Weich werden: Textilien in der Architektur
Text von Peter Smisek
29.11.19
Textilien stellen eine der frühesten Formen menschlicher Technologie dar. Als architektonisches Element sind sie wirkungsvoll und nachhaltig – und wir reden nicht über Vorhänge.
Architekten und Designer nutzen Textilien, um Räume zu definieren, Geräusche zu absorbieren und ein flexibleres, sinnlicheres Raumklima zu schaffen. Foto: © Calle Huth
Architekten und Designer nutzen Textilien, um Räume zu definieren, Geräusche zu absorbieren und ein flexibleres, sinnlicheres Raumklima zu schaffen. Foto: © Calle Huth
×Bereits 1851 führte der deutsche Architekt und Theoretiker Gottfried Semper die Textilkunst als eines der vier Elemente der Baukunst auf – als das Element nämlich, das Umfriedung darstelle. Dies gilt bis heute, denn einige der weltweit führenden Architekten und Designer verwenden Textilien, um Räume zu definieren, Schall zu absorbieren und gleichzeitig flexiblere – und sinnlichere – Innenbereiche zu schaffen. Die folgenden Projekte können als Inspiration dienen. Tiefere Einblicke und Tipps, wie Architekten Textilien in ihre Arbeit integrieren können, bietet ein Besuch auf der Heimtextil 2020, der weltgrößten Fachmesse für Wohn- und Objekttextilien, die vom 7. bis 10. Januar 2020 in Frankfurt stattfindet.
In der von Civic Architects entworfenen LocHal definieren Stoffbahnen temporäre Räume (wie etwa das zentral gelegene Auditorium) oder dienen als Sonnen- und Blendschutz, um das durch die Glasfassaden hereinströmende Licht zu dämpfen Fotos:© Stijn Bollaert
In der von Civic Architects entworfenen LocHal definieren Stoffbahnen temporäre Räume (wie etwa das zentral gelegene Auditorium) oder dienen als Sonnen- und Blendschutz, um das durch die Glasfassaden hereinströmende Licht zu dämpfen Fotos:© Stijn Bollaert
×Im niederländischen Tilburg haben Civic Architects einen Lokschuppen von 1932 in eine neue Bibliothek und Informationszentrale verwandelt. Während der industrielle Charakter des Raumes – mit seinem Stahlskelett und großen Glasflächen – gewahrt bleibt, haben die Architekten 4125 qm bewegliche Vorhänge installiert, die bei Bedarf als temporäre textile Trennwände dienen. So kann sich die neu erbaute LocHal an veränderte Bedürfnisse anpassen und innerhalb ihrer normalerweise offenen Räume verschiedene Zonen schaffen.
Mit plissiertem Stoff haben Kengo Kuma & Associates ein rustikales, höhlenartiges Restaurant mit gewölbter Decke und Blick auf einen nahe gelegenen Vulkansee geschaffen.Fotos: © Kawasumi Kobayashi Kenji Photograph Office
Mit plissiertem Stoff haben Kengo Kuma & Associates ein rustikales, höhlenartiges Restaurant mit gewölbter Decke und Blick auf einen nahe gelegenen Vulkansee geschaffen.Fotos: © Kawasumi Kobayashi Kenji Photograph Office
×In manchen Fällen können Textilien jedoch auch als dauerhafteres, stabileres gestalterisches Merkmal dienen. In Toyako auf der Insel Hokkaido im Norden Japans haben Kengo Kuma & Associates ein ehemaliges Pflegeheim in das WE Hotel Toya verwandelt, indem sie den Innenraum mit Textilien und Zypressenholz verkleidet haben, um eine ruhige und entspannte Atmosphäre zu schaffen. Mithilfe von plissiertem Stoff entsteht ein gewölbtes Esszimmer, während drapierte Stoffbahnen in der Lobby und den Gängen des Hotels die entspannende Atmosphäre unterstreichen.
Der Einsatz von textilen Raumteilern in dem von Snøhetta entworfenen Showroom von Holzweiler ist auch ein Verweis auf die hochwertigen Materialien, die das Modelabel für seine Produkte verwendet. Fotos: © Calle Huth
Der Einsatz von textilen Raumteilern in dem von Snøhetta entworfenen Showroom von Holzweiler ist auch ein Verweis auf die hochwertigen Materialien, die das Modelabel für seine Produkte verwendet. Fotos: © Calle Huth
×Seit langem verwenden Designer und Architekten Textilien in Verkaufsräumen, und das nicht nur in Umkleidekabinen. Das norwegische Büro Snøhetta hat den Showroom des Modelabels Holzweiler mit beigefarbenen Filzvorhängen ausgestattet, die den offenen Grundriss unterteilen. Wellenförmige Holzmöbel ergänzen die Textilien und schaffen eine räumlich überraschende, aber dennoch warme und neutrale Kulisse für die Kleidung.
Das Zusammenspiel von schwerem Stahl und leichten Textilien im Construmat Ephemeral Space von Josep Ferrando Architecture spiegelt auch das Zusammenspiel von permanenten und temporären Komponenten während der Bauausführung wider. Fotos: Adrià Goula
Das Zusammenspiel von schwerem Stahl und leichten Textilien im Construmat Ephemeral Space von Josep Ferrando Architecture spiegelt auch das Zusammenspiel von permanenten und temporären Komponenten während der Bauausführung wider. Fotos: Adrià Goula
×Josep Ferrando Architecture nutzte Textilien beim Bau des Barcelona Building Construmat Ephemeral Space – einem temporären Auditorium, das in einer der angesehensten Messehallen Spaniens eingerichtet wurde und sich an den Bausektor richtet. Die von der Decke hängenden und den äußeren Rand markierenden großformatigen Geotextilien sowie die als Sitzgelegenheiten dienenden I-Träger sind eine elegante Mahnung, mit den begrenzten Ressourcen der Erde schonend umzugehen.
Heimtextil
7. bis 10. Januar 2020
Frankfurt am Main
© Architonic