Everland
Text von NoéMie Schwaller
Zürich, Schweiz
01.10.08
Wenn Künstler Hotelzimmer bauen, dann liegt ihr Augenmerk an einem ganz anderen Ort, ihre Neugierde, ihre Visionen, Ansprüche und ihre Umsetzung sind anders bedingt als bei Architekten.
Wenn Künstler Hotelzimmer bauen, dann liegt ihr Augenmerk an einem ganz anderen Ort, ihre Neugierde, ihre Visionen, Ansprüche und ihre Umsetzung sind anders bedingt als bei Architekten. Die Stimmigkeit des Ganzen (die Priorität der Kunst) ist dabei von zentraler Bedeutung. Es gibt daher auch keine Befürchtungen, dass den Gästen möglicherweise zu viel zugemutet werden könnte.
Das Schweizer Künstlerpaar L/B (Sabina Lang und Daniel Baumann) hat für die Schweizerische Landesausstellung Expo.02 das Hotel Everland geschaffen. In detailverliebter Handarbeit erstellt, bietet das Hotel ein einmaliges Erlebnis, verbunden mit einem gehobenen Service. L/B versuchen in ihrem Werk Kunst und Alltag so nahe wie möglich zusammen zu führen. Letzten Endes ist es die künstlerische Strategie, welche den Unterschied ausmacht.
Obschon sicherheitstechnische Auflagen vorgegeben sind, die es zu erfüllen gibt, ist das künstlerische Hotelzimmer etwas, was fern vom Alltag zu situieren ist und möglicherweise im Verband von mehreren Zimmern gar nicht funktionieren würde. Im Gegensatz zu modernistischen Utopien haben sie jedoch den Anspruch aufgegeben, eine Einheit zwischen beiden anzustreben: «Kunst kann nie wirklich Alltag sein. Das käme einer Quadratur des Kreises gleich! Das hindert uns aber nicht daran, es trotzdem zu versuchen. Wir hatten schon immer den Anspruch Grenzen zu überschreiten.»
Das Hotel Everland ist bis zu den Fenstergriffen durchgestaltet, alle Elemente sind aufeinander abgestimmt und ergeben eine Art künstlerische Fiktion. Diese steht für die beiden auch im Mittelpunkt ihres Projektes: «Ein Einzimmerhotel ist auf ökonomischer Ebene eine absurde Idee. Die Gäste sollen daher auch merken, dass hier von A bis Z eine Art Wunsch-Hotelzimmer realisiert wurde. Unser Anspruch war ein total integrales Teil zu erstellen in dem es – nach unserem Empfinden – an nichts fehlt, was das Herz begehrt. Jedes Detail wurde von uns mit der gleichen Wichtigkeit behandelt und gestaltet. Das Ganze ist ein sehr subjektives Statement, von dem wir hoffen, dass wir andere erfreuen, begeistern oder vielleicht auch zum Träumen anregen können.»
Ursprünglich in Yverdon erbaut, wurde der mobile Pavillon nach der Schliessung der Expo.02 auf dem Dach der Galerie für zeitgenössische Kunst in Leipzig placiert, bevor er den aktuellen Standort auf dem Palais de Tokyo in Paris erhielt. Everland ist wie alle anderen ausgestellten Kunstwerke im Palais de Tokyo für Besucher ausser montags täglich offen und begehbar, ab 18h jedoch gilt der Eintritt nur noch für die Hotelgäste.
Ein Ausflug ins Everland ist nur noch bis im Frühjahr 2009 möglich. Jeden Tag zu einer nicht definierten Zeit wird ein neuer Raum für Reservationen freigegeben, welche ausschliesslich online gebucht werden können. Die Preise pro Person und Nacht betragen 333 Euro von Dienstag bis Donnerstag und 444 Euro von Freitag bis Samstag. Um die Aussergewöhnlichkeit dieses Projekts zu bewahren, kann jeweils nur eine Nacht gebucht werden.