Pedrali-Party: Die 60-Jahre-Feier einer italienischen Ikone

Als ich ankomme, lächelt Monica Pedrali übers ganze Gesicht. Und das aus gutem Grund.

Der Anlass ist das Jubiläumsdinner des gleichnamigen italienischen Designherstellers, der seit 60 Jahren an der Spitze der industriell geführten, innovativen Möbel- und Leuchtenproduktion steht. Mit dem für sie typischen und ansteckenden Elan beginnt sie sofort mit der Erläuterung der Besonderheiten des Ortes.

Wir dinieren nämlich im Freien auf der Piazza Vecchia in Bergamo, wo im Rahmen des Landschaftsfestivals der Stadt eine eigens in Auftrag gegebene Grüninstallation des Berliner Büros Topotek 1 im Mittelpunkt steht und direkt daneben im Palazzo della Ragione eine Ausstellung von Rachel Whiteread stattfindet. Für einen kulturellen Hotspot ist das ein echter Knaller.

Deshalb ist es nur folgerichtig, dass Pedrali genau hier ist. Pedrali ist nicht nur ein hervorragender Vermittler von Menschen (eine Pedrali-Veranstaltung ist typischerweise wie eine Art Salon, den man mit einem Telefon voller neuer A&D-Kontakte verlässt), sondern schafft es auch geschickt, durchdachtes Design und ein tiefes Verständnis für Materialien sowohl mit Kultur als auch mit Kommerz zu verbinden. Getreu der Tradition des italienischen Designs wird die Prosa stets von Poesie begleitet.

Dieses besondere Rendezvous mit einer internationalen Gruppe von ArchitektInnen, Designer:innen, Kund:innen, Pressevertreter:innen und langjährigen Freund:innen ist jedoch mehr als nur ein gemütliches Beisammensein – so angenehm das auch ist. Wir sind hier, um die Einweihung des beeindruckenden neuen Pedrali-Pavillons am Hauptsitz der Marke etwas ausserhalb der Stadt zu feiern, der von AMDL CIRCLE und dem berühmten italienischen Architekten und Designer Michele De Lucchi entworfen wurde.

Das vollständig aus Holz gefertigte, leimfrei zusammengefügte, scheunenartige Bauwerk strahlt eine Leichtigkeit aus, die seine monumentalen Ausmasse nicht vermuten lässt. Auf Beinen stehend ist es ein Gebäude für die Gemeinschaft, das nach unten offen ist", erklärt der 71-jährige Grande De Lucchi den versammelten Gästen. „Ohne Gemeinschaft gibt es keine Nachhaltigkeit.“

Man könnte auch sagen, dass es ohne Nachhaltigkeit keine Gemeinschaft gibt, von der man sprechen kann. Wie werden wir in Zukunft leben, wenn unsere Welt immer weniger gastfreundlich wird? Pedrali investiert seit Langem in die Erlangung aussagekräftiger Umweltzertifizierungen und setzt sich – wie auch das Logo zum 60-jährigen Bestehen des Unternehmens vermuten lässt – nachweislich für eine Kreislaufwirtschaft ein, die sich nicht nur auf das Geschäft beschränkt, sondern auch den verschiedenen gesellschaftlichen Akteur:innen die Möglichkeit gibt, sich an der Debatte zu beteiligen.

Der Pedrali Pavilion steht für dieses ökologische Engagement und dient gleichzeitig als Ort für Vorträge und Veranstaltungen über unsere gemeinsame Zukunft, wobei ein besonderer Schwerpunkt darauf liegt, den Raum den Schulen zur Verfügung zu stellen. Ein bewegliches Grosszelt für grosse Ideen, wenn man so will. „Und das ist auch dringend nötig“, meint De Lucchi. „Wir leben in einem Zeitalter enormer Umwälzungen“, erinnert er uns eindringlich.

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Verwandlung eine der Konstanten bei Pedrali im Laufe der Jahrzehnte war, wovon sich die Besucher des Pedrali Pavilions in der nächsten Zeit in Form einer faszinierenden Ausstellung über die Entwicklung des Unternehmens selbst überzeugen können. Die von Luca Molinari Studio – gegründet vom gleichnamigen Architekturkommentator und Akademiker – kuratierte und chronologisch aufgebaute Schau verdeutlicht, dass der Erfolg von Pedrali zu einem grossen Teil in seiner Fähigkeit liegt, sich neu zu erfinden.

Ja, es handelt sich um ein Familienunternehmen, und das bedeutet Leidenschaft in Hülle und Fülle (drei Generationen der Familie Pedrali waren bei der Eröffnung anwesend, um die Langlebigkeit der Marke zu unterstreichen, darunter natürlich Mario, der das Unternehmen 1963 gründete); aber es ist auch ein Unternehmen, dem es gelingt, traditionelles Herstellungs-Know-how sowie traditionelle Möbel- und Beleuchtungstypologien zu übernehmen und auf sie die neuesten innovativen Produktionstechnologien und -systeme anzuwenden. (Ein Rundgang durch die Fabrik ist wie ein Crashkurs in Robotik und Computerprogrammierung). Das Ergebnis sind langlebige Produkte, die in ihrer Ästhetik ebenso schön sind wie in ihrer Herstellung.

Zwischen den unzähligen Prototypen, Materialien, Verkaufsbroschüren, Werbematerialien und Messedesigns, die in der Jubiläumsausstellung mit dem Titel „Pedrali60, we design a better future“ zu sehen sind, finden sich zahlreiche Familienfotos, die die Geschäftsführer Monica und Giuseppe Pedrali als Kinder, Jugendliche und später als junge Erwachsene in den verschiedensten Situationen und Kontexten zeigen. Der Blick in die persönliche Sphäre anderer Menschen übt natürlich eine neugierige Faszination aus. Aber es gibt auch einen gewissen Optimismus, wenn man sieht, Wie wir uns im Laufe der Zeit neu erfinden, um den Herausforderungen zu begegnen, mit denen wir ständig konfrontiert sind. Um es mit den Worten von De Lucchi zu sagen: „Wir müssen jederzeit für Veränderungen bereit sein.“

© Architonic

Im Architonic Magazin finden Sie weitere Einblicke über die neuesten Produkte, Trends und Praktiken in Architektur und Design.