London Design Festival: Highlights
Text von James Wormald
28.09.22
Ein von den aktuellen Ereignissen überschattetes London Design Festival reflektiert über die kreative Geschichte der Stadt in Bezug auf Design und Herstellung und wirft gleichzeitig einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft.
Mit der Installation INTO SIGHT von Sony Design konnten Besucher:innen einen Tunnel mit endloser akustischer und visueller Ruhe betreten, der sanft auf jede ihrer Bewegungen reagierte. Foto: Ed Reeve
Mit der Installation INTO SIGHT von Sony Design konnten Besucher:innen einen Tunnel mit endloser akustischer und visueller Ruhe betreten, der sanft auf jede ihrer Bewegungen reagierte. Foto: Ed Reeve
×Das erste London Design Festival in voller Grösse seit drei Jahren und das 20-jährige Jubiläum der Veranstaltung sollten gefeiert werden. Aber das Leben hatte andere Pläne, wie man so schön sagt. Aufgeschreckt durch die Nachricht vom Ableben Ihrer Majestät Königin Elisabeth II. begann das London Design Festival für das Land, ja für die ganze Welt, mit einer Phase der Trauer. Als Herrscherin über die dichteste Periode von Designinnovationen in der Geschichte der Menschheit war ihrer Majestät der Wandel jedoch nicht fremd.
Mit Dauerbrennern wie Nachhaltigkeit, Materialien, Wirtschaftskrisen und digitaler Zukunft, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit noch nie so präsent waren, war das LDF '22 nicht nur ein Treffen von Fachleuten, sondern auch eine Chance, Designbegeisterten und Einheimischen, die gerade vorbeikamen, die dringend benötigte positive Stimmung zu vermitteln. Hier sind die interessantesten und meistdiskutierten Installationen und Vorträge aus neun Tagen der Reflexion über die Vergangenheit und der Hoffnung für die Zukunft.
Die Kombination eines 220-Zoll-LED-Displays von Sony mit einer dichroitischen 3M-Folie zwischen reflektierenden Glaswänden erzeugt einen beeindruckenden kaleidoskopischen Regenbogen der Reflexion. Fotos: Ed Reeve
Die Kombination eines 220-Zoll-LED-Displays von Sony mit einer dichroitischen 3M-Folie zwischen reflektierenden Glaswänden erzeugt einen beeindruckenden kaleidoskopischen Regenbogen der Reflexion. Fotos: Ed Reeve
×INTO SIGHT von Sony Design
Kunstinstallationen werden oft missverstanden und können Besucher:innen verwirren, die Schwierigkeiten haben, die seltsamen und wunderbaren Konzepte mit dem täglichen Leben in Verbindung zu bringen. Aber sowohl die Kraft als auch der Zweck hinter Sony Designs INTO SIGHT-Installation sind klar, wenn auch ein wenig bunt.
Das Erlebnis ist vergleichbar mit einem Aufenthalt in einem metaversalen Day Spa
Ein 220-Zoll-Kristall-LED-Bildschirm befindet sich am Ende eines reflektierenden Korridors und schafft eine immersive physische Darstellung einer digitalen Welt, die so tief, so breit und so hoch wie die Sterne ist. Sensorempfindliche Nahinfrarotkameras erfassen Bewegungen der Besucher:innen, was wiederum die von der KI generierten Farben und Muster auf dem Bildschirm in Echtzeit verändert, die sich kontinuierlich in den umgebenden Glaswänden mit der bunten dichroitischen Folie von 3M spiegeln.
Im Inneren von INTO SIGHT ist das Erlebnis mit einem Aufenthalt in einem metaversalen Day Spa vergleichbar, mit einem ephemeren Soundtrack und visuellen Eindrücken, die zur Ruhe zwingen – ohne Headset. Abgesehen von der reflektierenden Achtsamkeit öffnet INTO SIGHT die transdimensionale Tür zwischen den Welten für all jene, die Schwierigkeiten haben, das Metaversum zu verstehen und zu verstehen, was es ist und wie weit seine Anwendungen reichen können – und macht das Digitale wieder physisch.
Sabine Marcelis öffentliche Sitzmöbelkollektion Swivel aus Naturstein bringt einen Hauch von Farbe und fröhlicher Bewegung in die graue Umgebung des St. Giles Square. Foto: Ed Reeve
Sabine Marcelis öffentliche Sitzmöbelkollektion Swivel aus Naturstein bringt einen Hauch von Farbe und fröhlicher Bewegung in die graue Umgebung des St. Giles Square. Foto: Ed Reeve
×SWIVEL von Sabine Marcelis
Vor dem tristen, grauen Hintergrund des St. Giles Square – im Schatten des dominierenden Brutalismus des Centre Point – enthüllte die Designerin Sabine Marcelis eine Kollektion neuer, dauerhafter öffentlicher Sitzgelegenheiten, die Farbe und Freude sowie Material- und Gesprächsreichtum in die Fussgängerkreuzung bringen. Mit geometrischen Blöcken aus Natursteinen wie Travertin, Quarz und Marmor kontrastiert jeder Stuhl Farbe und Muster, um die ehemals graue Piazza mit Leben zu füllen.
Jeder Stuhl kontrastiert Farbe und Muster, um die ehemals graue Piazza mit Leben zu füllen
„Mit Swivel verwende ich ein sehr technisches System und ein Material, das normalerweise mit formalen Umgebungen in Verbindung gebracht wird – aber auf eine sehr spielerische Art und Weise, die es leichter macht, damit zu interagieren.“ Die Sitze, die wie ein schlecht gespieltes Tetris-Spiel aussehen, sind natürlich zu zweit, zu dritt oder einzeln gruppiert, aber mit einer feststehenden Basis und sich sanft drehenden Sitzen können Benutzer:innen sie nach Belieben kombinieren oder verteilen, während sie ihren eigenen Blick auf die sich schnell verändernde Stadtlandschaft kuratieren.
Das V&A zeigte 3D-gedruckten Plastikmüll in Plasticity (oben), digitale Nachbildungen in Not David! (Mitte) und sentimentale, kaputte Gegenstände, die in R for Repair (unten) ein zweites Leben erhalten. Fotos: V&A
Das V&A zeigte 3D-gedruckten Plastikmüll in Plasticity (oben), digitale Nachbildungen in Not David! (Mitte) und sentimentale, kaputte Gegenstände, die in R for Repair (unten) ein zweites Leben erhalten. Fotos: V&A
×V&A-Ausstellungen
Als eine der weltweit führenden Bibliotheken für Kunst- und Designgeschichte beherbergte das Victoria and Albert Museum, das offizielle Festivalzentrum von LDF während der gesamten Woche zahlreiche Ausstellungen, Installationen, Gespräche und Vorträge, die Themen wie Materialverwendung und Recycling, digitales Design und Produktion sowie die sich verändernde gesellschaftliche Wahrnehmung von Design und Konsumverhalten beleuchteten.
Zu den herausragenden Erlebnissen der Woche gehörten ein Workshop von Make Good über Bienenwachsmalstifte, bei denen Holzpulver als Farbstoff verwendet wird; die 3,6 m hohe Skulptur Plasticity, die mit wiedergewonnenen Plastikabfällen aus dem Meer in 3D gedruckt wurde; die Skulptur exploded Not David! Skulptur, die einen neuen Stil digitaler Replikate kreiert und nahegelegene Renaissance-Replikate aus der Skulpturenhalle des V&A untergräbt; die Paarung von sentimentalen, aber kaputten Gegenständen mit Designer:innen in der Ausstellung R for Repair – nicht nur um die Objekte zu reparieren, sondern auch um sie in moderne Kunstwerke zu verwandeln – und die optimistisch-apokalyptische Ausstellung Regenerative Futures, die einen Tag in einer zukünftigen Welt präsentiert, in der hochmoderne Umwelttechnologie wie Bee Bricks und Roboterlibellen, die Umweltdaten sammeln, die akzeptierte Norm sind.
150 Millionen Jahre alte Kalksteinmonolithen aus dem Jura umkreisen den neuesten öffentlichen Raum von Canary Wharf, mit den wechselnden Lichteffekten eines modernen Henge. Fotos: Mark Cocksedge
150 Millionen Jahre alte Kalksteinmonolithen aus dem Jura umkreisen den neuesten öffentlichen Raum von Canary Wharf, mit den wechselnden Lichteffekten eines modernen Henge. Fotos: Mark Cocksedge
×Henge von Stanton Williams
Der Westen Londons mag die Heimat von High-End-Design- und Modevierteln sein, wo das Geld ausgegeben wird – aber im Osten, in Canary Wharf, wird das Geld gemacht. An Wochentagen wimmelt es hier nur so von elegant gekleideten Banker:innen, doch am Wochenende verwandelt sich das Viertel in eine Geisterstadt, in der es weder Farbe noch Kultur gibt.
Henge in Wren Landing, Canary Wharf, reiht sich ein in eine Vielzahl meist unbeachteter Skulpturen in der Umgebung, denen es nicht gelungen ist, den Fokus der Berufspendler:innen zu unterwandern. Inspiriert von neolithischen Henge-Stätten dient die semi-permanente Installation als kontemplativer, interaktiver Treffpunkt, der die Vorbeieilenden dazu einlädt, innezuhalten, zuzuhören oder sogar improvisierte Musik- und Poesie-Performances zu geben und dabei sich selbst zuzuhören.
© Architonic
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