Architonic traf sich kürzlich mit dem preisgekrönten französischen Designer, um mehr über die Geheimnisse seiner fruchtbaren zehnjährigen Zusammenarbeit mit der italienischen Marke Pedrali zu erfahren ...

Patrick Jouin und sein Stuhl Ila, nur eines der zahlreichen Stücke, die er in den letzten zehn Jahren für Pedrali entworfen hat. Foto: Thomas Duval

Patrick Jouin x Pedrali: „Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren“ | Aktuelles

Patrick Jouin und sein Stuhl Ila, nur eines der zahlreichen Stücke, die er in den letzten zehn Jahren für Pedrali entworfen hat. Foto: Thomas Duval

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Was ist das Geschenk, das man jemandem zum zehnten Hochzeitstag machen sollte? Ich glaube, es sollte etwas aus Blech oder Aluminium sein. Hm. Nicht so sexy. Her mit den Diamanten.

Aber im Fall des in Paris lebenden, mit dem Compasso d'Oro ausgezeichneten Designers Patrick Jouin, der mit seiner authentischen Herangehensweise und bescheidenen Persönlichkeit seit zehn Jahren unverwechselbare Möbel für den italienischen Premiumhersteller Pedrali entwirft, könnte Aluminium durchaus angebracht sein. Auf seinem Sessel Ester haben Sie wahrscheinlich schon einmal gesessen, wenn Sie sich für gutes Essen interessieren. Ursprünglich für das Restaurant von Starkoch Alain Ducasse im Londoner Dorchester entworfen, wurde er für eine ganze Reihe von Restaurants, Hotels und Boutiquen auf der ganzen Welt spezifiziert.

Ich habe vor kurzem mit Patrick Jouin gesprochen, weil ich wissen wollte, wie eine solche langfristige Zusammenarbeit mit einem Hersteller aussieht und sich anfühlt. „In meinem Bestreben, etwas Neues zu machen, neige ich dazu, es zu komplex zu gestalten. [Pedrali] hat mir dabei geholfen, einen Vorschlag zu machen, der sich auf die Idee konzentriert, ohne zu viel drum herum.“

Jouins berühmter Sessel Ester wurde ursprünglich für den mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Alain Ducasse im The Dorchester in London entworfen. Unten: Ester im Restaurant des Hotel Richer de Belleval in Montpellier. Foto: Jerôme Mondiere

Patrick Jouin x Pedrali: „Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren“ | Aktuelles

Jouins berühmter Sessel Ester wurde ursprünglich für den mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Alain Ducasse im The Dorchester in London entworfen. Unten: Ester im Restaurant des Hotel Richer de Belleval in Montpellier. Foto: Jerôme Mondiere

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Herzlichen Glückwunsch zu einem Jahrzehnt der Zusammenarbeit mit Pedrali. 10 Jahre sind ein bisschen wie eine Ehe, oder?

Junge Designer:innen, die gerade die Schule abgeschlossen haben, hoffen, eines Tages für irgendein Unternehmen arbeiten und die einfachsten Dinge entwerfen zu können. Das würde dich zur glücklichsten Designer:in der Welt machen. Du siehst den Erfolg von Charles Eames, Achille Castiglioni und Philippe Starck und hoffst, dass du auch diese Chance bekommst.

Also suchen sie, um die richtigen Unternehmen zu finden. Es ist keine Liebesbeziehung, es ist keine Ehe, aber man muss die richtigen Leute finden. Manchmal denkt man, dass man für ein Unternehmen arbeiten möchte, dann lernt man es kennen und stellt fest, dass man es definitiv nicht will! So ist das Leben. Es kommt auf den Geist des Unternehmens und der Menschen an.

Das Gefühl von Leichtigkeit, das der Héra Stuhl des Pariser Designers ausstrahlt, kommt nicht von ungefähr: die Materialmenge war ein entscheidender Faktor bei seiner Entwicklung und Gestaltung

Patrick Jouin x Pedrali: „Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren“ | Aktuelles

Das Gefühl von Leichtigkeit, das der Héra Stuhl des Pariser Designers ausstrahlt, kommt nicht von ungefähr: die Materialmenge war ein entscheidender Faktor bei seiner Entwicklung und Gestaltung

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Was ist nun das Besondere an Ihrer Beziehung zu Pedrali?

Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren. Wenn man die Tür hinter dem Büro öffnet, befinden sich dort Maschinen, Wissen, handwerkliches Können, das Know-how und der Wunsch, all diese Techniken und Möglichkeiten zu nutzen. Das zaubert mir ein breites Lächeln ins Gesicht. Ich brauche jemanden vor mir, der nicht über Ästhetik spricht, sondern darüber, wie man einen Traum, eine Zeichnung in die Realität umsetzt.


„So ist das mit Pedrali. Es gibt nicht viele Akteur:innen in unserer Branche, die eine so gut organisierte Industrie haben – und das mit einem sehr grossen Ehrgeiz”


Diese Art von Dialog, diese Art von Schwingung, wird am Ende ein viel besseres Produkt ergeben. Und es wird mir mehr Ideen liefern. Und so ist es auch bei Pedrali. Es gibt nicht viele Akteur:innen in unserer Branche, die eine so gut organisierte Industrie haben – und das mit einem sehr grossen Ehrgeiz. Ich denke auch, dass das Geheimnis des italienischen Designs darin liegt, dass es sich oft noch in Familienbesitz befindet.

Monica und Giuseppe Pedrali sind beide sehr positiv eingestellt. Das ist etwas, das ich brauche. Ich persönlich mag psychologisch gesehen keine Aggression. Mein Gehirn schaltet sofort ab, wenn jemand grob zu mir ist. Es macht mich sprachlos und ich möchte einfach nur weg. Wenn ich positiv gestimmt bin, bedeutet das nicht, dass mein Projekt klappt, aber ich kann mit einem neuen Projekt zurückkommen. Ich bin unsicher. Ich war schon immer unsicher. Wenn die Leute nett zu mir sind, bin ich ein besserer Designer.

Der ursprüngliche Impuls für Pedralis Tisch Elliot kam von Jouin selbst, der kreative Prozess ist jedoch eine organische, gemeinsame Kollaboration von Designer und Hersteller

Patrick Jouin x Pedrali: „Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren“ | Aktuelles

Der ursprüngliche Impuls für Pedralis Tisch Elliot kam von Jouin selbst, der kreative Prozess ist jedoch eine organische, gemeinsame Kollaboration von Designer und Hersteller

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Was waren für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser langjährigen Zusammenarbeit?

Eine ganze Menge. Ich habe gelernt, wie man vereinfacht. Ich neige dazu, in meinem Bestreben, etwas Neues zu machen, es zu komplex zu gestalten. Sie haben mir geholfen, einen Vorschlag zu machen, der sich auf die Idee konzentriert, ohne zu viel drum herum.


„Manchmal denkt man, dass man für ein Unternehmen arbeiten möchte, dann trifft man es und stellt fest, dass man es definitiv nicht will!”


Bei Ester (dem Sessel von Jouin, der ursprünglich für das Restaurant von Starkoch Alain Ducasse im Londoner Dorchester Hotel entworfen wurde) bestand das Problem im Stoff, der wie eine präzise Schneiderei ist. Jedes Mal, wenn wir das Material wechselten, war das eine neue Herausforderung. Er hat einen grossen Einfluss auf die Form. Ich habe gelernt, dass es beim Entwerfen eines Stuhls mit „harten“ Kanten wie beim Entwerfen eines Hemdes ist.

Jouin nennt die gemeinsam verbrachte Zeit, den offenen Dialog und die Freude dabei als einige der Gründe für seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem italienischen Designriesen. Oben abgebildet, sein Sofa Social

Patrick Jouin x Pedrali: „Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren“ | Aktuelles

Jouin nennt die gemeinsam verbrachte Zeit, den offenen Dialog und die Freude dabei als einige der Gründe für seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem italienischen Designriesen. Oben abgebildet, sein Sofa Social

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Aber später lernte ich viel über Holz und den industriellen Prozess der Umwandlung von Holz in einen Stuhl. Pedrali ist ein Meister im Umgang mit den Materialien, die sie verwenden. Sie wissen sehr genau, was sie wo einsetzen. Als wir gemeinsam am Stuhl Héra arbeiteten, waren wir uns der Menge der verwendeten Materialien wirklich bewusst. Wir wollten weniger verwenden und Abfall vermeiden. Das Projekt dauerte schliesslich vier Jahre.

„Es ist der Geist des Unternehmens und der Menschen, der zählt“, erklärt der Designer, wenn es darum geht, die richtigen Partner:innen für eine Zusammenarbeit zu finden. Oben: einige Elemente aus seiner Reva-Kollektion

Patrick Jouin x Pedrali: „Ich arbeite gerne mit Unternehmen zusammen, die tatsächlich produzieren“ | Aktuelles

„Es ist der Geist des Unternehmens und der Menschen, der zählt“, erklärt der Designer, wenn es darum geht, die richtigen Partner:innen für eine Zusammenarbeit zu finden. Oben: einige Elemente aus seiner Reva-Kollektion

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Und, Patrick, wie hält man eine 10-jährige Beziehung zu einem Kunden aufrecht? Wie stellt man sicher, dass es immer noch knistert?

Das ist nicht einfach. Ich meine, eine solche Beziehung ist an den wirtschaftlichen Erfolg gebunden. Wenn sich ein Produkt nicht verkauft, gibt es einen Punkt, an dem man nicht mehr weitermachen kann. Und das ist ganz normal. Als Designer:in gibt man das Beste, aber manchmal stehen die Planeten nicht im Einklang. Mit Pedrali hatten wir das Glück, dass wir kommerzielle Erfolge erzielten.

Aber es geht um die Zeit, die man mit seinen Kund:innen verbringt, um den offenen Dialog. Es sind die kleinen Gespräche, die man manchmal führt, in einem Restaurant, beim gemeinsamen Kaffeetrinken, wenn man sich etwas gemeinsam ansieht. Es ist ein organischer Prozess. Manchmal basiert es auf einem Wunsch, etwas Bestimmtes zu entwerfen, wie der Tisch Elliot. Aber das Sofa Social und die Kollektion Reva – das waren Ideen, die ursprünglich von Pedrali kamen. Sie verstehen wirklich die Tendenzen da draussen.

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