Die Korken knallen lassen: Sieben Gründe, weiter über Kork zu reden
Text von James Wormald
20.02.23
Kork dient nicht nur dazu, Wein oder Champagner sicher zu verschliessen, sondern ist auch ein nachhaltiges Material, das Lösungen bietet, die Menschheit über Wasser zu halten.
Das auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Gymnastik-Trainingszentrum von Guimares hat seine Fassade mit dem kreislauffähigen Material Kork umwickelt. Foto: José Campos
Das auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Gymnastik-Trainingszentrum von Guimares hat seine Fassade mit dem kreislauffähigen Material Kork umwickelt. Foto: José Campos
×Kork ist ein natürliches Material, das leicht zu recyceln und wiederzuverwenden ist. Und doch ist es Holz, das auf der Suche nach Kreislaufwirtschaft immer öfter als Retter gesehen wird. Holz und Holzderivate in allen Formen und Grössen, von Strohhalmen bis zu Wolkenkratzern — oder „Plyscrapers“ — geben uns ein warmes, ökologisches Gefühl, wenn wir sie verwenden. Aber trotz der Tatsache, dass sowohl Holz als auch Kork buchstäblich auf kohlenstoffbekämpfenden Bäumen wachsen — Kork wird durch das Abziehen der Rinde der Korkeiche hergestellt —, erlaubt die Korkproduktion, dass der Baum stehen bleibt, während Holz in seiner Blütezeit gefällt wird. Aber können wir das raue, schwammige braune Material wirklich als hochwertiges Produkt und Baumaterial verwenden? Natürlich können wir das. Wir zeigen, wie und warum.
Das Gymnastik-Trainingszentrum von Guimares zeichnet sich durch eine äussere Anordnung vorstehender Korkblöcke aus, die die Verwendung und Form des Materials hervorheben. Fotos: José Campos
Das Gymnastik-Trainingszentrum von Guimares zeichnet sich durch eine äussere Anordnung vorstehender Korkblöcke aus, die die Verwendung und Form des Materials hervorheben. Fotos: José Campos
×Kork ist nachhaltig, kreislauffähig und umweltfreundlich – und das in mehr als einer Hinsicht
Die portugiesischen Korkeichenwälder, die für fast die Hälfte der weltweiten Produktion des Wundermaterials verantwortlich sind, stehen unter gesetzlichem Schutz, so wichtig sind sie für die wirtschaftliche und ökologische Infrastruktur des Landes. Ausgewachsene Korkeichen werden in jedem Jahrzehnt ihres Lebens abgezogen und nicht gefällt. Sie binden mehr Kohlenstoff als gewöhnliche Bäume und ihre dicke Rinde wirkt als natürliche Barriere gegen Waldbrände. Der Schwerpunkt muss jedoch nicht immer auf der Umwelt liegen. Das Gymnastik-Trainingszentrum von Guimares zum Beispiel wählte Kork für die Fassade seines umweltbewussten Projekts wegen dieser nachhaltigen Eigenschaften – aber die sorgfältige Anordnung der verschobenen Volumina sorgt dafür, dass das Gebäude auch durch sein Aussehen besticht.
Die Villa CP in Girona, Spanien (oben), und das Haus in Grândola, Portugal (Mitte, unten) verbergen Korkisolierung zwischen Aussen- und Innenräumen. Fotos: Jesus Granada (oben), Francis Nogueira (mitte, unten)
Die Villa CP in Girona, Spanien (oben), und das Haus in Grândola, Portugal (Mitte, unten) verbergen Korkisolierung zwischen Aussen- und Innenräumen. Fotos: Jesus Granada (oben), Francis Nogueira (mitte, unten)
×Kork ist ein hervorragender Isolator
Gutes Aussehen ist natürlich subjektiv, und unabhängig davon, wie gut es für die Umwelt ist, ist Kork nicht jedermanns ästhetischer Geschmack. Das heisst aber nicht, dass er nicht trotzdem nützlich sein kann. In der Villa CP in Girona, Spanien, zum Beispiel, ist kein einziges Korkkorn zu sehen. Stattdessen wird Kork lediglich als verstecktes Dämmmaterial zwischen den ursprünglichen Steinwänden des Hauses und einem mit natürlichem Claytec-Putz veredelten Innenraum verwendet, wodurch das Projekt den Passivhausstandard erreicht. Kork dämmt auch dieses Haus in Grândola, Portugal, das mit erdfarbenem Kalkmörtel in einer faszinierenden Mischung aus Materialität und Umwelt fertiggestellt wurde.
Sowohl die Kabinen des Klein A45 (oben, Mitte) als auch die Land-Schiebetüren von Longhi S.p.a (unten) verwenden Kork als gut sichtbares Oberflächenmaterial. Fotos: Matthew Carbone (oben)
Sowohl die Kabinen des Klein A45 (oben, Mitte) als auch die Land-Schiebetüren von Longhi S.p.a (unten) verwenden Kork als gut sichtbares Oberflächenmaterial. Fotos: Matthew Carbone (oben)
×Kork hat eine natürliche Schönheit
Früher mussten Oberflächen glatt sein, um als schön zu gelten. Doch nach der Umweltrevolution sehen wir natürliche und runde Materialien allein aufgrund dieser Eigenschaften als attraktiv an. Manche wollen Kork immer noch verstecken, und das ist auch gut so. Aber andere, wie die zukünftigen Besitzer:innen dieser Klein A45 Kabinen, haben die Augen offen. Natürlich isolierende, mit Kork ausgekleidete Wände erfüllen die Strukturen mit der Schönheit der Natur. Bei den modularen Schränken und Türen der Produktreihe Land von Longhi S.p.a. ist Kork ebenfalls in der Materialwahl vertreten.
Das Cork Apartment von Formafatal erfüllte den Wunsch der Kund:innen nach Kork mit wasserfesten, münzförmigen Fliesen im Badezimmer (oben) und einem weichen Bodenbelag in der Wohnküche (unten). Fotos: BoysPlayNice
Das Cork Apartment von Formafatal erfüllte den Wunsch der Kund:innen nach Kork mit wasserfesten, münzförmigen Fliesen im Badezimmer (oben) und einem weichen Bodenbelag in der Wohnküche (unten). Fotos: BoysPlayNice
×Kork nimmt kein Wasser auf
Kork ist dank Suberin – eine wachsartige Substanz, die etwa die Hälfte des Materials ausmacht – von Natur aus wasserdicht. Daher eignen sich Korkböden und -fliesen perfekt für den Einsatz in Nassbereichen oder Bereichen mit hoher Luftfeuchtigkeit wie Küchen und Bädern. Die Vorgabe von Formafatal für das Cork Apartment in Prag lautete, „Kork so weit wie möglich in die Innenarchitektur zu integrieren.“ Als Antwort darauf hat das Innenarchitekturbüro einen wasserfesten Korkboden in der Küche, ein interessantes Mosaik aus Korkfliesen neben der Badewanne und verschiedene andere Korkmöbel und -leuchten im ganzen Haus angebracht.
Der weiche Boden in Adelaide Terrace (oben) ist leichter zu begehen, während Seattle Dentistry das Material mit recyceltem Gummi mischt (unten). Fotos: Robert Frith (oben), Lincoln Barbour (unten)
Der weiche Boden in Adelaide Terrace (oben) ist leichter zu begehen, während Seattle Dentistry das Material mit recyceltem Gummi mischt (unten). Fotos: Robert Frith (oben), Lincoln Barbour (unten)
×Kork ist weich und nachgiebig
Es ist nicht nur seine geringe Absorptionsrate, die Kork zu einer guten Wahl für Bodenbeläge macht. Der Eigentümer dieser Wohnung in Adelaide Terrace, zum Beispiel, wollte sich in eine überschaubare Umgebung zurückziehen, in der er „alt werden“ konnte. Zu den gestalterischen Überlegungen gehörten eine Duschbank, ein Handlauf und ein weicher Korkboden, die den Raum einfacher, sicherer und komfortabler machen. In der Seattle Kids Dentistry wurde ein Bodenbelag aus recyceltem Gummi-Kork verwendet, der der warmen und einladenden Umgebung einen sanften, farbenfrohen Ton verleiht.
Der Spherical Armchair von Movecho mit geschwungener Vertiefung (oben), die 3D-Korkplatten von coverdec.one, Linea (Mitte) und der wellenförmige Stab von Locket (unten). Foto: Rebecca Hope
Der Spherical Armchair von Movecho mit geschwungener Vertiefung (oben), die 3D-Korkplatten von coverdec.one, Linea (Mitte) und der wellenförmige Stab von Locket (unten). Foto: Rebecca Hope
×Kork ist leicht zu formen
Die natürliche Formbarkeit von massivem Kork macht ihn zu einem ausgezeichneten Material, um gebogene Möbel oder dreidimensionale Oberflächen zu formen. Der Spherical Cork Armchair von Movecho beispielsweise „zeichnet sich durch Elastizität, Ergonomie und eine warme Weichheit aus“ – Elemente, die laut Hersteller „exklusive Eigenschaften von Kork“ sind. Der korkbegeisterte Hersteller von Wandpaneelen coverdec.one kombiniert die isolierenden Eigenschaften des Materials mit seiner Formbarkeit in schallabsorbierenden grafischen Linea-Paneelen. Dreidimensionale Korkoberflächen wurden auch im Café und in der Weinbar von Locket in London, Grossbritannien, ausgewählt, wo eine wellenförmige Korkleiste dem Gastraum eine warme Textur verleiht.
Cork tables at Tom Dixon’s monochromatic Manzoni Restaurant dining hall (top) and antoniolupi’s Borghi sinks with Cristalmood basins set on strong cork pedestals. Photo: Peer Lindgreen (top)
Cork tables at Tom Dixon’s monochromatic Manzoni Restaurant dining hall (top) and antoniolupi’s Borghi sinks with Cristalmood basins set on strong cork pedestals. Photo: Peer Lindgreen (top)
×Kork ist erstaunlich stark
Für ein Material, das ein bisschen wie Gebäck aussieht und nachgibt, wenn man sich darauf stützt, ist Kork erstaunlich stabil. In Tom Dixons Restaurant Manzoni in Mailand, Italien, wurde Kork als Material für robuste Esstische ausgewählt. Die Tische mit geformten Kanten verleihen dem monochromen Speisesaal einen natürlichen Farbtupfer. Das freistehende Waschbecken Borghi von antoniolupi macht sich die bekannte Wasserdichtigkeit von Kork zunutze und setzt ein schweres Becken aus Cristalmood auf einen Korksockel, der einen Kontrast zu Farbe und Textur, aber nicht zum Stil bildet.
© Architonic
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