Nosigner
Text von Nora Schmidt
Berlin, Deutschland
03.01.08
Unter seinem Label Nosigner präsentierte der 26 jährige, der seinen wirklichen Namen nicht nennen möchte, seine poetischen Möbel- und Objektentwürfe.
"Soll ich Dir das beste Produkt der Messe zeigen. Ich hab es dabei." Mein Kollege zog die Visitenkarte eines japanischen Architekten aus der Hosentasche, drückte sie leicht zwischen zwei Fingern zusammen und stellte sie vor mir auf den Tisch. Klar wollten wir den Designer dieses winzigen Stücks Architektur treffen. Unter seinem Label Nosigner präsentierte der 26 jährige, der seinen wirklichen Namen nicht nennen möchte, seine poetischen Möbel- und Objektentwürfe auf der 100%Design. Er sollte sich als eines der Highlights der Ausstellung herausstellen.
Architonic: Du hast eigentlich Architektur studiert. Deine Lehrer waren einige von Japans bekanntesten Architekten. Warum entwirfst Du keine Architektur?
Nosigner: Meine Einstellung zur Architektur wurde besonders durch den Workshop "Arch TV", der von tokyoer Studenten und dem Japanischen Architektur Insititut organisiert wurde, geprägt. Toyo Ito, Kazuyo Sejima u.a. waren Gäste diese Workshops. Wir behandelten die Beziehung zwischen dem menschlichen Massstab und Architektur. Mir wurde klar, dass unser Körper das Zentrum jeder Gestaltung ist. Für mich ist alles, was sich ausserhalb des menschlichen Körpers befindet, Architektur. Und wenn Du nicht in der Lage bist, kleine Dinge wie einen Salzstreuer gut zu gestalten, wirst Du es nie schaffen, im grossen Masstab zu entwerfen.
Also ist Deine jetztige Arbeit eine Art Vorstufe?
Irgendwann werde ich sicher noch als Architekt im klassischen Sinn tätig sein.
Wird man in Japan auf irgendeine Art als Studienabgänger finanziell untestützt?
(lacht) Nein, eher nicht. Alles, was ich mit meinem Design verdiene, stecke ich in neue Entwürfe. Es geht null für null auf.
Momentan produzierst Du all Deine Entwürfe selbst.
Ich bin sehr froh, noch unabhängig arbeiten und entwerfen zu können. Im Moment bin ich Berater eines Möbelherstellers in Tokushima. Tokushima ist eine relativ kleine Stadt im Süden Japans. Die Stadt ist besonders bekannt für ihre Handwerksbetriebe. Wirtschaftlich geht es dieser Gegend sehr schlecht, weil Japan zu teuer ist und viele Hersteller in China produzieren.
Ich möchte die Stadt unterstützen. Ausserdem habe ich die Möglichkeit, eng mit sehr erfahrenen Handwerkern zu arbeiten.
Spielt die Herkunft eines Designers in einer zusammenwachsenden Welt wie der heutigen noch eine grosse Rolle?
Natürlich bin ich durch meine Herkunft geprägt. Es gibt sehr schöne japanische Traditionen, um die es schade wäre, gingen sie verloren. Mein Entwurf Sumi ist z.B. eine traditionelle Lunchbox aus der Region Tokushima. Sie ist mit alten Verarbeitungsmethoden umgesetzt worden. Heutzutage benutzt man solche Utensilien kaum noch. Ich möchte mit meinem Design die Menschen an diese Bräuche erinnern.
Was unterscheidet denn japanisches Design von europäischem?
Natürlich kann ich nur aus meiner Perspektive sprechen, aber so wie ich internationales Design erlebe, haben europäische Designer eine ganz andere Herangehensweise. Japanisches Design hat häufig einen Kern, eine tiefe Bedeutung, die fast wichtiger ist, als die Oberfläche.
(überlegt) Um mit einem Bild zu sprechen: Wenn Du einen Kreis darstellen möchtest, würde ein Europäer eine kreisförmige Linie zeichnen. Für Ihn sind die Linie und die Fläche, die sich innerhalb der Linie befindet, als die formgebende Grösse relevant. Ein Japaner hingegen würde einen Punkt machen und den Kreis rund um den Punkt ziehen. Der Kreis kann grösser oder kleiner sein, er hat aber immer den einen Mittelpunkt. Dieser Punkt ist das Herz, das Wesentliche, der von der Linie eingekreist wird. Durch diese Bedeutungsdichte ist japanisches Design mitunter schwer anpassbar.
Inwiefern wird diese Herangehensweise in Deinem Design deutlich?
Es ist wichtig für mich, mir bewusst zu sein, woher mein Design eigentlich kommt. Die Natur inspiriert mich mit ihrer Perfektion. Eigentlich sehe ich mich gar nicht als Designer. Schliesslich mache ich nichts anderes als naturgegebene Formen und Gesetze in meine Entwürfe umzusetzten. Alborism ist der Entwurf eines Tischs, der diesen Ansatz nachvollziehbar macht. Die Struktur der Tischbeine folgt dem fraktalen Algorithmus der die natürliche Verästelung von Bäumen bestimmt.
(überlegt) Vielleicht signiere ich meine Designs deshalb auch ungern mit meinem Namen, weil ich eigentlich von der Logik der Natur abgucke.
Baubiologue, 2004, zu einem der besten zwölf Diplomprojekte Japans gewählt
Baubiologue, 2004, zu einem der besten zwölf Diplomprojekte Japans gewählt
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