Neues aus dem Greenhouse
Text von Line Numme
Zürich, Schweiz
05.03.09
Ausgesuchte Neuheiten von der Stockholm Furniture Fair 2009, Part II
Man merkt, dass sich die Designer und Designstudenten, der ihnen oftmals gebührenden Aufmerksamkeit bewusst sind – die Präsentationen werden immer professioneller, die Pressemappen sind im grossem Stil vorbereitet, und fragt man einen Aussteller nach einer Erklärung, bekommt man wie aus der Pistole geschossen zwei knackige Sätze, die fast druckreif das Ausstellungsobjekt beschreiben. Als involviertes Medium wollen wir uns über diese Tatkraft natürlich nicht beschweren. Schliesslich wird ein entsprechend professioneller, inszenierter Auftritt ja fast zwingend, zumal die Ausstellungen an sich schon oft von namhaften Designern und Architekten gestaltet werden. Trotz allem hemmt die Perfektion, mit der die Stände mancher Jungdesigner ausgestattet sind, mitunter das Erlebnis, etwas wahrhaft Neues, Unverbrauchtes und Mutiges entdecken zu können. Man würde sich manchmal wünschen, dass die Designer eher ihre Arbeitsweise, ihren professionellen Hintergrund und nicht ein fertiges, produktionsreifes Produkt den Herstellern präsentieren würden – dies nicht zuletzt, um den Kompetenzbereich des Designers zu unterstreichen.
Im Stockholmer Greenhouse war die Stimmung vergleichbar unkonventionell und lebendig. Dies war insbesondere der sehr zurückhaltenden Ausstellungsarchitektur zu verdanken. Das räumliche Konzept, gestaltet von den schwedischen Architekten TAF, sah keine voneinander abgetrennte Präsentationskabinen á la Salone Satellite vor, sondern bot eine offene Struktur, die das Greenhouse zu einer inspirierenden Gesamtpräsentation internationaler, vor allem aber skandinavischer Designer, machte.
Den undre gränsen und Upplysningen von Apocalypse, Schweden
Der Bodenbelag, eine Art modernes Gummiparkett, wurde vom klassischen Fischgratmuster inspiriert. Der Werkstoff ist zu 95% aus recykliertem Material hergestellt. Alte Gummireifen werden in kleine Stücke geschnitten und dann von Textilfasern und Metallteilen befreit und pulverisiert. Dieses Pulver wird dann mit wiederverwertetem Kunststoff aus alten Verpackungen vermischt und mit einem patentierten Molekül zusammen wieder eingeschmolzen und zu Riemen verarbeitet.
Die Leuchten bestehen nicht aus geschliffenen zentraleuropäischen Kristallen sondern wurden in Malmö aus kristallin geordneten Mineralsalzen herangezüchtet. Mit kristallisierbaren organischen Verbindungen und Mineralsalzen kann man die phantastischsten Kristallstrukturen erwachsen lassen. Zudem sind sie auch wieder biologisch abbaubar. Die Leuchten, an feinen transparenten Fäden aufgehängt, scheinen im Raum zu schweben und haben etwas überaus mysthisches an sich.
Apocalypse hat es sich zur Aufgabe gemacht Design mit Nachhaltigkeit zu verbinden und entwickeln in ihrem Designlabor in Malmö mit Hilfe von Chemie und Technik spannende Produkte, die andere Blickwinkel und eine veränderte Auffassung von Dingen provozieren.
Switch von Veronica Eklund, Schweden
Veronica Eklund arbeitet gerne mit allgemein bekannten Standardprodukten, deren Ursprung erkennbar ist. Sie geht dann einen Schritt weiter, indem sie altbekanntes mit etwas persönlich zurechtgeschnittenem kombiniert. 'Switch' bezeichnet den Tisch, aus dem ein Stuhl werden kann oder umgekehrt. Die Holzlatten in Standardgrössen können in der Länge einfach angepasstwerden.
Diagona, Risti and Trapezoid von Sathoshi Yoshida, Finnland
Die Serie aus drei Teilen passt perfekt zusammen und scheint die Verkörperung schwedischen Designs zu sein, obwohl der Designer ursprünglich aus Japan kommt. Tisch und Stuhl sind aus massivem Birkenholz und Birkenfurnier gefertigt. Der hölzerne Kreuzrahmen des Stuhls bildet eine starke und zugleich leichte Konstruktion aus wenig Material. Die Stapelung der Beistelltische ist eine Anlehnung an die Art wie Einkaufswagen ineinandergeschoben werden. Der einfache aber gleichzeitig charakteristische Lampenschirm gibt einem das Gefühl von Bewegung innerhalb des Raums.
Crutch und Phasmatodea von Nicola from Bern, Schweiz
Nicola Enrico Stäubli untersucht eine neue Art von Anpassung: Weil unsere Kenntnisse der Kundenbedürfnisse immer beschränkt sein werden, richtet sein Design sein Augenmerk auf grösstmögliche Flexibilität. Der Kunde übernimmt ein Stück weit die Rolle des Co-Designers.
Die Crutch Tischbeine können mit beliebigen Tischplatten kombiniert werden. Die Metallbeine werden über die Kanten einer Tischplatte gespannt und mit einem Spanngurt fixiert. Anders als bei konventionellen Tischgestellen wird ein einheitliches Aussehen kreiert.
Diese neue Art von Kleiderbügel an einem konventionellen Handtuchhalter befestigt. Einmal umgedreht, wird daraus ein Kleiderhaken. Diese Doppelfunktion gewährleistet einen flexiblen Gebrauch des Objektes.
Re-cover und Acoustic Panel von Fredrik Färg, Sweden
Re-cover – Kostümanfertigungen für alte Stühle. Das Projekt wurde von klassischer Herrenbekleidung inspiriert. Die Rückenlehnen von alten Stühlen werden entfernt und durch eine neue Textilstruktur aus Polyesterfilz ersetzt. Der Stuhl wird mit dem polyestergestärkten Filz in einem großen Ofen getrocknet, wodurch das Material gehärtet wird. Durch diese innovative Technik fühlt sich der Filz weiterhin weich an und wird darüber hinaus zu einer Stützstruktur.
Butler und Flow von Berg & Bleken, Norwegen
Die Stehleuchte Flow wirkt durch seine wie umgekehrte Form sehr ungewöhnlich und erzeugt mit seiner nach unten gerichteten Leuchtkraft ein ebenso ungewöhnliches indirektes Licht, das sich auf dem Boden ausbreitet. So klar hingegen ist die Formenprache des Butlers - das lineare Gebilde macht klar, wofür es gedacht ist und ist zugleich ein starkes, schönes Objekt.
Crate shelf von Martin Born, Finnland
Das Crate Shelf ist ein Regalsystem, das frei im Raum stehen und in alle Richtungen erweitert werden kann. Mit seinen verschiedenen Farbgebungen und Elementgrössen bietet es zahlreiche Möglichkeiten in der architektonischen Gestaltung von Innenräumen.
Bau shelves von Jan-Philipp Wittrin POG, Deutschland
POG ist ein interdisziplinäres Team von Designern und Künstlern aus Berlin, dessen Konzept es ist, „banale Randprodukte, sogenannte Non-Designs“ aufzugreifen und sie als Basis hochwertiger Qualitätsprodukte zu benutzen. Für die Bau shelves wurden industriell gefertigte Schilderklemmen als Verbindungselement zwischen den Stützen und den aus Aluminimblech gefalteten Regalböden und Winkeln gewählt. Mit wenigen Handgriffen kann das Bau Shelf so montiert und die Höhe der einzelnen Böden verstellt werden.
Tubu von Mario Guidarelli, Skala Design, Dänemark
Zwei Schalenteile, werden mit einem Reissverschluss zusammengefügt und lassen einen bequemen Sessel entstehen. Eine raffinierte Idee wie aus wenig Material ein schönes Volumen formbar ist.
Shellamp und Friendly Office Lamp von Jarl Fernaeus, Schweden
Shellamp and Friendly Office Lamp von Jarl Fernaeus
Shellamp and Friendly Office Lamp von Jarl Fernaeus
×Form, Ausdruck und Konstruktion waren die zentralen Aspekte dieser Entwürfe. Freundliche Formen und entsprechende Farben, die sind das was sie zu sein scheinen und sich gut in bestehende Einrichtungen integrieren lassen.
Odd Family von Jonas Wagell, Schweden
Eine Reihe von Lampen, Schalen und Vasen in ungewohnten Kombinationen. Die Produkte bekommen durch das Zusammenspiel aus einfachen Formen und Materialien wie Birke, Keramik und Aluminium einen ausdrucksstarken Charakter.
The White Tower von Worapong Manupipatpong, Konstfack, Schweden
The White Tower von Worapong Manupipatpong, Konstfack
The White Tower von Worapong Manupipatpong, Konstfack
×Gartenmöbel – das war das Thema der Stockholmer Konstfack für die diesjährige Ausstellung im Greenhouse. Der Beitrag des thailändischen Designers Worapong Manupipatpong, ein hölzernes Gartenhaus, ist von seinen Dimensionen her, zwischen Architektur und Möbeldesign anzusiedeln. „Ich sehe dieses Gartenmöbel als eine Schnittstelle von häuslichen, also artifiziellen Räumen und Aussenräumen, also der Natur“, so der Designer. Aus dieser Überlegung entstand der White Tower, ein Hybrid aus einer überdachten Gartenbank und einem Hochsitz.