Anziehend: Kartell by Laufen

Es ist schon ziemlich ironisch.

Seit Jahren predige ich, dass es bei Design nicht um Mode geht, oder besser gesagt, nicht um Mode gehen sollte, und dies aus den unterschiedlichsten Gründen. Vor allem aus Gründen der Nachhaltigkeit. Und nun erzähle ich Ihnen von einer modischen Intervention im Industriedesign und werde Ihnen ausserdem sagen, dass ich das für eine gute Sache halte.

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich das erste Mal über die clevere Vereinigung zweier Design-Schwergewichte, den Schweizer Badezimmerexperten Laufen und die italienischen Kunststoffmöbel-Alchimisten Kartell, in ihrer "Kartell by Laufen" genannten Gemeinschaftskollektion schrieb. Es ist ein Zusammentreffen zweier gegensätzlicher Designsprachen, die sich beide zu einem rigorosen, forschungsbasierten Ansatz im Industriedesign bekennen und sich in ihrer Unterschiedlichkeit ergänzen und verstärken, so wie etwa eins und eins drei ergeben kann: Die Opazität, Robustheit und Beständigkeit der materiell innovativen Sanitärobjekte von Laufen auf der einen Seite und die optische und physische Leichtigkeit der transluzenten, beweglichen Elemente von Kartell auf der anderen. Kurzum: eine optische und haptische Verbindung mit dem unbestrittenen Plus langjähriger Erfahrung.

Dass es die Kollektion bis heute gibt, beweist, dass es sich bei ihr nicht um eine zynische Marketingaktion handelt. Tatsächlich ist der Erfolg von Kartell by Laufen seit der Markteinführung im Jahr 2013 auf zwei Dinge zurückzuführen: erstens auf das Angebot eines umfassenden Systems, das mit seinen nicht fixierten Einrichtungselementen je nach Bedarf und bevorzugter Ästhetik im Laufe der Zeit neu konfiguriert werden kann. Und zweitens auf die Entwicklung eines zeitlosen Konzepts, das sich nicht an Trends orientiert, sondern auf rationale Formen und fachmännisch verarbeitete, langlebige Materialien setzt. (Sie haben vielleicht schon bemerkt, dass ich ein ziemlicher Fan davon bin.)

Also, Mode ist das definitiv nicht. Und doch...

Als es darum ging, eine neue Kampagne für die Kollektion zu kreieren – die 2021 neue Farben, Oberflächen und Produkte auf den Markt bringt –, wandten sich die Hersteller an den belgischen Fotografen Hugo Comte, der für seine eher fotojournalistischen Aufnahmen, seine übersättigte und sinnliche Modefotografie bekannt ist.

Seine extrem zeitgenössische und gleichzeitig ein wenig nostalgische Bildsprache kam unter anderem in einer Reihe von Kurzfilmen zum Tragen, die einen schönen Kontrapunkt zu den stilllebenartigen, eher architektonischen Bildern des deutschen Fotografen Oliver Helbig bilden. Während Helbigs Bilder einen perfekten synchronen Zeitausschnitt liefern, einen präzisen und exakten Moment, der Kartell by Laufen in all seiner wunderschön komponierten Pracht einfängt, sind Comtes Clips diachrone, ausdrucksstarke Erzählungen, voller Bewegung, Sound und natürlich auffallend andersartigen Modellen. Schauen Sie sich die Clips einmal an. Für mich haben sie mehr als nur einen Hauch von Michelangelo Antonionis Film Zabriskie Point (1970), falls Sie nach einem Bezugspunkt suchen.

Der Diskurs der Mode funktioniert hier sehr gut, würde ich sagen. Denn was wir hier sehen, ist die Interaktion der sehr modischen, selbstbewussten, jungen Leute mit der haptischen, analogen Körperlichkeit der Produkte. Gehalten, gewiegt und umarmt wie eine Wärme- und Energiequelle, werden die Kartell-by-Laufen-Produkte zur willkommenen Antithese einer überwältigenden, ortlosen, immateriellen digitalen Kultur, in der wir zunehmend leben. Kaufen, eine emotionale Bindung entwickeln und für immer behalten ist hier die Botschaft.

Natürlich wandelt sich die Bevölkerungsstruktur ständig, und die Kampagne dient auch dazu, eine jüngere Generation von Planern und Verbrauchern anzusprechen. Die Einladung zum Mischen und Kombinieren der Produkte sowie zum Kuratieren des Badezimmers nach eigenem Belieben ist für sie ein besonderer Anreiz. Hinzu kommt die Möglichkeit, auf immer kleinerem Raum zu planen, da das Wohnen in der Stadt eine immer kleinere Angelegenheit wird.

Mode könnte wieder in Mode sein, wenn es um ernsthaftes Design geht.

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