Stoff zum Entspannen: Textilien im Wellnessbereich
Text von Katharina Schwarze
18.08.23
Textilien verleihen Räumen unmittelbar eine beruhigende Atmosphäre, was sie auch in Wellness- und Gesundheitsprojekten vermehrt zum Material erster Wahl werden lässt.
Weichmacher: Textile Elemente in der Innenarchitekur sind ein unschlagbar unkompliziertes Instrument zur Veränderung oder Inszenierung der Raumsituation. Original Feelings Yoga Studio in Berlin. Fotos: Linus Muellerschoen
Weichmacher: Textile Elemente in der Innenarchitekur sind ein unschlagbar unkompliziertes Instrument zur Veränderung oder Inszenierung der Raumsituation. Original Feelings Yoga Studio in Berlin. Fotos: Linus Muellerschoen
×Stein, Stahl, Beton – Stoff. Rein baulich betrachtet sind Textilien in der Architektur ein sekundäres Medium, da sie nicht tragend oder belastbar sind. Sie sind von ihrer Aufhängung abhängig und müssen daher immer auf eine bereits raumgebende Konstruktion reagieren. Was die Atmosphäre angeht, sind sie aber definitiv tonangebend. Kaum etwas ändert die Wirkung eines Raumes so unkompliziert und eindrücklich wie Stoff.
Textilien nehmen dem Raum die Härte und können komplett neue Konturen zeichnen. Vorhänge haben zudem immer etwas Theatralisch-Performatives, sie spielen das Spiel von Präsentieren und Verhüllen. Gerade in Räumen, in denen man sich selbst enthüllt und verletzlich zeigt, wie in Gesundheitszentren, Yoga Studios oder Wellnesstempeln, ist es wichtig, Räume freundlich und nicht zu hart wirken zu lassen. Einfach abhängen – ist nicht nur das Motto des Entspannungskonzepts der hier vorgestellten Projekte sondern auch das der auf Textilien setzenden Interior-Konzepte.
Halbtransparente und hinterleuchtet Stoffe lassen kleine Räume gross rauskommen wie hier in Bankoks Infinity Wellbeing Spa von Space Popular. Fotos: Wison Tungthunya
Halbtransparente und hinterleuchtet Stoffe lassen kleine Räume gross rauskommen wie hier in Bankoks Infinity Wellbeing Spa von Space Popular. Fotos: Wison Tungthunya
×Infinity Wellbeing Spa Bangkok von Space Popular
Das ätherische, in Vorhänge gehüllte Infinity Wellbeing Spa von Space Popular liegt direkt an der belebten Sukhumvit Road in Bangkoks modernem Geschäftszentrum. Sobald man jedoch durch seinen grosszügigen, tropischen Garten in die Lobby tritt, hat man das Chaos der Stadt schnell vergessen. Das Interior Design setzt auf eine beruhigende Farbpalette und halbtransparente Stoffe, die das Licht brechen und den Raum zur Bühne für die eklektischen Möbel werden lassen.
Massgeschneiderte Materialien und Objekte werden mit erschwinglichen, handelsüblichen Materialien wie Verpackungsschaum kombiniert, Luxus trifft hier auf Bescheidenheit – ein Kontrast, den man in Bangkok häufig sieht. Einfallsreich ist auch der Umgang mit den Einzelzimmern. Mit hinterleuchteten Schaumstoffdecken und Vorhängen ausgestattet wirken sie am hellsten und kaschieren geschickt ihre geringe Grösse.
Alles im Flow ist im Original Feelings Yoga Studio in Berlin. Some Place Studios Raumkonzept mit formbaren Materialien und viel Stoff lässt den Besucher auch visuell tief durchatmen. Fotos: Linus Muellerschoen
Alles im Flow ist im Original Feelings Yoga Studio in Berlin. Some Place Studios Raumkonzept mit formbaren Materialien und viel Stoff lässt den Besucher auch visuell tief durchatmen. Fotos: Linus Muellerschoen
×Original Feelings Yoga Studio von Some Place Studio
Gut in Form – das sind nicht nur die Besucher:innen des Original Feelings Yoga Studio in Berlin, sondern auch die Innenarchitektur. Das Interior-Konzept von Some Place Studio setzt ganz auf formbare Materialien. Empfangen werden die Besucher mit einem eigens von Designerin Yasmin Bawa angefertigten, organisch geformten Brunnen aus Hanfbeton. Eine weitere Auftragsarbeit ist der grossflächige textile Sichtschutz der Wiener Künstlerin Denise Rudolf Frank, der den Loungebereich subtil von den Umkleideräumen trennt.
Symmetrisch angeordnete Vorhänge strukturieren den Raum und teilen ihn bei Bedarf. Auch die Decke kann mit grossen horizontal gespannten Stoffbahnen abgehängt werden, was für eine angenehme Akustik und eine schon beinahe jurtenhafte Atmosphäre sorgt.
Grau in grau: Nuno Ferreira Capa arquitectura e design ist verantwortlich für Gestaltung der sich über vier Etagen erstreckenden Geschäftsfläche des Masion862 in Portugal. Blickdichte Vorhänge definierenen die Bereiche. Fotos: João Morgado
Grau in grau: Nuno Ferreira Capa arquitectura e design ist verantwortlich für Gestaltung der sich über vier Etagen erstreckenden Geschäftsfläche des Masion862 in Portugal. Blickdichte Vorhänge definierenen die Bereiche. Fotos: João Morgado
×Maison826 von Nuno Ferreira Capa arquitectura e design
Beton trifft auf Textil. Im Stadtzentrum von Braga, Portugal, setzt Nuno Ferreira Capa arquitectura e design für die 250qm grosse Geschäftsfläche des Masion862 alles auf Materialität, Textur und Oberfläche. Das nüchterne graue Betongebäude gibt durch seine grossen Fensterfronten Einblick auf die sich über vier Etagen erstreckende Location, die einen Friseursalon, einen Kultur- und Musikraum sowie einen Concept Store umfasst – die ‘Räume’ sind dabei lediglich durch Vorhangschienen und betongraue Vorhänge definiert.
Der sparsame Einsatz von Materialien, die freiliegenden Säulen, nackten Betonbalken und unvollendeten Wände sind hier Stilmittel. Ein schlichtes aber eindrucksvolles Konzept, das dem Wort Grauzone eine neue Bedeutung verleiht.
Der öffentliche Begegnungsraum des Children Health & Support Centre in Kitakami, Japan, manifestiert durch seine grossen Fenster seine Verbindung zur Stadt. Für etwas Privatsphäre können durch Vorhänge einzelne Zonen abgetrennt werden. Fotos: Kai Nakamura
Der öffentliche Begegnungsraum des Children Health & Support Centre in Kitakami, Japan, manifestiert durch seine grossen Fenster seine Verbindung zur Stadt. Für etwas Privatsphäre können durch Vorhänge einzelne Zonen abgetrennt werden. Fotos: Kai Nakamura
×Kitakami Children Health & Support Center von UtA/Unemori teco Associates
Mit Kindern zum Arzt zu gehen ist in der Regel kein grosses Vergnügen. Räumlichkeiten wie die des Kitakami Children Health & Support Centre in Japan können diesen Sachverhalt jedoch grundlegend ändern. Sanft gewellte, mit Netz bespannte Böden machen das Gebäude, das neben einem Gesundheits- auch über einen Kinderbetreuungskomplex verfügt, zum Indoor-Spielplatz. Im Erdgeschoss hat das verantwortliche Architekturbüro UtA/Unemori teco Associates einen öffentlichen Begegnungsraum geschaffen, dessen grosse Fläche durch Vorhänge in kleinere Zonen unterteilt werden kann. Die grossen Fenster und Glasschiebetüren manifestieren den offenen Charakter und die Verbindung des Gebäudes zur Stadt.
© Architonic
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