Öffentliche Gebäude haben neben ihrem funktionalen auch immer einen repräsentativen Charakter, was Architekten viele Möglichkeiten in der Formgestaltung eröffnet. Nicht selten entstehen echte architektonische Meisterwerke.

Einsichtig: Die Offenheit des Atriums im Rathaus Remchingen steht symbolisch für die Transparenz der lokalen, politischen Geschehnisse. Steimle Architekten BDA. Foto: Brigida González

In Form gebracht: Architektur von öffentlichen Gebäuden | Aktuelles

Einsichtig: Die Offenheit des Atriums im Rathaus Remchingen steht symbolisch für die Transparenz der lokalen, politischen Geschehnisse. Steimle Architekten BDA. Foto: Brigida González

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Alles eine Frage der Form, – vor allem wenn es um Anträge, Bewilligungen und Beglaubigungen geht. Begriffe, die nur bei den wenigsten Menschen Begeisterung auslösen. Wenn jedoch die (architektonische) Form der öffentlichen Gebäude so aufregend ist wie bei denen hier vorgestellten Exemplaren, kommt beim Gang zum Amt oder Gericht Freude auf – zumindest bei Architekten:innen und anderen Formenthusiasten.

Dabei ist es kein Zufall, dass gerade öffentliche Gebäude eine besonders spannende Formsprache vorweisen können. Da sie auch immer einen repräsentativen Charakter haben, haben Architekt:innen hier oft einen besonders grossen Gestaltungsfreiraum, sodass man in öffentlichen Gebäuden nicht nur auf Beamte, sondern auch auf unkonventionelle Grundrisse, ausgewöhnliche Dachkonstruktionen und auffällige Fassadengestaltungen trifft.

Parkwächter: Das Verwaltungsgebäude in Saue, Estland, von molumba, wirkt wie ein Pavillon im öffentlichen Park, gleichzeitig verleihen die archaisch anmutenden, überdachten Torbögen dem Gebäude verwaltungstechnische Prominenz. Foto: Tõnu Tunnel

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Parkwächter: Das Verwaltungsgebäude in Saue, Estland, von molumba, wirkt wie ein Pavillon im öffentlichen Park, gleichzeitig verleihen die archaisch anmutenden, überdachten Torbögen dem Gebäude verwaltungstechnische Prominenz. Foto: Tõnu Tunnel

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Verwaltungsgebäude in Saue, Estland, molumba

Dieses Gebäude will gesehen werden. Und das sollte es auch, denn es ist die erste Anlaufstelle für sämtliche Bürgeranliegen der estnischen Bevölkerung in Saue. Der eigenwillige Entwurf mit dem markanten, umlaufenden Säulengang stammt aus der Feder des lokalen Architekturbüros molumba. Vor lauter Säulen sieht man hier beinahe den Wald, Pardon, das eigentliche Merkmal des Gebäudes nicht: seinen dreieckigen Grundriss.

In der Geometrie ist das Dreieck eine der einfachsten Figuren, in Beziehungen ist die Dreiecksvariante kompliziert, für ein Bürgeramt scheint es wiederum eine praktikable Lösung zu sein. Typisch estnisch dabei: ​​die Zweckmässigkeit des Gebäudes und der Gebrauch natürlicher Materialien (vor allem Holz) sowie die Nutzung energiearmer Technologien.

Identitätsstiftend: Die „gewebte” Fassade des Bürogebäudes Three New Bailey von Make Architects erinnert an die ehemals in Salford, UK, ansässige Baumwollspinnerei. Heute findet man hier unter anderem die Steuerbehörde. Foto: Paul Karalius

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Identitätsstiftend: Die „gewebte” Fassade des Bürogebäudes Three New Bailey von Make Architects erinnert an die ehemals in Salford, UK, ansässige Baumwollspinnerei. Heute findet man hier unter anderem die Steuerbehörde. Foto: Paul Karalius

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Steuerbehörde in Salford, UK, Make Architects

Bei diesem Entwurf dreht sich alles um die Fassade: Die ehemalige Baumwollspinnerei in Salford war die Inspiration für das von Make Architects entworfene Bürogebäude Three New Bailey, in dem sich die Steuerbehörde befindet. Ziegelsteinelemente scheinen ineinander verwoben zu sein, was sowohl den Bezug zur Spinnerei als auch den zur lokalen Lagerhausarchitektur des 19. Jahrhunderts mit ihrem typischen roten Ziegelstein herstellt.

Die Fassade erzählt aber nicht nur eine Geschichte der Gegend, sondern ist auch stilistisches Mittel, welches durch seine starke Gliederung die orthogonale Masse des siebenstöckigen, 14.733 m2 grossen Gebäudes, aufbricht, Tiefe und Bewegung schaffen.

Strenge Schönheit: Im verwinkelten Zentrum der der spanischen Stadt Tortosa befindet sich das neue Gerichtsgebäude von Camps Felip Arquitecturia. Foto: Pedro Pegenaute

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Strenge Schönheit: Im verwinkelten Zentrum der der spanischen Stadt Tortosa befindet sich das neue Gerichtsgebäude von Camps Felip Arquitecturia. Foto: Pedro Pegenaute

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Gericht in Tortosa, Spain, Camps Felip Arquitecturia

Für den einen eine architektonische Sehenswürdigkeit, für die anderen der Ort, an dem sich Schicksale entscheidet: Die Rede ist vom neuen Gerichtsgebäude in Tortosa, Spanien. Der Entwurf von Camps Felip Arquitecturia musste den strengen funktionalen Anforderungen der Judikative entsprechen (Häftlinge und Zeugen in getrennten Bereichen) und gleichzeitig der herausfordernden Topographie des Ortes gerecht werden (am Hang gelegen im historischen Stadtkern, der für seine engen Gassen bekannt ist).

Entstanden ist ein Gebäude mit strenger Front, komplexer Geometrie im Inneren in einer Materialität, die sich homogen in ihr Umfeld einfügt und für architektonische Kontinuität sorgt. Das Volumen des Gebäudes reagiert auf die Ausrichtung des Grundstücks und folgt den städtebaulichen Linien des historischen Zentrums: schmale Flure mit Closeup-Ansichten und perspektivischen Verkürzungen.

Präsenz zeigen: Das fünfeckige Rathaus in Remchingen, Deutschland, wurde von Steimle Architekten BDA so konzipiert, dass es keine Rückseite hat, und sich gleichermassen in jede Richtung öffnet. Foto: Brigida González

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Präsenz zeigen: Das fünfeckige Rathaus in Remchingen, Deutschland, wurde von Steimle Architekten BDA so konzipiert, dass es keine Rückseite hat, und sich gleichermassen in jede Richtung öffnet. Foto: Brigida González

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Rathaus Remchingen, Deutschland, Steimle Architekten BDA

Das Rathaus in Remchingen von Steimle Architekten BDA basiert auf einem leicht verzerrten, fünfeckigen Grundriss. Rein äusserlich gehört es eher zu der unaufgeregten Sorte von Gebäuden, im Inneren dürfte dem ein oder anderen Besucher aber ein Ah! oder Oh! entweichen. Das Treppenhaus ist geschickt in der Mitte unter einem dreieckigen Dachfenster platziert. Linien, Licht und Materialien lenken den Blick nach oben, und trotz ultraminimalistischer Innengestaltung herrscht eine freundliche, beinahe zenartige Atmosphäre.

Die spürbare Offenheit, die durch den weiten Raum des Atriums unterstrichen wird, soll der Öffentlichkeit die Möglichkeit bieten, dem Ursprung des politischen Geschehens näher zu kommen und das Gebäude als öffentlichen Ort im besten Sinne zu erleben.

© Architonic

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