Im zweiten Teil der raumplus Intelligence Series – einer Reihe von drei Artikeln, die vom deutschen Hersteller gesponsert werden – spricht die Gestalterin mit Gerrit Terstiege darüber, was es braucht, um verschiedene Einrichtungsstile erfolgreich unter einem Dach zu vereinen.

Eine eklektische Inneneinrichtung erfordert Ausgewogenheit und ein gewisses Mass an Zurückhaltung – aber Inspiration kann, und soll, von überall her kommen. Foto: Hannes Henz

„Für mich zählt vor allem Glaubwürdigkeit:” Mia Kepenek in der raumplus Intelligence Series | Aktuelles

Eine eklektische Inneneinrichtung erfordert Ausgewogenheit und ein gewisses Mass an Zurückhaltung – aber Inspiration kann, und soll, von überall her kommen. Foto: Hannes Henz

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Mia Kepenek, deutsche Interior-Designerin mit usbekischen Wurzeln, arbeitet in ihrem Züricher Studio sehr erfolgreich für internationale Auftraggeber:innen. Wir haben sie befragt, welche Länder und Kulturen sie geprägt haben. Und was passieren kann, wenn unterschiedliche Stile und Trends aufeinander treffen.

Nach einer Schreinerausbildung studierte Mia Kepenek Architektur, Innenarchitektur und Szenografie. Seit 2012 leitet sie ihr gleichnamiges Studio für Corporate Architecture, Innenarchitektur und Design in Zürich. Foto: Claudia Klein

„Für mich zählt vor allem Glaubwürdigkeit:” Mia Kepenek in der raumplus Intelligence Series | Aktuelles

Nach einer Schreinerausbildung studierte Mia Kepenek Architektur, Innenarchitektur und Szenografie. Seit 2012 leitet sie ihr gleichnamiges Studio für Corporate Architecture, Innenarchitektur und Design in Zürich. Foto: Claudia Klein

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Für Sie als Gestalterin und Innenarchitektin – was sind einige der Herausforderungen bei der Verschmelzung verschiedener Interior-Sprachen und Stile?

Ich denke, hier ist einfach ein besonderes Gespür notwendig, unterschiedliche Dinge, Stoffe, Farben und Materialien in einen spannenden Dialog treten zu lassen. Möbel können zu kulturellen Botschaftern werden, Dinge und Räume können Geschichten erzählen. Aber es gilt eben bei all dem, etwas zu schaffen, das stimmig ist. Zum Beispiel müssen sich Trends wie „hygge“, die das Gemütliche betonen, und ästhetische Ansätze, die von Reduktion und Einfachheit geprägt sind, nicht widersprechen. Im besten Fall werden Orte zu Spiegeln der Persönlichkeit, der Geschichte und Kultur der Auftraggeber:in.


Möbel können zu kulturellen Botschaftern werden, Dinge und Räume können Geschichten erzählen. Aber es gilt eben bei all dem, etwas zu schaffen, das stimmig ist


Als ich etwa von einem Schweizer Unternehmen beauftragt wurde, unter anderem eine Lounge mit Bar, Essraum und Sitzgelegenheiten zu entwerfen, habe ich einen Millionen Jahre alten Findling aus einem Steinbruch in einen Tresen verwandelt – und so die Schweizer Berge in die Bar geholt. Der Felsbrocken wurde zum Symbol für die „Swissness“ der Firma und gleichzeitig zu einem beeindruckenden Blickfang. Es kommt zweifellos bei der Verschmelzung verschiedener Ausdrucksmittel auf die rechte Balance an, auf Ausgewogenheit. Man kann da viel falschmachen. Übertreiben. Untertreiben. Ein Raum kann schnell unruhig wirken. Zu kalt. Oder zu brav.

Für den Sitz eines Schweizer Unternehmens stellte Kepenek elegant filigrane Möbel einem Millionen Jahre alten Felsbrocken aus den Schweizer Bergen als skulpturales und kulturell bedeutsames Akzentstück gegenüber. Fotos: Hannes Henz

„Für mich zählt vor allem Glaubwürdigkeit:” Mia Kepenek in der raumplus Intelligence Series | Aktuelles

Für den Sitz eines Schweizer Unternehmens stellte Kepenek elegant filigrane Möbel einem Millionen Jahre alten Felsbrocken aus den Schweizer Bergen als skulpturales und kulturell bedeutsames Akzentstück gegenüber. Fotos: Hannes Henz

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Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?

Patentrezepte gibt es da nicht – zum Glück! Wer unterschiedliche kulturelle Kontexte zitiert, formale Sprachen und Trends verschmelzen lässt, läuft immer Gefahr, ein Durcheinander zu erzeugen – musikalisch gesprochen: eine Kakophonie. Solche Dissonanzen gilt es zu vermeiden. Kontraste dagegen sind wertvoll und erzeugen Spannung. Man denke nur mal an die Einrichtung im Haus von Charles und Ray Eames in Pacific Palisades – sie war stark von ihren Projekten in fernen Ländern geprägt. So divers sich dort Vasen, Kissen, Skulpturen, Decken und Kissen mit ihren Ornamenten ausnehmen, so glaubwürdig ist diese Komposition – selbst aus heutiger Sicht.


Wir alle können heute auf so viele Kulturen, Stile, Materialien und Objekte zugreifen. Aber was man im Blick behalten sollte: dass die Kombinationen glaubwürdig bleiben


Für mich als Gestalterin zählt vor allem Glaubwürdigkeit. Wir alle können heute auf so viele Kulturen, Stile, Materialien und Objekte zugreifen – und sie mit einem Mausklick von überall auf der Welt ordern. Aber was man im Blick behalten sollte: dass die Kombinationen – oder wenn man so will: Kompositionen – glaubwürdig bleiben. Meine Auftraggeber schätzen an mir, dass ich mich intensiv mit ihrer Geschichte beschäftige, mich regelrecht auf Spurensuche begebe – um dann ein Gesamtkonzept zu entwickeln, das wirklich zu ihnen passt.

Ray und Charles Eames kombinierten in ihrem Haus in Pacific Palisades nahtlos verschiedene Stile (oben). Gut platzierte Accessoires und Textilien verleihen Kepeneks Interieurs das gleiche wohnliche Flair (unten). Fotos: Eames Foundation & Luca Zanier

„Für mich zählt vor allem Glaubwürdigkeit:” Mia Kepenek in der raumplus Intelligence Series | Aktuelles

Ray und Charles Eames kombinierten in ihrem Haus in Pacific Palisades nahtlos verschiedene Stile (oben). Gut platzierte Accessoires und Textilien verleihen Kepeneks Interieurs das gleiche wohnliche Flair (unten). Fotos: Eames Foundation & Luca Zanier

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Sind die kreativen Möglichkeiten endlos? Oder gibt es bestimmte Regeln, die man beachten sollte?

Gerade weil die Möglichkeiten, einen Raum zu gestalten, so zahlreich sind, braucht man eine klare Vision, eine Haltung. Heute werden zum Beispiel im privaten Bereich oft religiös besetzte Skulpturen und Statuen eingesetzt – derartiges setze ich in meiner Arbeit nicht ein, denn viele solche Objekte erscheinen mir wie entleerte Versatzstücke, wenn sie nur noch dekorative Funktionen erfüllen. Da Sie aber nach Regeln fragen: Wenn man sich genau mit den verschiedenen Funktionen befasst, die bestimmte Bereiche in einem Raum zu erfüllen haben, gibt es einiges zu beachten. Am besten man leitet daraus eigene Regeln ab, hinterfragt diese, bespricht Details mit Auftraggeber:innen und kommt dann zu einer hoffentlich poetischen, überraschenden, eigenständigen Lösung.

Durch die Kombination verschiedener Möbelstile, Materialien und Oberflächen können Wohn- und Geschäftsräume eine komplexe Ästhetik erhalten. Fotos: immoairpics (oben), Pierre Kellenberger (unten)

„Für mich zählt vor allem Glaubwürdigkeit:” Mia Kepenek in der raumplus Intelligence Series | Aktuelles

Durch die Kombination verschiedener Möbelstile, Materialien und Oberflächen können Wohn- und Geschäftsräume eine komplexe Ästhetik erhalten. Fotos: immoairpics (oben), Pierre Kellenberger (unten)

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Wie wichtig sind für Sie heute die verschiedenen Kulturen, die Sie erlebt und kennengelernt haben?

Alle Orte, an denen ich tätig war, haben mich auf die eine oder andere Weise geprägt. In Australien habe ich zwei Jahre gelebt, in Sydney und Melbourne. Auch meine Amsterdamer Zeit hat mich persönlich sehr weitergebracht. Das kreative Klima dort ist experimentell und spielerisch. Und nun bin ich schon viele Jahre in der Schweiz tätig, wo Qualität und Präzision wichtig sind. Das alles hat mich als Gestalterin komplettiert und mein kreatives Spektrum erweitert.


Wenn ich an Trends im Interiordesign denke, fühle ich mich manchmal an meine Theaterzeit erinnert


In letzter Zeit ist mir auch die Prägung durch meinen Vater und dessen Heimat Usbekistan bewusster geworden. Taschkent ist eine aufregende Metropole mit über zwei Millionen Einwohner:innen. Sie liegt an der Seidenstrasse und die Gebäude, Farben, Stoffe und traditionellen Ornamente Usbekistans habe ich über meinen Vater seit meiner Kindheit aufgenommen. Meine Mutter auf der anderen Seite ist Deutsche und gelernte Kostümbildnerin. Meine Eltern lernten sich am Staatstheater Stuttgart kennen, das auch eine Oper hat, wo mein Vater als Bühnenbildner arbeitete. Ich bin an diesem spannenden Ort aufgewachsen, konnte hinter die Kulissen schauen und habe als Kind sogar manchmal Angestellten dort Aufträge gegeben. So etwas prägt. Gleichzeitig herrscht an einem solchen Haus steter Wandel. Mit jedem neuen Stück, mit jeder neuen Inszenierung. Wenn ich an Trends im Interiordesign denke, fühle ich mich manchmal an meine Theaterzeit erinnert.

Trennelemente wie raumplus Schiebetüren können helfen, Räume ohne formales Leitprinzip zu definieren und abzugrenzen

„Für mich zählt vor allem Glaubwürdigkeit:” Mia Kepenek in der raumplus Intelligence Series | Aktuelles

Trennelemente wie raumplus Schiebetüren können helfen, Räume ohne formales Leitprinzip zu definieren und abzugrenzen

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Zudem stehen ja viele Trends dem Konzept von Langlebigkeit entgegen. Wie schafft man es trotz Experimentierfreude, ein gewisses Mass an Nachhaltigkeit zu erreichen?

Es ist eine Gradwanderung. Auf der einen Seite verfolge ich natürlich Wohntrends, besuche die Messen in Köln, Paris oder Mailand, tausche mich mit Kolleg:innen aus, lese Online-News aus der Design- und Architekturwelt, und gerne auch noch Magazine. Dann aber ist es mir wichtig, zurückzutreten und wieder eine gewisse Distanz zu Trends zu gewinnen. Denn am Ende möchte ich Räume mit Charakter schaffen, die lange Bestand haben. Das erreiche ich nur, wenn ich ein nachhaltiges Gesamtkonzept entwickele und Möbel und Materialien auswähle, die mit grosser Sorgfalt hergestellt werden und auch ästhetisch lange halten. Wenn ich als Designerin Funktionen und Emotionen miteinander in Einklang bringe. Das ist immer mein Ziel.

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