Zu deutsch Fahrgestell: einen passenderen Namen hätte Stefan Diez für den Mehrzweckstuhl, den er in dreijähriger Entwicklungsarbeit für den deutschen Büromöbelhersteller Wilkhahn entwarf, nicht finden können.

«Chassis» – zu deutsch Fahrgestell: einen passenderen Namen hätte Stefan Diez für den Mehrzweckstuhl, den er in dreijähriger Entwicklungsarbeit für den deutschen Büromöbelhersteller Wilkhahn entwarf, nicht finden können. Zurückhaltend aber sehr deutlich beschreibt der Stuhl seine produktionstechnische Herkunft – die Automobilindustrie. «Chassis» ist schnell, dynamisch und trotzdem solide.

Chassis von Stefan Diez für Wilkhahn

Chassis | Aktuelles

Chassis von Stefan Diez für Wilkhahn

×

Sein Gestell entstand nicht, wie man es erahnen könnte, durch den in der Möbelindustrie häufig angewandten Aluminiumdruckguss, sondern wurde wie beim Karosseriebau aus Stahlblech tiefgezogen. Das verformte Blech ist nicht nur verhältnismässig flexibel, sondern erklärt mit einer Materialstärke von gerade mal einem Millimeter die unerwartete Leichtigkeit des Gestellgewichts von nur 2600 Gramm und einem Stuhlgesamtgewicht von etwa vier Kilogramm.

Die Beine sind aus einem im unteren Teil leicht gewalzten Rohrmaterial gefertigt, das im oberen Teil eine Anschlussstelle zum Sitzgestell durch Hydroforming bildet – einem Verfahren, bei dem das Metallrohr mit Hilfe von hohem Wasserdruck von innen verformt wird. Die Hinterbeine schliessen erst auf Höhe der Rückenlehne schräg an den Rahmen an, was auf eine effizientere Druckverteilung schliessen lässt und dem Stuhl zusätzlich Dynamik und Flexibilität verleiht. Das als Sitzschale vorgesehene Kernleder wird an das Gestell angepasst und ganz im Sinn des Gesamtkonzepts nur so viel wie nötig verformt. Ein willkommener Nebeneffekt ist, dass der Stuhl aus nur zwei Materialien besteht, und diese zu 100% rezyklierbar sind.

Stefan Diez in seinem Atelier

Chassis | Aktuelles

Stefan Diez in seinem Atelier

×

Der Münchener Stefan Diez und sein Team haben es geschafft, hohes handwerkliches Verständnis mit neuartigen Fabrikationstechniken zu vereinen, ohne dem Produkt den High-Tech-Stempel aufsetzen zu wollen. Wie die meisten von Stefan Diez´Objekten überzeugt auch der Wilkhahn Stuhl durch seine absolute Selbstverständlichkeit. Jedes Detail ist nachvollziehbar und erscheint vollkommen logisch – dieser puren formalen Stimmigkeit wird auch die Vokabel «Luxus» nicht mehr gerecht, denn «Chassis» ist weitaus mehr als das.

Noch befindet sich «Chassis» in der Prototypenphase. Für Wilkhahn steht allerdings schon jetzt fest, dass «Chassis» so bald wie möglich zur Serienproduktion geführt werden muss. Nach der überaus positiven Resonanz auf der diesjährigen Orgatec, hat sich nun auch das Risiko geschmälert, das durch die kostenaufwendige Anfertigung der Werkzeuge entsteht. Die erste Serie Chassis wird voraussichtlich 2010 vom Fliessband laufen.