Bettgeflüster: Grzywinski+Pons
Text von Jaime Heather Schwartz
Berlin, Deutschland
08.01.19
Mit ihrem umgenutzten Hotel Whitworth Locke erweckt das in New York City ansässige Büro Grzywinski+Pons ein historisches Gebäude aus dem 19. Jahrhundert in Manchester, England, zu neuem Leben.
Das Whitworth Locke Manchester Hotel mit 160 Zimmern ist Resultat der sorgfältigen Transformation dreier miteinander verbundener Gebäude. Grzywinski+Pons zelebrieren die ursprüngliche Struktur, bewahren viktorianische Elemente und schaffen eine neue Bildsprache mit einer wärmeren und helleren Farbpalette. Das Hotel beherbergt eine Bar, ein Café, eine Lounge, einen Gemeinschaftsraum und bringt in mehrfacher Hinsicht Alt und Neu sowie Einheimische und Besucher zusammen.
Architonic hatte die Gelegenheit, mit Chefdesigner Matthew Grzywinski über das Projekt zu sprechen.
Was war beim Umbau von Whitworth Locke in ein Hotel die grösste Herausforderung?
Unsere Kernsanierung war die Umnutzung einer vorherigen Umnutzung, und während wir uns mit einigen ziemlich skurrilen Merkmalen und Räumen befassen mussten, die zuvor für einen speziellen Zweck angefertigt worden waren, mussten wir viele verschiedene Zimmertypen entwickeln. Bei einem Hotel-Projekt (oder auch einem Wohnbau- oder Gewerbeprojekt) dieser Grösse können wir als Architekten häufig einen effizienten und einheitlichen Grundriss schaffen. Bei diesem Projekt mit 160 Zimmern gab es mehr als 75 verschiedene Zimmertypologien. In vielerlei Hinsicht war es also exponentiell mehr Arbeit als normalerweise bei einem Hotel ähnlicher Grössenordnung.
Warum haben Sie bei dem Projekt einen Co-Working Space integriert?
Da das Hotel über eine Reihe verschiedener Raumtypologien verfügt, von denen sich viele für längere Aufenthalte eignen, hatten wir die Hoffnung, dass es zu einer „Homebase“ für die Gäste werden würde – ein Ort, an dem sie arbeiten, essen, trinken, andere Menschen treffen und schlafen. Es war uns sehr wichtig, dass das Hotel in einer lebendigen Stadt wie Manchester keine Insel ist und dass der Co-Working Space die Einheimischen einbindet, damit sie ebenfalls hier arbeiten oder einfach nur Zeit verbringen. Wir wollten die Absicht des Hotels bekräftigen, Gäste in die Stadt und die Stadt in das Hotelerlebnis einzubinden.
In den letzten Jahren haben Sie mehrere Hotelprojekte fertiggestellt. Gibt es einen gemeinsamen Nenner im Hinblick auf das, was Sie erreichen möchten?
Das hängt ein bisschen mit der oben erwähnten Überlegung zum Einrichten eines Co-working Space im Hotel zusammen. Wir sind sicherlich bestrebt, Design, Kunst und Kultur mit dem Gesamtethos des Hotels in Einklang zu bringen. Wir wählen gerne den Mittelweg, bei dem die Gäste ein breit gefächertes Angebot im Hotel geniessen, das Hotel idealerweise aber auch etwas für das Stadtviertel tut. Ein gutes Hotel muss das meiner Ansicht nach berücksichtigen – es beutet nicht nur die Seele eines Ortes aus, damit die Menschen kommen und konsumieren. Hotels sollten zumindest Orte des kulturellen Austauschs sein, des wechselseitigen Gebens und Nehmens, die auch die Gemeinschaft von den Reisenden profitieren lassen. Manchmal kann ein Hotel – wie eine Kultureinrichtung – die kreative Leistung eines Ortes bündeln und den Besuchern zugänglich machen. Dieser Prozess vertieft den Identitätssinn aus beiden Perspektiven.
Was magst du an Hotelaufenthalten am meisten?
Am meisten mag ich, dass sie eine Art Startrampe in eine Umgebung sind, die nicht die heimische ist. Ein Ort, der sowohl spannend als auch behaglich ist. Eine Oase, die einen in Bewegung hält. Ich geniesse es ausserdem sehr, muss ich zugeben, dass ich für kurze Zeit nicht hinter mir selbst aufräumen muss.
© Architonic
Fotos: Nicholas Worley