Light + Building 2016: Vom Licht berührt
Text von Light + Building
Frankfurt am Main, Deutschland
19.01.16
Die Light + Building ist mit insgesamt rund 2.500 Ausstellern die weltgrößte Plattform für Licht und Gebäudetechnik. Vom 13. Bis 18. März präsentieren im Lichtbereich rund 1.650 Hersteller sich und ihre Produkte. Das Spektrum reicht von Designleuchten in Stilrichtungen von modern bis klassisch, technische Leuchten und Lampen in allen Variationen und für alle Anwendungen bis hin zu einer großen Auswahl an lichttechnischen Komponenten und Zubehör. „Lichtblicke“ in die Zukunft werden auf 16 Ebenen in den Hallen 1 bis 6 und 10 sowie im Forum eröffnet.
LWL Museum für Kunst und Kultur in Münster: Gekonnte Mischung aus Tageslicht und Kunstlicht
LWL Museum für Kunst und Kultur in Münster: Gekonnte Mischung aus Tageslicht und Kunstlicht
×Mit durchdachter und vernetzter Lichtsteuerung kommt die Raumleuchte nicht nur ideal zur Geltung, es können auch verschiedene Komponenten wie Lichtfarbe oder Dimmung voll ausgeschöpft werden. Human Centric Lighting, also die Wirkung von Licht auf die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden, ist hier ein wegweisendes Trendthema. Immer wichtiger wird bei der Planung von Neubauten auch die Integration der Leuchte in die Architektur: Eine vielfältige und individuelle Formensprache in der Lichtgestaltung liegt bei der Planung von öffentlichen Räumen im Trend.
Mit Licht verbinden wir Wärme, Sicherheit, ein Gefühl von Zuhause, Gemeinschaft und Leben. Neue Technologien und Nachhaltigkeitsdebatten sensibilisieren Planer, Gestalter und Nutzer zum sinnvollen Einsatz des Kunstlichts. Lichtverteilung, -ausbeute, -farbe und Energieeffizienz sind wesentliche Aspekte, wenn es um die Projektplanung geht. Doch zuvor müssen folgende Fragen geklärt sein: Was ist die eigentliche Aufgabe des Lichts? Wie bekommt das Licht seine Form oder, anders gefragt, wie beeinflusst die Form das Licht? Licht ist nicht sichtbar, Licht macht sichtbar. Ein Raum ohne Öffnungen und künstliche Lichtquellen ist einfach dunkel. Es geht also darum, das Umfeld sichtbar zu machen, das Sehen zu ermöglichen. Licht ist die Basis für die visuelle Wahrnehmung. Licht schafft Hierarchien, unterscheidet Wichtiges von Unwichtigem, zoniert bzw. fokussiert und ist Zeitgeber für uns Menschen. Die biologische und emotionale Wirkung des Lichts ist gerade in der heutigen übersättigten multimedialen Welt von großer Bedeutung.
Architekturbeleuchtung: Licht macht sichtbar und setzt Akzente
In der Architekturbeleuchtung tritt die Lichtquelle selbst immer mehr in den Hintergrund. Durch die kleinen LEDs und flachen OLEDs hat sich das Leuchtendesign in den letzten Jahren stark verändert. Die LED an sich ist eine punktförmige Lichtquelle, die sich je nach Reflektor- und Linsentechnologie zu einer blendfreien, flächigen Lichtquelle gestalten lässt. Organische LEDs werden bedingt durch geringere Lichtausbeute, Lebensdauer und hohe Kosten im Vergleich zu LEDs noch nicht im großen Stil eingesetzt. Der erwartete Hype dieser Technologie bleibt zumindest momentan noch aus. OLEDs als flächige Lichtquelle werden die LED ergänzen, aber keinesfalls ersetzen. Gute Lichtqualität stellt sich erst durch die Kombination von flächiger und punktueller Beleuchtung ein. Extrem diffuses Licht kann auf Dauer langweilig und ermüdend wirken. Durch die Miniaturisierung der Lichtquelle haben Designer und Leuchtenhersteller unendlich viele Möglichkeiten, dem Licht die gewünschte Form zu geben. Oder umgekehrt: Das Licht in eine gewünschte Form zu integrieren. Ob die Leuchte selbst zum Lichtobjekt wird oder eine subtile Raumerfahrung mit Licht gestaltet wird – der Vielfalt sind kaum Grenzen gesetzt.
Von Akzentbeleuchtung über Tageslichtlösungen bis hin zu flächigem Licht
Mit dem Dimmen von Leuchten und dem Verändern der Farbtemperatur lassen sich alle möglichen Schattierungen abbilden und so die gewünschte Lichtstimmung auf den Punkt bringen. Bewegte Lichtszenen liegen im Trend und der Nutzer selbst kann Einfluss nehmen. Ob via Gestensteuerung, App oder professioneller Lichtsteuerung – das Licht ist im digitalen Zeitalter angekommen. Smarte, kabellose Beleuchtungssysteme lassen sich über Tablets und Smartphones steuern und bieten so dem Nutzer einfache Lösungen. Komplexe Lichtmanagementsysteme müssen jedoch immer von Experten geplant und installiert werden. Basis für eine dauerhaft gute Lichtlösung ist neben dem individuellen Lichtkonzept vor allem die Qualität der eingesetzten Lichtquellen, der Materialien und der Elektronik sowie deren Lebensdauer.
Design und Beleuchtung in Verknüpfung: Auf der Light + Building 2016
Design und Beleuchtung in Verknüpfung: Auf der Light + Building 2016
×Light + Building zeigt vielfältige Lichtlösungen und Trends
Wo nun welches Licht mit welcher Steuerung Sinn macht, erfahren die Fachbesucher auf der Light + Building. Eine Vielfalt an Vorträgen und Veranstaltungen rund um Beleuchtung und Gebäudetechnik geben Einblicke in die aktuellen Trends. Wie die Gratwanderung zwischen kreativen Lichtlösungen und energieeffizienten Projekten funktioniert, zeigen auch die Aussteller mit ihren Produktinnovationen. Die Energieeffizienz steht einer kreativen Lichtlösung nicht im Wege. Denn durch die Reduzierung des Energieverbrauchs durch die LED-Technologie hat sich die Energiebilanz der Beleuchtung extrem positiv verändert.
Human Centric Lighting: Der Mensch im Mittelpunkt
In Zeiten, in denen die meisten Menschen einen Großteil des Tages in geschlossenen Räumen verbringen, steht die Beleuchtungsindustrie vor der Herausforderung, Lichtlösungen zu entwickeln, die neben reinen Sehaufgaben und Energieeffizienz noch eine dritte Dimension einbeziehen: Den Menschen und seine biologischen Lichtbedürfnisse. Dieser Ansatz - Human Centric Lighting - umfasst Beleuchtungslösungen, die dem natürlichen Tageslichtverlauf und dem biologischen Rhythmus des Menschen nachempfunden sind. Sie regulieren den Tag-Nacht-Rhythmus, bestimmen die Ausschüttung verschiedener Hormone und wirken sich direkt auf die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, auf die Stimmung und die körperliche Genesung aus.
2002 wurde im Auge ein dritter Fotorezeptor entdeckt: Bis dahin waren nur zwei Sorten von Rezeptoren bekannt. Zapfen für das Farbsehen und lichtempfindlichere Stäbchen, die das Sehen bei geringer Beleuchtungsstärke ermöglichen. Beim dritten Fotorezeptor handelt es sich um spezielle Ganglienzellen in der Netzhaut des Auges, die nicht dem Sehen dienen. Sie enthalten das lichtempfindliche Pigment Melanopsin und reagieren sensibel auf Blauanteile im Licht. Die Fotorezeptoren verfügen über einen direkten Draht ins Gehirn: Über den retino-hypothalamischen Trakt sind die Ganglienzellen mit der sogenannten Master Clock – dem suprachiasmatischen Nucleus (SNC) –, die wie ein Dirigent die vielen inneren Uhren des Körpers koordiniert, mit der hormonproduzierenden Zirbeldrüse und dem Hypothalamus verbunden. Dieser ist das wichtigste Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems. Durch diese enge Verknüpfung wird deutlich, wie sehr der Mensch von Licht beeinflusst wird.
Human Centric Lighting spielt im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle
Human Centric Lighting spielt im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle
×Der circadiane Rhythmus
Human Centric Lighting umfasst die Entwicklung und Umsetzung von biologisch wirksamer Beleuchtung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Maßgeblicher Faktor dabei ist der sogenannte circadiane Rhythmus: Dieser richtet sich nach dem Tageslicht und sorgt für die Wach- und Schlafphasen des Menschen. Im Laufe eines Tages durchläuft der Körper vielfältige Phasen von Leistungshochs und -tiefs, von wechselnden Stimmungen und Bedürfnissen, die auf diverse Hormonausschüttungen zurückzuführen sind. Das Tageslicht ist dabei der „Taktgeber“.
Human Centric Lighting beschäftigt sich mit der Möglichkeit der „circadianen Beleuchtung“, einem Lichtkonzept, dass das Tageslicht weitestgehend imitiert. Dies ist eine komplexe Aufgabe, da das Tageslicht nicht allein durch Helligkeit bestimmt ist, sondern auch durch Dynamik, Verlauf und Lichtfarbe. Erst seit einigen Jahren ist es technologisch möglich, eine biologisch wirksame Beleuchtung in Innenräumen umzusetzen. Verschiedene Studien belegen die Wirksamkeit: In Büros sind Mitarbeiter leistungsfähiger und konzentrierter, das allgemeine Wohlbefinden und die Motivation steigen. In Schulen kann die Konzentration von Schülern durch Beleuchtung gestärkt werden, in Kliniken können Ängste abgebaut und die Genesung gefördert werden, Pflegeheime verzeichnen einen Anstieg der Konzentration bei Demenzkranken und einen verbesserten Tag-Nacht-Rhythmus.
Human Centric Lighting im Gesundheitswesen
Die Beleuchtung in Kliniken muss vielfältigen Ansprüchen genügen: Bei medizinischen Untersuchungen wird eine Beleuchtungsstärke von rund 1000 Lux empfohlen, im Patientenzimmer genügen rund 100 Lux. Im Operationssaal sind Beleuchtungsstärken von 2000 Lux erforderlich, wobei minimalinvasive Eingriffe wiederum bei geringeren Beleuchtungsstärken durchgeführt werden, damit die Kontraste auf dem Monitor besser sichtbar sind. Diese Werte beziehen sich auf rein funktionale Sehaufgaben, die für den Klinikbetrieb unabdingbar sind. Human Centric Lighting verfolgt den Beleuchtungsansatz über diese Sehaufgaben hinaus.
So kann das mangelnde Tageslicht bei bettlägerigen Patienten beispielsweise zu einer Verschiebung des Tag-Nacht-Rhythmus führen. Mit einer biologisch wirksamen Beleuchtung werden die Folgen wie Schlaflosigkeit oder nächtliche Unruhe oft verhindert. Bei ärztlichen Untersuchungen wirkt warmtoniges Licht beruhigend, sodass Ängste allein durch die Lichtstimmung gemildert werden und die sterile Krankenhausatmosphäre in den Hintergrund rückt. Nicht nur für die Patienten, auch für das Krankenhauspersonal kann Human Centric Lighting für mehr Wohlbefinden am Arbeitsplatz sorgen. Besonders im Nachtdienst arbeitendes Pflegepersonal profitiert von hohen Lichtintensitäten, die die Melatoninproduktion hemmen und somit für mehr Wachheit und Konzentration sorgen.
Büroarbeitsplätze mit abgestimmter Beleuchtung steigern die Konzentration und Leistungsfähigkeit
Büroarbeitsplätze mit abgestimmter Beleuchtung steigern die Konzentration und Leistungsfähigkeit
×Human Centric Lighting in Bürogebäuden
Ähnliches, wenn auch mit anderen Anforderungen, gilt für Büroarbeitsplätze. Studien zeigen, dass Mitarbeiter sich mit einer biologisch wirksamen Beleuchtung wohler und konzentrierter fühlen. Die Aufgabe von Human Centric Lighting ist es, das natürliche Tageslicht in Innenräumen möglichst genau zu imitieren. Da die meisten Bürogebäude Zugang zu Tageslicht haben, gilt es, dieses über Sensoren zu ermitteln und Kunstlicht gezielt und zum Rhythmus passend zuzuschalten. Dabei geht es nicht nur um die Helligkeit, ebenso die Lichtfarbe, die sich im Laufe des Tages von kalt zu warm verändert, gilt es zu reproduzieren und auch die Lichtverteilung spielt eine große Rolle, wenn Licht biologisch wirksam sein soll. Hier kommen erneut die dritten Fotorezeptoren ins Spiel: Da diese im unteren Bereich der Netzhaut angesiedelt sind, sollte das Licht möglichst flächig von oben und von vorne einfallen, analog zu einem hellen Tageslichthimmel. Für Büroräume bedeutet dies, dass Wände oder Decken flächig beleuchtet werden sollten. Neben der biologischen Wirkung verbessert diese Art der indirekten Beleuchtung auch die räumliche Wahrnehmung und wirkt im Allgemeinen für den Menschen angenehmer als direkt gerichtetes Licht.
Zukunftspotenzial biologisch wirksamer Beleuchtung
Angesichts der Tatsache, dass biologische und psychologische Erkenntnisse mit technischem Fortschritt Hand in Hand gehen, kommt dem Bereich Human Centric Lighting in der Zukunft immer mehr Bedeutung zu. Biologisch wirksame Beleuchtung kann die Kommunikation verbessern, die Konzentration fördern und die Genesung unterstützen. Sie steigert das Wohlbefinden, welches wiederum Kreativität, Leistungsfähigkeit und sogar Konsumfreude fördert. Eine auf den Menschen und seine biologischen Bedürfnisse abgestimmte Beleuchtung ist also zweifellos ein Zukunftsthema, an dessen Anfang wir uns erst befinden.
Light + Building stellt Lösungen für Human Centric Lighting vor
Nationale und internationale Hersteller zeigen ihre Innovationen rund um Human Centric Lighting und dessen Anwendung in den verschiedensten Alltagsbereichen. So gibt es heute beispielsweise Leuchten, die sowohl mit warmweißen (3000 K) als auch kaltweißen (6500 K) LEDs ausgestattet sind. Dieser Aufbau ermöglicht eine individuelle Wahl der Farbmischung in Kombination mit Weiß/Weiß-Steuerungen. Durch die Veränderung der Lichtintensität und Lichtfarbe kann der Tagesverlauf nachempfunden werden. Die LED-Technik und digitale Steuerung haben dies überhaupt erst ermöglicht. Neben Produktlösungen der Aussteller rückt die Light + Building auch im Rahmenprogramm Human Centric Lighting in den Fokus. Referenten informieren in Vorträgen über die neuesten Entwicklungen, berichten über Best-Practise-Beispiele und geben Informationen, wie Licht auf den Menschen wirkt. Auch die Sonderschau Digital Building zeigt, wie im Büro Human Centric Lighting eingesetzt und in die Gebäudetechnik integriert werden kann.
Moderne Leuchten und Beleuchtungssysteme im Zeitalter von HCL – auch auf der Light + Building ein Thema
Moderne Leuchten und Beleuchtungssysteme im Zeitalter von HCL – auch auf der Light + Building ein Thema
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