Zum dritten Mal präsentieren während der Art Basel im Rahmen der 'Design Miami' internationale Design- und Kunstgalerien begehrte Designklassiker und – exklusivitäten.

Zum dritten Mal präsentieren während der Art Basel im Rahmen der 'Design Miami' internationale Design- und Kunstgalerien begehrte Designklassiker und – exklusivitäten.

Cetacea von Ross Lovegrove, Edition von drei Exemplaren, Albion Gallery, London

Design Miami/Basel | Aktuelles

Cetacea von Ross Lovegrove, Edition von drei Exemplaren, Albion Gallery, London

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Im Vergleich zu den vergangenen Jahren war diesmal ein besonders starker Zuwachs an limitierten Auflagen zeitgenössischer Kreationen zu bemerken. Denn was sich seit Jahren andeutete, ist heute nicht mehr weg zu diskutieren: Design hat nach und nach den Eintritt in den Kunstmarkt vollzogen, und kein anderes Thema beschäftigt die Fachpresse mehr als diese folgenreiche Entwicklung.
Mittlerweile gibt es kaum einen etablierten Designer, dessen Objekte nicht in Galerien oder Auktionshäusern gehandelt werden:

Archiduchaise von Xavier Lust, Edition von 18 Exemplaren, Carpenters Workshop Gallery, London

Design Miami/Basel | Aktuelles

Archiduchaise von Xavier Lust, Edition von 18 Exemplaren, Carpenters Workshop Gallery, London

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Archiduchaise ist eine poetische Kreation des belgischen Aluminium-Spezialisten Xavier Lust, der bereits mit seinen gewieften Entwürfen für MDF Italia Aufsehen erregte. Elegant wie ein barocker Reifrock erstreckt sich der Unterbau des Freischwingers weit über die Sitzfläche hinaus und kreiert die figurative Erscheinung dieser Skulptur.

Tom Dixons Liege besteht aus einer in sich verwobenen, offenbar vorübergehend erhitzten Polyethylenstange, die sich netzartig über einen Form gebenden Körper legt. Ein Einzelstück, dessen grösste Herausforderung sicherlich in der handwerklichen Umsetzung liegt.

Unbetitelte Chaise Longue von Tom Dixon, Einzelstück, Kenny Schachter ROVE Gallery, London

Design Miami/Basel | Aktuelles

Unbetitelte Chaise Longue von Tom Dixon, Einzelstück, Kenny Schachter ROVE Gallery, London

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‚Designer of the Future’ ist ein Stipendium, das jungen Designern ermöglicht, ein Projekt zu verwirklichen und es während der Design Miami auszustellen. Dabei müssen gewisse Vorgaben eingehalten werden – im diesjährigen Programm die Materialien Beton und Wolle.
Julia Lohmann, eine der vier Stipendiaten, liess sich von der starren und brüchigen Materialität von Beton zu ihren Entwürfen anregen und fand in gesprungenen Grabsteinen und Bodenplatten Inspiration. „Gebrochener Beton steht für Desaster, für Krieg, Naturgewalt und Zerstörung. Indem ich das Material zeitweise diesen Kräften aussetze, verleihe ich ihm neue Qualitäten und Gestaltungspotenzial“, so die deutsche Designerin.
Weitere Stipendiaten sind der britische Max Lamb, der mit einer Reihe von rotationsgeformten Hockern überzeugte, Martino Gamper – der in London lebende Italiener präsentierte eine Serie von Terrazzotischen – und das Designerduo Clemens Weisshaar & Reed Kram. Ihr Installation ‚Vendôme’ ist das Ergebnis einer Gestaltungssoftware, die innerhalb eines Rahmenwerks eine unendliche Anzahl von Formvorschlägen generiert. Sie besteht aus Betonkörpern deren Geometrie sich aus Vektoren, die hier als Wollfäden zwischen Decke und Boden gespannt wurden, zusammensetzt.

Gebrochener Betontisch und -bank von Julia Lohmann

Design Miami/Basel | Aktuelles

Gebrochener Betontisch und -bank von Julia Lohmann

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Was auf den ersten Blick als ein spannendes Sammelsurium gestalterischer Experimente verstanden werden könnte, bekommt bei näherer Betrachtung einen seltsamen Beigeschmack.
Design ist traditionell und per Definition Gestaltung für die Massenproduktion. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, der Design vom Kunsthandwerk unterscheidet. Die serielle bzw. industrielle Fertigung eines Produkts ist das Ziel des Designers, auch wenn er dies über experimentelle Umwege zu erreichen versucht. Sollten die Ergebnisse solch einer experimentellen Auseinandersetzung, Prototypen oder Formstudien für Designliebhaber ein Grund sein, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, mag man dies verstehen. Eine künstlich herbeigeführte Verknappung durch so genannte limitierte Auflagen von eigentlich serienreifen Produkten, erweckt jedoch den Anschein, dass hier schlicht und ergreifend der Name des Designers vermarktet und eine neue Art der Geldanlage geschaffen wird – durchaus nachvollziehbar, seit in Fachkreisen Design als Investition mit ausserordentlich attraktiver Rendite gehandelt wird. Ein umso schlauerer Schritt der HSBC Private Bank diesen Trend zu erkennen und als Hauptsponsor der Design Miami aufzutreten.

Vendôme von Clemens Weisshaar & Reed Kram

Design Miami/Basel | Aktuelles

Vendôme von Clemens Weisshaar & Reed Kram

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Für den Designer hingegen eröffnet sich durch diese zwiespältige Entwicklung natürlich die Möglichkeit, in die Vermarktung seiner Prototypen einzusteigen und von der plötzlichen Wertschätzung seiner Experimente direkt zu profitieren. Ohne die Kosten-Nutzen-Rechnung eines Herstellers im Nacken zu arbeiten und dafür auch noch vergütet zu werden, ist für viele Designer eine Chance, aussergewöhnliche, vielleicht sogar utopische Ideen umzusetzen. Bleibt zu hoffen, dass diese Freiheit von produktionsspezifischen Einschränkungen zukunftsweisende Innovationen mit sich bringt.