Die Dutch Design Week präsentiert die Zukunft des Produktdesigns
Text von James Wormald
14.11.22
Die ausstellenden Designer:innen der Dutch Design Week bieten eine Zukunftsvision mit veränderten Bedürfnissen und Materialverfügbarkeit – und präsentieren mögliche Antworten, wie man mit weniger mehr schaffen kann …
SAGES ist ein britisches Designstudio, das alltägliche Lebensmittelabfälle in starke, natürliche Stofffarben verwandelt
SAGES ist ein britisches Designstudio, das alltägliche Lebensmittelabfälle in starke, natürliche Stofffarben verwandelt
×Anlässlich der Dutch Design Week, die sich mit der Frage beschäftigt, wie Design und Technologie uns auf die sich verändernde Welt vorbereiten können, hat das Van Abbemuseum für zeitgenössische Kunst im Zentrum von Eindhoven Design in den Mittelpunkt gerückt. Das Museum stellt das Thema Design auf eine Stufe mit der Kunst und würdigt damit den Einfluss und die Verantwortung, die Design und Designer:innen für die Zukunft haben.
Was Design von der Kunst unterscheidet, was es wichtig und einflussreich macht, ist Kontext
Das Problem bei der Präsentation von Design in einer Kunstgalerie ist jedoch, dass das, was Design von der Kunst unterscheidet, was es wichtig und einflussreich macht, sein Kontext ist. Lassen Sie uns also einen Rundgang durch die Stadt machen, um zu sehen, was wir von den neuesten Produkt-, Material- und Herstellungsneuheiten der Dutch Design Week lernen kann.
Four Leaves stellt Bettwäsche (oben) und Handtücher (Mitte) aus Bio-Baumwolle her und spendet Bio-Produkte für Schulbildung in Sri Lanka. Fotos: Nine IJff (oben), Ruben van Nimwegen (Mitte), Bo van Veen (unten)
Four Leaves stellt Bettwäsche (oben) und Handtücher (Mitte) aus Bio-Baumwolle her und spendet Bio-Produkte für Schulbildung in Sri Lanka. Fotos: Nine IJff (oben), Ruben van Nimwegen (Mitte), Bo van Veen (unten)
×Nicht nur Greenwashing: Verbesserung der Umweltlösungen bei Kazerne
Four Leaves war eine von mehreren Marken, die in dem gemischt genutzten Hospitality- und Eventzentrum Kazerne ihre Umweltfreundlichkeit unter Beweis stellten. In Anlehnung an die vier himmlischen Verweilzustände im Buddhismus werden die Produkte der Bettwaren- und Frottiermarke aus Bio-Baumwolle hergestellt, die nicht nur weich ist, sondern auch moralische Ziele verfolgt. Um jedoch einen besonders guten Schlaf zu gewährleisten, spendet der Hersteller einen Teil seines Gewinns an humanitäre Projekte und stellt Schlafsäcke, Handtücher und Schulbildung für Kinder in Sri Lanka zur Verfügung.
Bei der Herstellung herkömmlicher Solarmodule wird so viel CO2 produziert, dass es vier Jahre dauert, bis sie eine relative Bruttokohlenstoffneutralität erreichen
Solarge ist ein Hersteller von Solarzellen, der die vermeintlich umweltfreundliche Solarenergiebranche unter die Lupe genommen hat und Verbesserungsmöglichkeiten erkannte. Bei der Herstellung herkömmlicher Solarzellen wird so viel CO2 produziert, dass es vier Jahre dauert, bis sie relative Bruttokohlenstoffneutralität erreichen. Durch ein Umdenken im Design und die Teilbarkeit der Materialien am Ende der Lebensdauer – und damit die Kreislauffähigkeit – wird die CO2-Produktion minimiert, und die Paneele beginnen bereits nach vier Monaten, einen Unterschied zu machen.
Die Ostra-Lampe von Markos Georgiou (oben), SAGES natürliche Stofffarben aus Lebensmittelabfällen (Mitte) und Sander Mulders Sitzmöbel Hunebed. Fotos: Alex Pantela (oben), SAGES (Mitte), About Today (unten)
Die Ostra-Lampe von Markos Georgiou (oben), SAGES natürliche Stofffarben aus Lebensmittelabfällen (Mitte) und Sander Mulders Sitzmöbel Hunebed. Fotos: Alex Pantela (oben), SAGES (Mitte), About Today (unten)
×Was für eine Verschwendung: neue Materialkonzepte und ihre Möglichkeiten in Schellens Fabriek
Die Ausstellung Materialized in der Schellens Fabriek stellte laufende Forschungsprojekte vor, bei denen Abfallmaterialien als Teil von kreislauforientierten Herstellungsprozessen verwendet werden. Ostra zum Beispiel ist ein biologisch abbaubares, zementähnliches Material, das aus Austernschalen und Algen hergestellt wird, während SAGES ein Textildesignstudio ist, das Pigmente aus Lebensmittelabfällen für natürliche Farbstoffe verwendet.
Paolo Contes Rising Lamp (oben), die Don't Waste Time Clock von U-ak (Mitte) und der Pythagoras-Stuhl von Sander Mulder (unten). Fotos: Paolo Conte (oben), burodizadinestudio (Mitte), About Today (unten)
Paolo Contes Rising Lamp (oben), die Don't Waste Time Clock von U-ak (Mitte) und der Pythagoras-Stuhl von Sander Mulder (unten). Fotos: Paolo Conte (oben), burodizadinestudio (Mitte), About Today (unten)
×An anderer Stelle in der ehemaligen Fabrikhalle ging die Ausstellung No Space For Waste noch einen Schritt weiter und zeigte Konzeptprodukte, die aus Abfallströmen hergestellt wurden. Die Rising Lamp von Paolo Conte begrüsst symbolisch jeden Tag nach Covid mit einer Leuchte aus chirurgischen Masken, und die Don't Waste Time Clock von U-ak ist aus farbigem Biokunststoff in 3D gedruckt.
Nebenan bei Schellens Fabriek stellt Sander Mulder in seinem offenen Atelier hochwertige Produkte für den Objektbereich aus, wie den Stuhl Pythagoras – mit kontrastreichen Materialien und Farben, die sich für lebhafte Biokunststoffe eignen – oder die Sitzmöbel Hunebed und die akustischen Raumteiler Leaf und Shingle aus Filz – Produkttypen, die sich für natürliche Farbstoffe eignen: ein klares, erreichbares Ziel für die Verwendung von Abfallmaterialien.
Die von Ballons inspirierten Bulla-Lampen von Thier & van Daalen (oben) und die himmlischen GRID-Hängeleuchten (Mitte) sowie die geschweißten Glass Skyscraper-Kerzenhalter von Job van den Berg (unten) sind aus Glasexperimenten entstanden
Die von Ballons inspirierten Bulla-Lampen von Thier & van Daalen (oben) und die himmlischen GRID-Hängeleuchten (Mitte) sowie die geschweißten Glass Skyscraper-Kerzenhalter von Job van den Berg (unten) sind aus Glasexperimenten entstanden
×Experimentelle Freiheit bei Sectie-C
Sectie-C ist eine kostengünstige kreative Gemeinschaft, in der Designer:innen und experimentierfreudige Unternehmer:innen ihre Liebe zu kreativen Ideen teilen können. Zu den Räumlichkeiten gehören Studios wie Thier & van Daalen – deren verdrehte Vapour-Leuchte für Hollands Licht bereits das Architonic Magazin erhellt hat. Mit den ballonartigen Bulla-Wandleuchten und den GRID-Pendelleuchten – die aussehen, als wären sie auf ein Waffeleisen gefallen, aber faszinierende Lichteffekte erzeugen – beweist das Studio, was Experimentierfreude in Kombination mit der hochwertigen Verarbeitung von mundgeblasenem, glattem Glas bewirken kann.
Auf der anderen Seite des Viertels hüpfte Job van den Berg bei einer Studioführung voller Energie von einem Projekt zum nächsten und schwärmte von seinen Ideen und Experimenten. Der Designer erklärte zum Beispiel, warum er für die Herstellung seiner gläsernen Wolkenkratzer-Kerzenhalter Borosilikatglas verwendet, das geschweisst statt geblasen werden kann.
Erik Stehmanns Familie von 3D-gedruckten mikrobiellen Lichtern (oben) und Studio Guilty's no-bake Gravel Column Lights (unten). Fotos: Studio Erik Stehmann (oben), Studio Guilty (unten)
Erik Stehmanns Familie von 3D-gedruckten mikrobiellen Lichtern (oben) und Studio Guilty's no-bake Gravel Column Lights (unten). Fotos: Studio Erik Stehmann (oben), Studio Guilty (unten)
×Erik Stehmann glaubte früher, dass 3D-gedruckte Kunststoffe niemals die Qualität hochwertigerer Materialien wie Glas erreichen könnten. Als er jedoch während der Covid-Schliessungen zu Hause festsass und nur seinen 3D-Drucker zur Verfügung hatte, entwickelte sich eine Liebe zwischen Designer und Prozess, die zu der mikrobiellen Leuchtenserie Pretty Weird Things führte. Die Leuchte Gravel Column Light des Designers Tijs Gilde von Studio Guilty widerspricht der Vorstellung, dass Produkte glatt und eben sein müssen: Die schwere Leuchte ist aus Quarz gefertigt, sieht aber aus wie eine asphaltierte Strasse und ein Rice Krispies Riegel in einem. Bringt man die raue Leuchte jedoch in ein kontrastreiches, sauberes Interieur, ist der Effekt kaum zu übersehen.
Die Regale des Nano-Supermarkts waren gefüllt mit zukünftig alltäglichen Produkten wie Coating Cola (oben), das den Magen mit Fettblockern auskleidet, oder Wallsmart-Nanofarbe (unten). Fotos: Nano-Supermarkt
Die Regale des Nano-Supermarkts waren gefüllt mit zukünftig alltäglichen Produkten wie Coating Cola (oben), das den Magen mit Fettblockern auskleidet, oder Wallsmart-Nanofarbe (unten). Fotos: Nano-Supermarkt
×Kleiner Massstab, grosse Wirkung: Nano-Supermarkt bei Evoluon
Der Nano-Supermarkt war eine Ausstellung von Forschungsprojekten mit unterschiedlichem Machbarkeitsgrad, die die Nanotechnologie nutzen, um Produkte für eine zukünftige Welt zu erfinden und die Probleme von heute zu lösen. Die Produktpalette reicht von einfachen Erfolgen wie farbwechselnder Wandfarbe und selbstreinigenden Fenstern bis hin zu überraschenden, möglichen Abnehmhilfen wie einem Energiegürtel, der überschüssiges Bauchfett in nutzbare Energie umwandelt, oder „Coating Cola“, das die Magenwände mit einer fettblockierenden Schicht überzieht.
Am anderen Ende der Machbarkeitsskala stehen dagegen die absurderen Lösungen wie Antibabypillen, die nach und nach eine Perle in der Gebärmutter wachsen lassen, ein Kleid aus Rauch oder das Kochspray „Bake 'n' Spray“, das Lebensmittel durch eine exotherme Reaktion sofort kocht. Ein perfektes Weihnachtsgeschenk, das das Festessen zu einem Kinderspiel macht.
© Architonic
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