"...mit dem Qualitätsanspruch unserer Grosseltern"
Text von Nora Schmidt
Berlin, Deutschland
06.05.10
"Cecilie ist genau wie ihre Möbel", sagte mir ein befreundeter Designer, als ich ihm von meinem kommenden Interview mit der Kopenhagener Designerin erzählte. Und in der Tat, Cecilie Manz verbreitet eine ähnliche Ruhe und Gelassenheit wie ihre reduzierten und schnörkellosen Arbeiten.
"Cecilie ist genau wie ihre Möbel", sagte mir ein befreundeter Designer, als ich ihm von meinem kommenden Interview mit der Kopenhagener Designerin erzählte. Und in der Tat, Cecilie Manz verbreitet eine ähnliche Ruhe und Gelassenheit wie ihre reduzierten und schnörkellosen Arbeiten. Während der Möbelmesse in Stockholm im Februar trafen wir sie für dieses wertvolle Gespräch.
Wie erwartet zeigt uns die Messe einmal wieder eine große Zahl von Neuheiten. Es ist erstaunlich, in welch schnellem Rhythmus neue Produkte, die alle auf ihre Daseinsberechtigung bestehen, entwickelt und produziert werden. Wie lange arbeitest du an einem Objekt?
Ja, die Masse der Neuheiten ist unglaublich, aber wenn man sich mal auf einem Messestand aufgehalten hat, wird man merken, dass die Frage "Und was für Neuheiten zeigt ihr diese Jahr?" die Erste ist, die gestellt wird. Kein Wunder, dass die Hersteller unter Druck stehen.
Die Entwicklungszeit meiner Arbeiten hängt sehr von der Komplexität des Objekts ab. Aber ich kann sicher sagen, dass sie, egal um was für eine Art von Gegenstand es geht, nicht kürzer als ein Jahr ist. Ich schätze im Durchschnitt liegt sie zwischen einem und zwei-einhalb Jahren.
Du arbeitest allein. Bist du kein Teamworker?
Ich habe immer allein gearbeitet. Vielleicht weil ich nie den perfekten Partner gefunden habe, ich weiss es nicht. Im Moment ist meine Arbeitssituation perfekt: Ich habe eine Assistentin, die ich sehr schätze. Sie hinterfragt meine Entwürfe in wichtigen Punkten. Das letzte Wort habe aber immer ich.
Die Zahl der annehmbaren Aufträge ist dadurch aber begrenzt.
Das stimmt. Aber es würde mir schwer fallen, Aufträge anzunehmen, um die ich mich nicht angemessen kümmern kann. Ein Projekt kann mich sehr stark einnehmen und gerade das ist es, was ich an meiner Arbeit so mag. Ich kann diese intensive Auseinandersetzung nicht einfach an eine andere Person abgeben. In dem Sinn gefällt mir mein kleines, überschaubares Studio.
Du hast dein eigenes Studio seit fast 12 Jahren. Wie hat sich deine Arbeitsweise seit dem verändert?
Natürlich habe ich viele praktische Dinge gelernt. Viele Irrwege im Entwurfsprozess, die ich früher einschlug, kann ich heute natürlich ausklammern. Dadurch arbeite ich fokussierter – allerdings bin ich auch limitierter. Ansonsten arbeite ich noch immer auf sehr altmodische Weise: Ich zeichne viel mit Bleistift und Farben, baue kleine Modelle. Gott sei Dank kann ich gar nicht am Computer zeichnen...
Deine Entwürfe sind extrem reduziert. Siehst du deine Arbeiten im Kontext deiner Herkunft Dänemark?
Auf jeden Fall. Ich glaube unsere Herkunft liegt uns im Blut und unsere Kultur definiert uns. Wir im Norden tendieren zur Nüchternheit und das schlägt sich im klassischen dänischen Design nieder. Ich versuche meine Objekte auf das Wesentliche zu beschränken. Damit spiegeln meine Arbeiten mein Temperament sehr gut wider.
Bei aller Reduktion bist du als Designer Teil eines Systems, bei dem Verkaufszahlen ein entscheidender Bewertungsfaktor sind.
Dies ist mir sehr bewusst, aber ich möchte auf keinen Fall Dinge kreieren, deren Erscheinung und Konstruktion nicht der Funktion dienen. Viele Dinge werden produziert und gekauft, ohne dass sich je jemand Gedanken darüber gemacht hat. Es sollte immer einen direkten Grund geben, ein neues Produkt zu gestalten und zu produzieren. Dabei kann es um funktionelle Verbesserung gehen oder um Rationalisierung, beispielsweise von Material.
Ich nehme an, Du bist selbst entsprechend eingerichtet.
Ich achte sehr auf Qualität. Wenn etwas gut gestaltet und aus einem haltbaren Material gefertigt ist, ist es nachhaltig in einer sehr traditionellen Weise. Ich möchte die Gegenstände, die mich umgeben, möglichst lange behalten. Noch viel deutlicher wird es bei Kleidung. Hätte ich die Wahl zwischen 10 Blusen von H&M oder einer teuren aber hochwertigeren Bluse, würde ich mich immer für Letztere entscheiden. Es fühlt sich gut an, sich in einem Kleidungsstück zu bewegen, bei dem sich ein Mensch lange Gedanken über Schnitt und Material gemacht hat – man will es dann ganz automatisch behalten und behandelt es auch entsprechend sorgsam.
Ich glaube wir müssen uns als Konsument trotz der wahnsinnigen Auswahl, die uns der Markt bietet, wieder ein gewisses Qualitätsbewusstsein aneignen. Ich möchte nicht nostalgisch klingen, aber dies sind die Ansprüche, die unsere Eltern und Grosseltern noch besaßen.
Für die Weltwirtschaft wäre ein solches Konsumverhalten ein Desaster.
Ja, das könnte stimmen. Aber....egal. Es wäre trotzdem besser.
Wie glaubst du, kann man ein solches Bewusstsein verstärken?
Ich glaube, dass dies nur über Bildung funktioniert. Dabei ist aber eines wichtig: Es geht nicht um Geschmack. Es geht um Bewusstsein. Ich möchte niemandem seinen Geschmack streitig machen. Viel wichtiger ist, dass man reflektiert, warum man etwas mag oder nicht, dass man sich nicht gleichgültig verhält.
Natürlich kann sich nicht jeder leisten, einen Gio Ponti Stuhl zu kaufen aber trotzdem kann man bewusst konsumieren.
Vielen Dank für das Gespräch!