Do Dutch: Die niederländische Sonderausstellung auf der Ambiente 2018

Während Europas politische Landkarte in Bewegung gerät und eine Vielzahl von Regionen auf dem ganzen Kontinent nach mehr Autonomie strebt, wird kommenden Februar ein kleiner Teil von Frankfurt am Main für einige Tage deutlich niederländisch geprägt sein.

Auf der Ambiente 2018, der internationalen Leitmesse der Konsumgüterindustrie, ist es diesmal an den Niederlanden, einen Auftritt als Partnerland zu inszenieren. Die nationalen Showcases eines eingeladenen Gastlandes haben auf der Ambiente mittlerweile Tradition und laden Messebesucher durch eine sorgfältig kuratierte Produktpräsentation dazu ein, sich mit der Designkultur eines bestimmten Landes auseinanderzusetzen.

Architonic sprach mit dem preisgekrönten Amsterdamer Produktdesigner Robert Bronwasser, Kurator der Partnerland-Ausstellung "Do Dutch" über sein Konzept und die Konturen der niederländischen Designkultur und -identität im Allgemeinen.

Wie sieht das Konzept für die Präsentation der Niederlande auf der Ambiente im Februar nächsten Jahres aus?

Die Präsentationsstruktur für die typisch niederländischen Produkte und Designs bildet ein geometrisches, architektonisches Regalsystem, das in einer offenen, grünen Umgebung steht. Die Produkte werden kreativ konzeptualisiert und "gerahmt", um eine provokante, abstrakte und etwas amüsante Geschichte zu erzählen. Das Ergebnis ist ein Gesamtkunstwerk, das prototypisch für die Niederlande steht. Es ist aber auch ein einladender und inspirierender Ort, den man während der Ambiente besuchen kann.

Do Dutch. Anstatt Go Dutch. Welche Bedeutung hat die Wahl des Verbs für Sie? Möchten Sie den Begriff des Machens/Erstellens betonen?

Do Dutch bezieht sich auf die niederländische Mentalität und auf unsere Kreativität. Eines der Merkmale der Niederländer, glaube ich, das auch im niederländischen Design erkennbar ist, ist eine betont proaktive Haltung. Wir denken nicht nur darüber nach, was Design leisten kann. Wir handeln.

Kann man benennen, was niederländisches Design ist? Oder ist der Versuch, Design nach nationalen Kriterien zu definieren, vielleicht ein unmögliches Unterfangen?

Niederländisches Design bedeutet für mich in erster Linie eine Mentalität, eine typische Denk- und Handlungsweise. Was niederländisches Design tatsächlich tut, ist ausgetretene Pfade zu verlassen, zu experimentieren und Form, Funktion und Bedeutung aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Das ist eine Mentalität, die in unserer Kultur fest verankert ist.

Seit Jahrhunderten haben die Niederländer versucht, Grenzen zu überwinden und waren offen für neue Erfahrungen. Ich denke, die Gründung unseres eigenen Landes hat uns dabei geholfen, Probleme anzugehen und innovative Ideen zu entwickeln. Die Tatsache, dass so viele Menschen auf engstem Raum leben, erfordert, neben dem ständigen Kampf gegen das Wasser, auch intelligente und nachhaltige Lösungen in den Bereichen Stadtplanung, Architektur, Infrastruktur und Design.

Wir denken gerne über den Tellerrand hinaus und finden Lösungen aus einem anderen Blickwinkel. Diese Mentalität findet sich auch im niederländischen Design. Es ist experimentell und innovativ, stellt die Funktion eines Produktes in Frage und ist immer auf der Suche nach neuen Lösungen.

Was sind Ihrer Meinung nach die Stärken und Schwächen der niederländischen Designkultur?

Die Stärken liegen in der Kreativität und der Fähigkeit, anders zu denken und Ideen umzusetzen in visuell überzeugende Konzepte. Die niederländische Designkultur ist auch international sehr präsent; wir wissen, wie man eine Geschichte erzählt und auf sie aufmerksam macht.

Eine Schwachstelle ist, dass sich das niederländische Design oft zu sehr auf das Konzept konzentriert. Ich glaube, Design ist nicht nur eine Frage der Forschung, der Problemlösung und des Entwurfs von gutaussehenden Lösungen, sondern es geht darum, es funktionsfähig zu machen und auf den Markt zu bringen. Die Kluft zwischen Design, Industrie und Nutzern/Verbrauchern ist manchmal zu gross.

Können die Niederländer zu Recht stolz auf ihr Designausbildungssystem sein? Was ist anders an der Art und Weise, wie Design in den Niederlanden gelehrt wird?

Zur Zeit haben wir viele Designschulen in den Niederlanden, die sich alle auf verschiedene Aspekte des Designs konzentrieren. Man kann also kaum eine umfassende Antwort darauf geben. Aber alle Designausbildungen haben einen starken Fokus auf aktuelle gesellschaftliche Themen und machen nicht einfach Design. Die Tatsache, dass so viele junge Designer zu Themen wie gesellschaftliche Auswirkungen und Nachhaltigkeit promovieren und mit Hilfe von Technologie neue Lösungen kreieren, ist vielversprechend. Die Designschulen in den Niederlanden bieten im Allgemeinen einen grossen Freiraum, alle Aspekte von Design zu erforschen und zu versuchen, eine eigene Ausrichtung zu finden.

Würden Sie uns einen kleinen Vorgeschmack auf das geben, was die Besucher bei Do Dutch inhaltlich konkret sehen werden?

Mit Do Dutch wollte ich die niederländische Mentalität und Kreativität zeigen. Keine Frage, niederländisches Design ist natürlich ikonisch – aber Do Dutch arrangiert Produkte anders als auf der Ambiente oder im täglichen Gebrauch. Deshalb wollte ich in dieser Präsentation alltägliche Produkte niederländischer Hersteller und Designer hervorheben indem ich sie in einen neuen Kontext stelle. Und ich wollte auch Arbeiten von jungen Designern einbeziehen, die sich auf die eben genannten wichtigen Themen wie Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Auswirkungen konzentrieren.

Aus allen Disziplinen – welches ist Ihr Lieblingsstück niederländischen Designs?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass ich ein echtes Lieblingsstück habe. Für mich ist niederländisches Design, wie gesagt, oft zu konzeptionell. Als Industriedesigner mag ich echte, funktionale und nützliche Produkte.

Aber wenn ich ein paar holländische Entwürfe nennen müsste, würde ich sagen, Rietvelds 'Crate chair' wegen seiner Einfachheit und seines DIY-Konzepts. Ich liebe Ootje Oxenaars 250-Gulden-Banknote "Der Leuchtturm". Und auch der niederländische Möbelhersteller Pastoe gehört zu meinen Favoriten. Die Marke ist über 100 Jahre alt und hat eine lange Tradition in der Herstellung einfacher, aber sehr ausgewogener und funktionaler Möbel.

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