Eine neue Version ist verfügbar
Text von MY KILOS
Berlin, Deutschland
16.01.15
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Bei MY KILOS versteht man das Gestalten zuerst als die Formulierung eines Anspruchs. Und das Beispiel des Berliner Designlabels zeigt, dass es nicht die schlechteste Idee ist, die eigenen Bedürfnisse zur Arbeitsgrundlage zu machen.
Egon Eiermann - Tischgestell. Foto: saai | Südwestdeut- sches Archiv für Architektur und Ingenieurbau Karlsruhe, Werkarchiv Egon Eiermann
Egon Eiermann - Tischgestell. Foto: saai | Südwestdeut- sches Archiv für Architektur und Ingenieurbau Karlsruhe, Werkarchiv Egon Eiermann
×Am Anfang war das Eiermann-Tischgestell, an dem sich Philipp Schöpfer und Daniel Klapsing während ihres Studiums an der Weimarer Bauhaus-Universität jeden Tag aufs Neue die Schienbeine stießen. Schmerzfreiheit – kein übermäßig hoher Anspruch an einen Tisch. Also entwarfen sie den Easy Table, dessen schräg nach unten verlaufendes Gestell mehr Bewegungsfreiheit bietet. Gleichzeitig ist der Tisch genauso leicht, praktisch und dabei so einfach zu produzieren wie sein Vorbild und damit eine echte Alternative zum Designklassiker.
Die meisten der allesamt in Europa (und dort zumeist in Deutschland) gefertigten Möbel und Accessoires von MY KILOS werden aus natürlich alternden Materialien wie z.B. naturbelassenem Holz, rohem Kupfer oder Stein hergestellt. Dabei sprechen sie eine ausgesprochen klare und aufgeräumte visuelle Sprache und funktionieren in Privatwohnungen ebenso gut wie in Büros. Im Vordergrund stehen immer Funktionalität und Nachhaltigkeit. Doch gerade Stahl, mit dem das Designteam oft arbeitet, steht nicht gerade im Ruf, besonders wirtschaftlich oder umweltfreundlich zu sein. „Ein Mißverständnis“, sagt Philipp Schöpfer. „Die wenigsten wissen, dass Stahl zu 99 Prozent recycelt wird.“
Der Gestaltungsansatz des aus dem Designkollektiv „My Bauhaus is better than yours“ hervorgegangenen Labels lässt sich am besten unter dem Begriff „Redesign“ fassen. Oder zeitgemäß formuliert: Eine neue Version ist verfügbar. Denn viele der Entwürfe basieren auf konkreten Vorbildern: Der Busy Table etwa ist von Jean Prouvés EM Table aus dem Jahr 1950 inspiriert, der Stuhl Chair #3 von Jasper Morissons Ply Chair. „Alles, was gut ist, behalten wir bei“, sagt Daniel Klapsing über diese im Grunde konservative Haltung. „Alles andere aktualisieren wir“. Respekt vor den Vorvätern? Absolut. Lähmende Ehrfurcht? Auf keinen Fall.
Ausgerechnet das durch sein Alleinstellungsmerkmal bemerkenswerteste MY KILOS-Produkt basiert aber nicht auf einem Klassiker der Designgeschichte, sondern auf einem aus der Industrie bekannten Standard, der per Kontextverschiebung zu unerwarteter neuer Anwendung kommt.
Hang Jack, die hängende Mehrfachsteckdosenleiste stellt eine bis dato unhinterfragte Praxis geradezu auf den Kopf: das Verstecken der Kabel von Lampen, Computern oder Netzteilen – etwas, das in Zeiten von Co-Working-Spaces, offenen Büros und fluider Arbeitsverhältnisse immer aufwendiger und damit weniger praktikabel erscheint.
„Und doch erscheinen Kabel immer als etwas Peinliches, das man aber leider braucht“, so Klapsing. Hang Jack hingegen stellt sie geradezu aus. Er kann über Arbeitsplätzen, aber auch über Küchenzeilen oder Esstischen von der Decke hängen und bietet Platz für bis zu 14 Geräte. Mit dem entsprechenden Zubehör wird er zur Lichtquelle, auch eine Ausstattung mit LAN- oder USB-Modulen ist möglich. Eine neue Version der Steckdosenleiste. Ohne Kabelsalat, ohne kompliziertes und teures Verlegen von Kabelkanälen im Fußboden, dafür mit mehr Flexibilität für alle. Gut möglich, dass Hang Jack irgendwann zum Designklassiker wird.