"Reduktion ist das Stichwort"
Text von Nora Schmidt
Berlin, Deutschland
28.08.09
Mittlerweile haben osko+deichman mit ihren reduzierten und minimalen Entwürfen das Interesse namhafter Hersteller gewonnen. Wir trafen die beiden in Ihrem Studio in Berlin.
Seit mehr als zehn Jahren arbeiten die beiden deutschen Designer Blasius Osko und Oliver Deichmann nun zusammen. Mit ihrem Sofa 'Pebble' machten sie auf dem Salone Satellite zum ersten mal international auf sich aufmerksam – das war 2005. Mittlerweile ist viel geschehen, 'Pebble' ist endlich in Produktion und osko+deichman haben mit ihren reduzierten und minimalen Entwürfen das Interesse namhafter Hersteller gewonnen. Wir trafen die beiden in Ihrem Studio in Berlin.
'Pebble' Sessel von osko+deichmann für Blå Station
'Pebble' Sessel von osko+deichmann für Blå Station
×Ihr habt Euch während des Studiums in Berlin kennengelernt und hattet bereits 1998 ein erstes Unternhemen gestartet. Wie kam es zu dieser frühen Zusammenarbeit?
Deichmann:Ja, alles begann eigentlich während eines integrativen Studiengangs, der damals in dieser Form zum letzten Mal stattfand. Wir haben da in einer Gruppe von 10 Studenten sehr intensiv gearbeitet. Wir haben uns entschlossen, uns bereits nach dem Vordiplom selbständig zu machen – die späten 90er Jahre suggerierten ja "alles ist möglich". Unter diesem Vorzeichen starteten wir dann die 'Wunschforscher'.
Osko: Zu Zeiten der New Economy war alles sehr dynamisch und man konnte mutig sein.
Im letzten Jahr kam eine Zusammenarbeit mit dem schwedischen Hersteller Blå Station zustande. Euer Sofa 'Pebble', das Ihr bereits 2005 auf dem Salone Satellite präsentiert habt, ist nun endlich in Produktion. Das gute Stück war ja eigentlich schon damals produktionsreif, warum lag es so lang in der Schublade?
Eigentlich lag es gar nicht so lang in der Schublade. Zumindest nicht in unserer, eher in der mehrerer Produzenten. Wir hatten eine tolle Resonanz auf das Sofa und viele namhafte Interessenten. Bei dem ersten Hersteller, dem wir zusagten, dauerte es uns einfach zu lange, der nächste zog sich dann doch wieder zurück – ich weiss gar nicht durch wieviel Hände 'Pebble' gegangen ist. Blå Station hat sich dann nach fast vier Jahren, nachdem sie das Sofa in Mailand gesehen haben, wieder gemeldet.
Hat sich denn in Eurer Arbeitsweise seit ihr die ein oder anderen Aufträge, auch von grösseren Firmen bekommt, etwas geändert? Spürt man den Erfolg im Designprozess?
Deichmann: Eigentlich nicht so sehr. Wir versuchen, unsere spielerische Herangehensweise so gut es geht beizubehalten. Ausserdem konnten wir unter Druck eigentlich schon immer gut arbeiten. Was man allerdings sagen muss, ist, dass sich vielleicht an der Tiefe der Arbeit etwas geändert hat. Früher hatte man eher mal die Zeit, ein Projekt für eine gewisse Zeit ruhen zu lassen, um es sich nach ein paar Wochen wieder vorzunehmen. Jetzt muss man schon ein bisschen zügiger vorwärts machen.
Habt ihr bei Eurer Arbeit einen typischen Kunden, etwa einen Architekt vor Augen?
Klar ist die Anwendung der Produkte im Zusammenhang mit der gegebenen Architektur wichtig und sie fliesst sicher, wenn auch eher am Ende des Entwurfsprozesses in unsere Arbeit ein, aber eigentlich machen wir uns von konkreten Vorstellungen, auch von denen eines Architekten, frei. Das Produkt entsteht aus einer ersten Idee und entwickelt sich dann durch unsere gestalterische Arbeit. Uns sind die Vorlieben und Wünsche, die wir mit unserem Produkt erfüllen wollen, wichtig – aber schliesslich geht es um die Benutzung des Objekts und weniger darum einen Gegenstand passend für ein bestimmtes Interior zu gestalten.
Angesichts der derzeitige wirtschaftlichen Lage stehen Designer, als Gestalter von Konsumgütern ja so ein bisschen im Fadenkreuz. Habt Ihr eine Idee, wie man als Designer auf diese Situation reagieren könnte und sollte?
Osko: Ich glaube, Reduktion ist das Stichwort. Abgesehen von der Krise haben wir immer versucht möglichst niederkomplexe Dinge zu gestalten. Unsere Produkte sollen ein starkes Konzept haben und so einfach wie möglich zu realisieren sein. Es wäre schön, wenn sich diese Transparenz, die auf politischer Ebene gefordert wird, auch auf die gestalterische auswirken würde und "ehrliche" Produkte entstehen würden.
Unser Design ist immer mit der Herausforderung verbunden, möglichst viel zu sagen und dabei möglichst wenig Ressourcen einzusetzten. Ich glaube, dass diese Art von Design in den nächsten Jahren besonders gefragt sein wird. Aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen.
Sogesehen ist es ganz praktisch, dass in diesem Augenblick wirtschaftliche und ökologische Interessen einander hergehen. Schade, dass es dafür eine Wirtschaftskrise braucht. Ganz ehrlich, spürt Ihr bei euren Kunden das Interesse an ökologischem Design?
Osko: Man muss schon zugeben, dass das Interesse von den Hersteller noch nicht gross genug ist, das sieht man ja an den Produkten, die noch immer den Markt bestimmen.
Bei Blå Station haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Die legen sehr viel Wert darauf, produzieren lokal. Nachhaltigkeit ist auf jeden Fall ein grösseres Thema als noch vor fünf Jahren.
Könnt Ihr an Euern Produkten konkret beschrieben, in wiefern ihr umweltbewusst gestaltet?
Deichmann: Was für die Wirtschaftlichkeit von Produkten steht, gilt in ähnlicher Weise für die Nachhaltigkeit. Wir wollen aus den simpelsten Produktionsmethoden das beste rausholen. Das ist schonmal ein Schritt in die richtige Richtung.
Schauen wir unseren 'Clip Chair' an. Der besteht aus nicht mehr als ein paar gebohrten Latten, die auf ein Stahlseil aufgefädelt wurden. Der Stuhl ist eigentlich eine weiche Konstruktion, die erst mit der Belastung durch das Körpergewicht an Stabilität gewinnt. 'Pebble' besteht aus einem simplen Metallrahmen, in den zwei bezogene Polster gesteckt werden, basta.
Osko: Design ist zusätzlich ökologisch, wenn es zeitlos ist. Ich finde gutes Design misst sich vor allem an der Lebensdauer. Damit meine ich Langlebigkeit aus qualitativen und ästhetischen Gründen.
Deutsches Design hat sich in den letzten Jahren in eine gute Richtung entwickelt, nachdem der typisch deutsche Funktionalismus á la Dieter Rams erstmal ein grosses Loch hinterlassen hat. Werdet Ihr auf eure Nationalität angesprochen?
Osko: Ja, die Frage steht immer im Raum: Macht Ihr deutsches Design? Ich glaube man kann heute Produktgestaltung eh nicht mehr einem Land zuordnen. Wenn wir ein Produkt gestalten, dann sehen wir eher eine Firma, zu der das Produkt passen könnte. Ich glaube dass wir diese Unterschiede, die früher durch Länder und Regionen entstanden, jetzt eher durch die verschiedenen Hersteller definiert werden.
Deichmann: Englisch als gemeinsame Sprachen hat sicher auch viele Barrieren gebrochen. Vor 20 Jahren war es sicher noch sehr viel schwieriger als Ausländer mit einer italienischen Firma zusammenzuarbeiten. das ist heute nicht mehr ganz so.
Design hat in Deutschland keinen grossen Stellenwert in der breiten Bevölkerung. In Ländern wie Dänemark ist das anders. Wenn man dort ein Kind fragt, wer Arne Jacobsen ist, bekommt man selbstverständlich die richtige Antwort.
Osko: Ich weiss nicht genau, woran das liegt. Ich habe da so eine These: In Deutschland gibt es von jeher diese Do-it-yourself Mentalität und dazu gibt es dann noch diese Geiz-ist-Geil Euphorie. Ich glaube in keinem anderen Land gibt es diese riesigen Baumarkt-tempel.
Aber eigentlich wäre dies ja auch ein toller Ansatzpunkt für die Zukunft des Designs. Aus dieser Do-it-yourself Mentalität muss sich doch was machen lassen.
Osko: Ja, die Kollegen Vogt und Weizenegger habe das ja mit ihrem Blaupausen- Projekt gemacht. Die haben Gebrauchsanweisungen für selbst zu bauende Einrichtungsgegenstände entworfen...leider hat das nicht so richtig gefruchtet aber vielleicht ist die Zeit dafür ja bald reif.
'Straw Chair' in Referenz auf Marcel Breuer, für das 90 jährge Bauhaus-Jubiläum
'Straw Chair' in Referenz auf Marcel Breuer, für das 90 jährge Bauhaus-Jubiläum
×Ihr habt wie viele Jungdesigner erstes internationales Interesse auf dem Mailänder Salone Satellite erweckt. Nun habt ihr es einen Schritt weiter geschafft, bekommt Aufträge und könnt Euer täglich Brot mit Design verdienen. as würdet ihr all den Jungdesignern da draussen gern mit auf den Weg geben?
Deichmann: Der Klassiker wäre jetzt natürlich Silvester Stallone: Immer dran bleiben, bis dich einer verfilmen, oder in unserem Fall, bis jemand was von dir produzieren will.
Osko: Wir haben die ersten sieben Jahre von der Hand in den Mund gelebt. Und ich glaube, wenn Design nicht dein liebstes Hobby ist, dann hält man es so lange wahrscheinlich gar nicht durch. Es ist wirklich ein Job, der Leidenschaft braucht.