Bäder jenseits des Üblichen: Hotels, die den Grundriss umdrehen
Text von James Wormald
16.09.24
Diese Hotel-Suiten mit offenem Grundriss brechen mit den traditionellen Bad-Typologien von Hotels, indem sie Gäste auf die andere Seite der verschlossenen Tür locken.
Die Hängematten-Badewanne mit ihrer beneidenswerten Aussicht ist ein zentrales Element der Suite des Sumei Skyline Coast Boutique Hotels von GS Design. Foto: Ao Xiang
Die Hängematten-Badewanne mit ihrer beneidenswerten Aussicht ist ein zentrales Element der Suite des Sumei Skyline Coast Boutique Hotels von GS Design. Foto: Ao Xiang
×Hotels sind grosse, weitläufige und multifunktionale Architekturen. Daher ist es in ihnen oft schwierig, natürliches Licht in alle Bereiche zu bringen. Ein separates, fensterloses Bad ist meist der übliche Grundriss, was das Bad-Erlebnis allerdings oft schmälert.
Separate, fensterlose Hotelbäder bieten nicht die entspannte Atmosphäre, die Gäste erwarten
Unter grellem Kunstlicht und unter dem beklemmenden Getöse industrieller Belüftung bieten Hotelbäder in geschlossenen Räumen nicht die entspannte Atmosphäre, die Gäste von einem Luxushotel erwarten. Die folgenden Hospitality-Einrichtungen brechen mit herkömmlichen Vorstellungen, lassen Badewannen aus der Reihe tanzen und sorgen dafür, dass die entspannenden Orte gleichmässig verteilt sind.
Ein durchgehendes Oberlicht (oben) lässt reichlich Licht in den Korridor (Mitte) dieses ehemaligen italienischen Klosters fallen und sorgt dafür, dass die sanften Töne und die akustische Atmosphäre des Raums (unten) zur Geltung kommen. Fotos: Alex Filz
Ein durchgehendes Oberlicht (oben) lässt reichlich Licht in den Korridor (Mitte) dieses ehemaligen italienischen Klosters fallen und sorgt dafür, dass die sanften Töne und die akustische Atmosphäre des Raums (unten) zur Geltung kommen. Fotos: Alex Filz
×Monastero von Noa* Network of Architecture in Arco, Trentino, Italien
In der offenen Stille von Arco an der Nordseite des Gardasees wurde ein Kloster aus dem 17. Jahrhundert im Einklang mit der meditativen Atmosphäre des Ortes in ein modernes Hotel und Spa umgewandelt. „Das Designprojekt stand unter dem Prinzip: voller Respekt für die bestehende Architektur”, erklärt der Innenarchitekt Niccolò Panzani. „Das Design wurde mit massgeschneiderten Lösungen an die kargen Klosterräume angepasst.”
Zu diesen massgeschneiderten Lösungen gehören Oberlichter, die sich über die gesamte Länge des Korridors im zweiten Stock erstrecken. Sie betonen nicht nur die restaurierten Holzbalken, sondern lassen durch die Verstrebungen gleichzeitig natürliches Licht in die Gästezimmer fallen. Da das Bad in die Suiten mit ihren „sanften Farben und ihrem akustischen Komfort” integriert wurde, wie Panzani sagt, entsteht ein ruhigerer, besinnlicherer Raum zum Eintauchen.
Die geschwungenen Dächer und Innenhöfe des Tsingpu Wulin Retreat (oben) bringen Tradition in das Hoteldorf, während Oberlichter (Mitte, unten) die Sterne in die modern gestalteten Innenräume holen. Foto: Ruijing Photo
Die geschwungenen Dächer und Innenhöfe des Tsingpu Wulin Retreat (oben) bringen Tradition in das Hoteldorf, während Oberlichter (Mitte, unten) die Sterne in die modern gestalteten Innenräume holen. Foto: Ruijing Photo
×Tsingpu Wulin Retreat von Nazodesign Studio in Wulin, Jinjiang, China
Das Tsingpu Wulin Retreat, eine Art Dorfgemeinschaft von Gebäuden, ist in einem ähnlich klösterlichen Stil gehalten. Wie im Monastero Arx Vivendi in Arco ist der Stil des Retreats einfach und zurückhaltend und verbindet die architektonische Geschichte des Ortes mit zeitgenössischem Design. So erkennt man sofort die traditionelle chinesische Architektur mit ihren geschwungenen Dächern sowie die Plätze und Innenhöfe der Gebäude.
Besucher:innen haben die Wahl, entweder in völliger Privatsphäre hinter einer verschlossenen Tür zu baden, die teilweise durch Trennwände verdeckt ist, oder sich der weicheren Einrichtung der Suite anzuschliessen und den verschlossenen Sanitärbereich für andere freizugeben. Viele der Badewannen sind – wo auch immer sie sich befinden – unter Oberlichtern angebracht, so dass Lang- oder Kurzzeitbadende die Zeit mit dem Blick auf die Sterne verbringen können.
Eine schlanke, mit lichtdurchlässigen Vorhängen verdeckte Fassade (oben) lässt nur wenig Licht ins Innere des Korinkyo Hotels fallen: Die Suiten sind daher von einer sinnlichen Intimität mit wenig natürlichem Licht geprägt. Foto: Hiroki Kawata
Eine schlanke, mit lichtdurchlässigen Vorhängen verdeckte Fassade (oben) lässt nur wenig Licht ins Innere des Korinkyo Hotels fallen: Die Suiten sind daher von einer sinnlichen Intimität mit wenig natürlichem Licht geprägt. Foto: Hiroki Kawata
×Korinkyo Hotel von Hitotomori Architects und U+Architects in Kanazawa, Japan
Bei der Renovierung des Korinkyo Hotel in Kanazawa wurde auf die Intaktheit der 50 Jahre alten, erdbebensicheren Struktur geachtet. „Der Fokus auf Sinneserfahrungen und einer ansprechenden Ästhetik zieht sich durch die kleinsten Konstruktionsdetails wie die gebogenen Ecken der Wände, lichtdurchlässige Vorhänge oder die kleinen gerahmten Öffnungen”, so die Architekten.
Diese geschwungenen oder lichtdurchlässigen Elemente finden sich in den gefliesten Badbereichen der Suiten wieder, die nur durch eine Vorhangschiene von Bett und Sofa getrennt sind. Im Gegensatz zu den Badewannen der anderen Hotels, die sich unter Oberlichtern und Fenstern befinden, konnten die Planer des Korinkyo Hotels die Badewannen in die offenen Suiten verlegen, um sie in das gleiche gedämpfte Licht und die gleiche entspannte Atmosphäre eintauchen zu lassen, fernab vom künstlichen Licht eines geschlossenen Raums.
Die verschiedenen Badewannendesigns des Sumei Skyline Coast Hotels haben eines gemeinsam: Sie befinden sich an Orten, von denen aus man den besten Blick auf den Horizont hat, eingebettet in das Weiss der Hotelarchitektur. Fotos: Ao Xiang
Die verschiedenen Badewannendesigns des Sumei Skyline Coast Hotels haben eines gemeinsam: Sie befinden sich an Orten, von denen aus man den besten Blick auf den Horizont hat, eingebettet in das Weiss der Hotelarchitektur. Fotos: Ao Xiang
×Sumei Skyline Coast Boutique Hotel von GS Design in Sanya, Hainan, China
Die Innen- und Aussenarchitektur des Sumei Skyline Coast Boutique Hotel zeichnet sich durch eine grafische Schlichtheit aus, die eine angenehme Beziehung zwischen den Räumen und ihrer Umgebung schafft. Durch die Beschränkung der Oberflächen und des Mobiliars auf eine einzige Farbe, nämlich reines Weiss, wird der Hintergrund des Hotels zum Vordergrund.
Eine wechselnde Sonnenuntergangspalette lässt die weissen Räume des Hotels in leuchtenden Orange-, Rot-, Violett- und Rosatönen erstrahlen
Eine wechselnde Sonnenuntergangspalette, in der sich die weiten horizontalen Ausblicke auf die Meereslandschaft mit vertikalen Sternenbildern durch die Oberlichter mischen, lässt die weissen Räume des Hotels in leuchtenden Orange-, Rot-, Violett- und Rosatönen erstrahlen. Dieses farbenfrohe Lichtspektakel wollten sich die Architekten von GS Design nicht entgehen lassen und holten deshalb viele der Badewannen aus den Suiten nach draussen, sodass Gäste in der ersten Reihe Platz nehmen können.
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