No place like home
Text von Peter Smisek
20.09.19
Es sind nicht mehr nur die öffentlichen Bauprojekte Polens, die internationale Anerkennung gewinnen, auch die Wohnprojekte einer neuen Generation von Architekten und Designern generieren verdientermassen Aufmerksamkeit.
Die Zeit des Kommunismus brachte Polen Standardisierung und Konformität, Architektur und Design waren davon nicht ausgenommen. Dies hat für viele einen grundlegenden Wohnstandard gebracht, führte aber auch zu einem Mangel an persönlichem Ausdruck und, was ebenso wichtig ist, zu einem Verlust an Fähigkeiten der Handwerker. Drei Jahrzehnte nach der Einführung der Marktwirtschaft boomt die polnische Design- und Architekturszene. Während die neuen Museen, Universitätsgebäude und Konzertsäle des Landes zu Recht im Rampenlicht stehen, arbeitet eine neue Generation von Architekten, Bauherren und Auftraggebern gemeinsam an innovativen Privathäusern, die eindrucksvoll belegen, dass Polen zu einem der spannendsten Orte für aktuelle Architektur in Europa geworden ist.
Das House Behind The Roof von Superhelix Pracownia Projektowa zeigt, dass Nachhaltigkeit und Ökologie in der polnischen Architektur ganz weit oben stehen. Foto: Bartłomiej Drabik
Das House Behind The Roof von Superhelix Pracownia Projektowa zeigt, dass Nachhaltigkeit und Ökologie in der polnischen Architektur ganz weit oben stehen. Foto: Bartłomiej Drabik
×Die Suburbanisierung, die früher durch zentrale Planung in Schach gehalten wurde, ist heute Realität. Dabei ist nicht alles standardisierte Tristesse. Tatsächlich zeigt das House Behind The Roof bei Krakau von Superhelix Pracownia Projektowa einen durchdacht-nachhaltigen Ansatz. Es verfügt über ein ausgedehntes, saftig-grün bedecktes Norddach, das gleichzeitig den privaten Garten abschirmt, während der südliche Teil des Daches mit Photovoltaikzellen bedeckt ist. Die Struktur des Gebäudes besteht aus Brettschichtholz, und die Fassade ist mit Brettern aus Rotzeder verkleidet, die keiner chemischen Behandlung oder weiteren Wartung bedürfen.
Die betont skulpturale Form des Black Rock House zeigt den hohen Grad an Aufmerksamkeit der MUS Architekten für die Landschaft. Foto: Tomasz Zakrzewski
Die betont skulpturale Form des Black Rock House zeigt den hohen Grad an Aufmerksamkeit der MUS Architekten für die Landschaft. Foto: Tomasz Zakrzewski
×A different approach to design was taken by MUS Architects in the Black Rock house near Bielsko-Biała. Here, the architects have taken inspiration from the topography of the surrounding Beskid mountains and created a hulking, crystalline structure whose floor plates follows the slope of the land. Clad entirely in black tiles, the building resembles a massive slate boulder, but the wooden cladding within the incisions on the southern facades that accommodate balconies and a ground-level porch suggest a more domestic atmosphere within.
Das Waldhaus von grupa Verso ist mit vertikalen Holzbrettern verkleidet, die einen Bezug zum umliegenden Pinienwald herstellen. Foto: Kacper Ziółkowski
Das Waldhaus von grupa Verso ist mit vertikalen Holzbrettern verkleidet, die einen Bezug zum umliegenden Pinienwald herstellen. Foto: Kacper Ziółkowski
×Die sanftere, bewaldete Landschaft in der Nähe des Dorfes Kuźnica Kiedrzyńska bietet sich für zurückhaltenderes Wohnen an. Hier hat das Architekturbüro grupa Verso ein einfaches, eingeschossiges Waldhaus entworfen. Der Innenraum ist unterteilt in zwei getrennte Zonen, eine mit privaten Funktionen und eine für das Gemeinschaftsleben. An der Südseite des Hauses finden sich grosse Glasflächen, die eine Verbindung zum Aussenbereich des Kiefernwaldes herstellen, während die Nordansicht des Hauses nahe der Grundstücksgrenze fast komplett geschlossen ist. Zwei scharfe Kanten auf dem ansonsten flachen Dach verleihen einen eigenwilligen Touch und schaffen gleichzeitig eine interessante Form im Inneren.
MFRMGR Architekcis House for W zeigt, dass der polnische Nachkriegsbestand kreativ an die gestiegenen Ansprüche heutiger Kunden angepasst werden kann. Fotos: Maciej Jeżyk
MFRMGR Architekcis House for W zeigt, dass der polnische Nachkriegsbestand kreativ an die gestiegenen Ansprüche heutiger Kunden angepasst werden kann. Fotos: Maciej Jeżyk
×Eine weitere Herausforderung für Architekten ist die Aufwertung von Bestandsgebäuden. Für MFRMGR Architekcis House for W wurde ein Nachkriegsobjekt an aktuelle Bedürfnisse angepasst. Durch die Öffnung des ursprünglichen, zellulären Grundrisses und den Bau eines zusätzlichen Stockwerks auf der angrenzenden Garage verfügt das entstandene Haus nun über grosszügigere, fliessende Räume sowie einen grossen Balkon. Die Verlängerung ist in eine weisse Backsteinschirmung gehüllt, die ein Gefühl der Privatsphäre schafft, gleichzeitig ausreichend Licht passieren lässt und das Neue vom Alten unterscheidet.
© Architonic