fahrwasser navigieren: Pandemien, turbulente makroökonomische Entwicklungen und die kontinuierliche Expansion alternativer Kanäle.
Und doch. Nach der experimentellen, abgespeckten „Spring Edition“ im vergangenen Juni kehrt die imm cologne im Januar 2024 zu ihrem traditionellen Termin zurück – und das in bester Verfassung. Aber es ist nicht business as usual. Und das zu Recht. Die Messe entwickelt sich in einem Tempo, das die veränderten Bedürfnisse und Verhaltensweisen sowohl der Fachbesucher:innen als auch der Marken widerspiegelt, die über die Präsentation neuer Produkte hinaus auf einer tieferen Ebene in Kontakt treten wollen.
„Die imm cologne ist immer noch mit dem Beginn des Kalenderjahres verbunden. Es ist auch der Zeitpunkt, an dem wir als Individuen neu beginnen. Und es ist immer schön, diesen Neuanfang mit einer Messe wie der unseren zu verbinden“
Wird die imm cologne regionaler? Vielleicht. Wird sie inhaltlich reicher? Auf jeden Fall. Wird sie geselliger? Zweifellos. Aber ich überlasse es dem langjährigen Kreativdirektor der Messe, Dick Spierenburg, Ihnen ein umfassenderes Bild von der Richtung zu geben, in die sich die Messe bewegt, und zu erläutern, warum sie „Connecting Communities“ als Motto für die kommende Ausgabe gewählt hat.
Sie haben die letztjährige imm cologne Spring Edition als ein Experiment bezeichnet. Was haben Sie daraus gelernt?
Die Spring Edition fand im Juni statt, was traditionell kein Monat für Messen in der Einrichtungsbranche ist. Wir mussten also eine andere Atmosphäre schaffen. Ausserdem war die Messe sehr viel kompakter. Deshalb haben wir die Standflächen in Bezug auf die Grösse einheitlicher gestaltet. Das war für die Aussteller:innen eine ganz neue Art, sich zu präsentieren. Sie konnten Wege finden, sich innerhalb eines einheitlichen Konzepts zu differenzieren.
Darüber hinaus hatten wir einen zentralen Bereich, in dem sich die Besucher:innen treffen, etwas essen und trinken, sich informieren, aber auch Live-Talks verfolgen konnten. Und am Ende des Eröffnungstages wurde daraus eine Vernissage mit Live-Musik. Eine Party-Atmosphäre.
Es war wirklich gut, mit einer kleineren Messe zu experimentieren und ein so positives Feedback von Aussteller:innen und Besucher:innen zu erhalten. Die nächste Ausgabe der imm cologne im Januar baut auf diesen Erfahrungen auf.
Warum ist die imm cologne zu ihrem Januar-Termin zurückgekehrt?
Der Juni-Termin war das Ergebnis eines gewissen Zögerns aufgrund von Covid, um eine Wintermesse zu vermeiden. Wir haben versucht, die Vorteile des späten Frühlings zu nutzen; zum Beispiel haben wir eine grosse Outdoor-Party veranstaltet, die bis in die späten Abendstunden andauerte und ein echtes Gefühl der Geselligkeit vermittelte.
Andererseits ist die imm cologne immer noch mit dem Beginn des Kalenderjahres verbunden. Es ist auch der Zeitpunkt, an dem wir als Individuen neu beginnen. Und es ist immer schön, diesen Neuanfang mit einer Messe wie der unseren zu verbinden. Wir präsentieren neue Produkte, neue Atmosphären, neue Themen, und die Menschen haben im Januar einfach eine andere Mentalität. Aus diesem Grund haben wir viele Anfragen aus der Branche erhalten, zum Januar zurückzukehren. Ich glaube nicht, dass die Diskussion über die Zeitplanung damit beendet ist, aber es ist gut, dass wir 2024 wieder im Januar sind.
Gilt das für die gesamte Branche oder nur für die deutschen und die Benelux-Marken? Wenn wir zum Beispiel an die grossen italienischen Unternehmen denken, dann richten sich deren Produkteinführungszyklen nach dem Mailänder Zeitplan, richtig?
Ja, da haben Sie recht. Das ist nicht für alle Länder gleich. Was wir in der Branche beobachten, ist, dass sich die Marken auf eine grosse Veranstaltung wie Köln oder Mailand konzentrieren und sich dann lokalen, kleineren Veranstaltungen anschliessen. Ich habe kürzlich die Dutch Design Week in Eindhoven besucht, eine kleine Messe in Amsterdam für Bürodesign und eine in Barcelona für den Hospitality-Bereich. Architekt:innen und Innenarchitekt:innen nehmen nicht immer an diesen grossen Messen in weit entfernten Städten teil, mit all der damit verbundenen Reiselogistik und den damit verbundenen Kosten.
Für einige ist also Köln das wichtigste Ereignis – etwa für die niederländischen Marken, die deutschen Marken, die französischen Marken und für die Österreicher:innen sowie die Schweizer:innen. Die italienischen Brands haben natürlich im April ihr Hauptereignis mit ihren Neuheiten. Das ist schade, aber wir werden trotzdem eine interessante Show machen.
Warum ist die imm cologne dieses Mal kürzer?
Wir haben sie von sieben Tagen auf fünf Tage verkürzt. Ich glaube, es ist besser, sich zu konzentrieren, damit die Besucher:innen nicht zu viel Zeit verlieren und zu viel für Hotels und Reisen und solche Dinge ausgeben. Sie sollte konzentriert und fokussiert sein.
Die Messe im Januar kommenden Jahres steht also unter dem Motto „Connecting Communities“. Und warum?
Das ist ein wichtiges Thema in der Gesellschaft. Die Menschen wollen sich immer mehr zusammentun, Dinge und Räume gemeinsam nutzen. Dabei geht es weniger um Besitz als vielmehr um das Experimentieren mit verschiedenen Modellen. Im Moment sieht man immer mehr Co-Working, Co-Living, Gemeinschaftsgärten und Carsharing.
Aber auch in unserer Branche, in der es traditionell getrennte Gemeinschaften gibt – Innenarchitekt:innen, Architekt:innen, Einzelhändler:innen usw. – wollen wir all diese Gemeinschaften zusammenbringen, indem wir sie miteinander verbinden und ihnen helfen, ihr Wissen und ihre Inspiration zu teilen und zu geniessen. Deshalb glauben wir, dass „Connecting Communities“ ein sehr wichtiges Thema ist, das wir nutzen können, um unser Publikum zu stimulieren und neue Ideen und Massnahmen zu fördern.
Und was bedeutet das für die Besucher:innen auf der Messe vor Ort?
In diesem Januar haben wir eine stärkere Beteiligung von Gruppen zu verzeichnen, und zwar nicht in der traditionellen Weise, dass beispielsweise Kollektive nach nationalen Kriterien ausstellen. Stattdessen sind es Unternehmen und Marken, die auf der gleichen Ebene operieren, die die gleichen Kund:innen ansprechen; sie stellen gemeinsam mit einem Designkonzept aus und nutzen den gleichen Raum, um den Besucher:innen die Möglichkeit zu geben, Kontakte zu knüpfen, sich zu vernetzen und etwas zu essen zu bekommen.
Das macht es einfacher, auf kleineren Flächen zu präsentieren, was bei uns ein echter Trend ist: kompaktere Präsentationen, offenere Räume, was natürlich auch viel mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Wir wollen weniger Materialien verwenden, und wir wollen, dass sie in anderen Räumen, anderen Shows und anderen Veranstaltungen wiederverwendet werden. Und das lässt sich einfacher realisieren, wenn man zusammenarbeitet.
Pressedinner anlässlich der imm cologne 2024. Foto © Koelnmesse / imm cologne
Pressedinner anlässlich der imm cologne 2024. Foto © Koelnmesse / imm cologne
×Abgesehen davon, dass die Aussteller:innen an einem Strang ziehen, welche anderen Möglichkeiten gibt es für die Besucher:innen, eine gemeinsame Basis zu finden?
Nun, wir haben den Grundriss geändert. Während die Flächen für Aussteller:innen rechteckig sind, haben wir alle unsere Veranstaltungsflächen kreisförmig gestaltet, um eine andere Art von Erlebnis in den Hallen zu schaffen. Sie werden diese Kreise leicht finden, und sie haben alle ein anderes Thema oder eine andere Funktion – von Cafés und Clubs über Studios, in denen Live-Inhalte gezeigt werden, bis hin zu Installationen, in denen visionäre Designer:innen Initiativen in den Bereichen Produktdesign, Inneneinrichtung und Kunst vorstellen. So wird die Reise der Besucher:innen durch die Ausstellungshallen zu einem Abenteuer.
Erzählen Sie mir mehr darüber, wie wir junge Talente auf der imm cologne antreffen werden.
Der Pure Talents-Wettbewerb findet dieses Jahr nun schon zum 20. Mal statt. Die Jury besteht diesmal aus Studio Dessí, VANTOT, Studio JWDA, Tomás Alonso Design Studio und Raw-Edges (allesamt frühere Wettbewerbsteilnehmer:innen), die sich nicht nur auf Interior-Objekte, sondern zum ersten Mal auch auf Innenräume konzentrieren werden, wobei die Teilnehmer:innen besonders eingeladen sind, uns ihre Visionen für kleinere Räume und für nicht bewohnte Innenräume zu zeigen. Es werden zwölf junge Designer:innen in unserem Pure Talents-Raum ausgestellt, und der Preis wird am ersten Tag der Messe verliehen.
Da wir von Communities sprechen, sind die Gewinner:innen in den vergangenen Jahren oft zur imm cologne zurückgekommen und haben sich selbst präsentiert, manchmal auch mit ihren eigenen Marken. Wir setzen uns dafür ein, dass auch kleinere Brands und Start-ups Teil der Messe sind, deshalb beginnen unsere Ausstellungsflächen schon bei 25 Quadratmetern.
Warum ist es für Sie so wichtig, den Gedanken der Geselligkeit in das Konzept der imm cologne einzubauen?
Ich denke, dass man Wissen und Inspiration viel besser aufnimmt, wenn man die Gesellschaft anderer geniesst, wenn man offen und entspannt ist. Es ist wichtig, eine Veranstaltung zu besuchen und sie zu spüren. Es macht mir sehr viel Freude, neue Leute kennenzulernen. Und dabei geht es nicht nur um die Messe selbst, sondern auch darum, die Gastgeberstadt zu erkunden und zu geniessen. Das ist für uns eine sehr wichtige Komponente. Die Messe dauert nur neun Stunden pro Tag. Der Tag ist aber deutlich länger und es ist noch viel mehr los. Wir sollten uns das alles zu eigen machen.
© Architonic
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