Einleuchtende Momente: Shakúff

“Plötzlich kommt ein Roboter an meinen Schreibtisch”, berichtet der Gründer und Creative Director von Shakúff, Joseph Sidof. Der mit einem Video ausgestattete Automat kann von Altkunden und potenziellen Neukunden virtuell gesteuert werden und erlaubt es ihnen, (vorsichtig) durch den Showroom der Marke in Brooklyn zu navigieren und sogar um Rat zu fragen. Diese Art von Robotern kommt normalerweise eher in Krankenhäusern zum Einsatz, wo er Familienmitgliedern ermöglicht, mit isolierten Covid-19-Patienten zu kommunizieren. Sidof kam die Idee, ihn auch für andere Zwecke einzusetzen.

Wenn Sie das Sortiment an Tisch- und Stehlampen, Pendelleuchten, Wandleuchtern und Kronleuchtern von Shakúff online in Augenschein nehmen wollen, können Sie dies jetzt auch tun, ganz ohne Roboter. Der Start eines virtuellen Ladens und die Einführung des Robo-Kunden waren beides Neuerungen aus der Coronazeit. Ebenso die Einführung konfektionierter Leuchten, die allerdings schon vor der Pandemie geplant war. Und obwohl der Showroom wieder für die Öffentlichkeit geöffnet ist, streift der Roboter immer noch umher, ein Beweis für Sidofs Talent für assoziatives Denken und die kreative Verknüpfung von Kunst, Kommerz und Technologie.

In den letzten zehn Jahren hat Sidof ein wegweisendes Unternehmen für massgeschneiderte Lichtlösungen aufgebaut und sich einen treuen Kundenstamm von InnenarchitektInnen erarbeitet, die sich auf ihn verlassen, wenn es um grosse, perfekt ausgeführte Installationen in Wohn-, Einzelhandels- und Gastronomieprojekten geht. Dabei kam Sidof eher auf Umwegen zur Innenarchitektur.

Geboren wurde er in Israel, zog jedoch mit 18 Jahren nach Brooklyn und begann, einen Grosshandel für Modeschmuck aufzubauen. Das ist zwar nicht der übliche Start für einen Designunternehmer, weckte aber seine kreativen Interessen. Der Umgang mit Einzelhändlern vor Ort erweiterte zudem seine Marktkenntnis und half ihm, Informationen über neue Vorlieben und ein verändertes Nachfrageverhalten zu sammeln. Sidof begann, Stücke zu entwerfen und gewann schnell Vertrauen in seine Fähigkeit, Interesse zu wecken und Leidenschaft zu entfachen. "Mir wurde ziemlich schnell klar, dass ich Geschmack für Farben und Design habe", sagt er.

Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung beschloss er spontan, einen israelischen Glasmalereikünstler zu kontaktieren und in den USA ein Geschäft für architektonisch genutzte Glasmalereien aufzubauen. Dieses Geschäft lief nicht so gut, wie Sidof gehofft hatte, doch er erkannte eine andere Nische. Der Künstler machte wundervolles farbiges Glas, Sidof musste dem Produkt nur einen säkularen und funktionalen Dreh geben. “Ich sprach mit den Leuten über die Schönheit des Glases, was passiert, wenn man Licht hindurchschickt, und dann fing ich an, mit Glühbirnen zu spielen.” Und dabei ging ihm ein Licht auf.

Sidof ahnte, dass es eine Nachfrage nach individuellen Lichtlösungen gab, zumindest im privaten Bereich, für die es kein entsprechendes Angebot gab. Oder eine Nachfrage, auf die er eine Antwort finden konnte. “Ich bat meinen Künstler, dickeres Glas zu entwerfen, das für Leuchten verwendet werden konnte, und führte erste Gespräche mit InnenarchitektInnen.” Im Laufe der nächsten Jahre wuchs das Geschäft, er begann, seine eigenen Leuchten in den USA zu entwerfen und er fand – was ein echter Durchbruch war – Künstler in Israel, später in Hongkong und Osteuropa, die mundgeblasenes Glas herstellten. Wieder war er an vorderster Front, sprach mit InnenarchitektInnen und verstand, wie die einzelnen Exponate und das von ihnen mitgestaltete Licht in ihren Räumen wirkten. (In weiser Voraussicht sorgte er auch dafür, dass die Arbeit der Elektriker, die seine Leuchten anbringen, nicht unnötig erschwert wird). Plötzlich bat man ihn, individuelle Beleuchtungslösungen für Hotels und Restaurants zu entwerfen, und mit immer mehr Selbstvertrauen begann er, seine eigenen Designs zu entwerfen, die skaliert, individuell angepasst und kreativ erkundet werden konnten.

Die Einführung von LED-Leuchten bedeutete einen weiteren Schub für sein Selbstvertrauen und seine Kreativität. “Als LED-Leuchten eingeführt wurden, habe ich sie sofort ins Programm aufgenommen. Das war mit immensen Veränderungen verbunden, denn man konnte wirklich schöne Stücke mit kleinen Lichtern kreieren,” so Sidof. Die Möglichkeiten, die sich dank LEDs nun boten, ermunterten auch zu einem neuen Spiel mit Materialien, insbesondere mit Messing und Onyx, und zur Kreation neuer Formen, wie zum Beispiel langer beleuchteter "Stäbe", die in spektakulären Konstellationen aufgehängt wurden. Sie halfen Sidof und seinem Team, mit ihren Designs einen unverwechselbar eleganten, aber verspielten und warmen, strukturierten, weich fliessenden Minimalismus zu finden.

Die neue Bloom-Kollektion von Shakúff ist die perfekte Verkörperung dieses Ansatzes. Sie ist um das Kernelement der Messing-"Knospen" und eine blühende Kadur-Drizzle-Pendelleuchte herum aufgebaut und umfasst Konfigurationen von Wandleuchtern, Stehleuchten, Tischleuchten und Kronleuchtern. Die Tischleuchte ist ein besonderer Hingucker: Die Kadur-Drizzle-Hängeleuchte ist in eine Kugel aus mundgeblasenem Glas eingefasst, die wiederum in einer Halbkugel aus Messing steckt, welche auf einer Messingkuppel – und auf einem Marmorsockel mit eigenem Innenlicht – ruht. Es ist eine bezaubernde, ursprüngliche und ein wenig verwirrende Komposition. Und erneut schöpft das Design das Potenzial der neuen Technologie voll aus. Die Lampe lässt sich durch das Berühren einer kleineren, direkt am Stromkabel befestigten Metallkugel ein- und ausschalten und dimmen.

Obwohl das Geschäft mit Sonderanfertigungen weiterhin eine Leidenschaft von Sidof ist, ermöglichen die konfektionierten Kollektionen Kunden nun eine erschwinglichere und sofort verfügbare Variante des Shakúff-Ansatzes, bei dem Handwerk, Komposition und intelligent eingesetzte Technik einen so hohen Stellenwert haben wie eh und je. Ach ja, Roboterbesichtigungen sind möglich.

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