Der mittlerweile gigantische Salone Internazionale del Mobile in Mailand ist das Mass aller Design-Möbelmessen – doch eine kleine Messe in Kortrijk, Belgien, kann zwar nicht mit Mailands Besucherzahlen mithalten, steht ihr jedoch hinsichtlich der Präsenz an High-End Design und echter Coolness in nichts nach. Hier ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Sie erwartet.

Das Jahr 1968 wird wohl für immer mit radikalen politischen und sozialen Veränderungen in Verbindung gebracht werden. Ebenfalls 1968 fand die erste INTERIEUR Design Biennale im belgischen Kortrijk statt. Bezeichnend für den vorherrschenden Zeitgeist war, dass der Fokus der Messe sich nicht auf den kommerziellen, sondern auf den kulturellen Wert des Designs richtete.
Dieses Jahr findet die Messe zum 22sten Mal mit dem Thema „The New World“ statt und nimmt damit weiterhin ein hinterfragende Haltung ein.

Die sehr ausdrucksstarke Grafik für die INTERIEUR 2010 wurde von der belgischen Designerin Sara De Bondt entworfen

Fair Preview: Design Biennale INTERIEUR 2010, Kortrijk, Belgium | Aktuelles

Die sehr ausdrucksstarke Grafik für die INTERIEUR 2010 wurde von der belgischen Designerin Sara De Bondt entworfen

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Die INTERIEUR 2010 ist vielleicht nicht die grösste Messe – höchstens mit ihrer Länge von zehn Tagen stellt sie eine Superlative dar – doch was sie wirklich so anders als die anderen Design-Messen macht, ist ihre Maxime „ausserordentlich kreativ, selektiv und qualitätsbewusst“ zu sein, um international konkurrenzfähig zu bleiben, wie der Präsident der INTERIEUR José Carlier erklärt. Und die INTERIEUR wird ihrem Anspruch gerecht: Die Liste der 250 internationalen Aussteller enthält die bedeutendsten Hersteller der Branche mit einem nicht unbedeutenden Anteil belgischer Firmen.
„Kortrijk ist the place to be,“ erklärt der italienische Hersteller Moroso, „abgesehen von der Mailänder Messe ist die INTERIEUR die beste Messe weltweit, denn dort treffen die wichtigsten Märkte der Möbelbranche aufeinander. Moroso schätzt die Messe auch wegen ihrer emotionalen Atmosphäre.“

„Picnic“ heisst eine Serie unregelmässiger, fast amorpher Stühle, die um einen Tisch herum gruppiert in einem gegenseitigen Dialog zu stehen scheinen. Entworfen wurden sie von Junya Ishigami, dem diesjährigen Ehrengast der INTERIEUR.

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„Picnic“ heisst eine Serie unregelmässiger, fast amorpher Stühle, die um einen Tisch herum gruppiert in einem gegenseitigen Dialog zu stehen scheinen. Entworfen wurden sie von Junya Ishigami, dem diesjährigen Ehrengast der INTERIEUR.

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Während in der Vergangenheit der Fokus auf Designmöbeln für den Privat- und Objektbereich lag,
deckt die INTERIEUR heutzutage ein breiteres Spektrum an Design ab, wie Produktentwicklung, Materialien und Produktdesign. Das Rahmenprogramm der INTERIEUR bilden ein Design-Wettbewerb, Vorlesungen und Debatten sowie Satellit-Veranstaltungen, welche die belgische Messe zu einem der wichtigsten Termine in der Agenda der Design-Branche machen. Die Stadt Kortrijk scheint zwar rein geographisch etwas provinziell zu sein, doch aus kultureller und gewerblicher Sicht muss kein Vergleich gescheut werden: Belgien macht seiner noch bis Ende 2010 dauernden Präsidentschaft der EU an dieser Stelle alle Ehre.

Der junge japanische Architekt Junya Ishigami ist ein Schüler Kazuyo Sejimas, die als Partner des Architekturbüros SANAA den Pritzker Prize gewann

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Der junge japanische Architekt Junya Ishigami ist ein Schüler Kazuyo Sejimas, die als Partner des Architekturbüros SANAA den Pritzker Prize gewann

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Ein Auswahl-Komitee, bestehend aus namhaften Designern und Mitgliedern der INTERIEUR Foundation, stellt sicher, dass jeder Aussteller seine Firmengeschichte, seine Produkte und Designer umfassend präsentiert und in den Kontext des jeweiligen Themas der Design Biennale stellt. Eine ebenso kritische Wettbewerbs-Jury wird die originellsten und kreativsten Beiträge zum Thema „The New World“ hinsichtlich Funktionalität, Technologie und Herstellungsprozess analysieren und jurieren. Sie besteht aus bekannten Grössen der Branche: In diesem Jahr Cappellinis Creative Director Giulio Cappellini; Nipa Doshi vom Londoner Design-Duo Doshi Levien; Gründer des Online-Magazins „Dezeen“ Marcus Fairs; Pierre Keller, Direktor des ECAL (Ecole cantonale d'art de Lausanne) und Lowie Vermeersch, dem Design Director der italienischen Automarke Pininfarina.
Das Wettbewerbs-Preisgeld wurde massiv erhöht und damit stiegen auch die Erwartungen an das Gewinner-Projekt des Wettbewerbs, der für etablierte Designer, Designkollektive, Jungdesigner und auch Studenten offen ist.

In diesem Jahr sind in der Jury unter anderen Cappellinis Creative Director Giulio Cappellini und Nipa Doshi vom Londoner Design-Duo Doshi Levien vertreten

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In diesem Jahr sind in der Jury unter anderen Cappellinis Creative Director Giulio Cappellini und Nipa Doshi vom Londoner Design-Duo Doshi Levien vertreten

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Eine wichtige Rolle spielt auch der jeweilige Ehrengast der INTERIEUR in Kortrijk. Die legendären Namen der bisherigen Ehrengäste zeugen davon, darunter Gio Ponti, Verner Panton, Jean Prouvé und Dieter Rams. und in jüngerer Zeit Konstantin Grcic, James Irvine und Jaime Hayon.
Im Rahmen des Themas „The New World“ wurde über die Grenzen Europas geblickt und der japanische Architekt Junya Ishigami eingeladen. Ishigami ist ein Schüler Kazuyo Sejima (die als Partner des Architekturbüros SANAA den Pritzker Prize gewann, eine der höchsten Auszeichnungen in der Architektur). Der junge Architekt arbeitet in einem Spannungsfeld zwischen Technologie, Kunst und Architektur, aus welchem sehr poetische Entwürfe entstehen. Zum Beispiel „Picnic“, eine Serie unregelmässiger, fast amorpher Stühle, die um einen Tisch herum gruppiert in einem gegenseitigen Dialog zu stehen scheinen.
„Normalerweise sind Möbel Gebrauchsgegenstände für die Menschen und können nie mehr darstellen als eine Ausstattung des Raumes. Doch die Picnic-Stühle sind Objekte, die sich mit der Umgebung und der Aktivität der Menschen überlagern,“ erläutert Ishigami.

Bram Boos „Overdose Desk": Der Brüsseler ist zum „Designer of the Year" 2010 gewählt worden

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Bram Boos „Overdose Desk": Der Brüsseler ist zum „Designer of the Year" 2010 gewählt worden

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Die INTERIEUR hat ausserdem gemeinsam mit dem Design Museum Gent, Grand Hornu Images und den Zeitschriften „Weekend Knack“ und „Weekend Le Vif“, den belgischen Designer Bram Boo als „Designer des Jahres“ ausgezeichnet, der bekannt ist für seine expressiven, skulpturalen und oft auch humorvollen Entwürfe. Bram Boos Objekte stellen ihre Funktionalität oft selbst in Frage und sollen uns dazu bewegen, auch unsere „täglichen Gewohnheiten zu überdenken“, wie der Designer kommentiert. Die Messe Kortrijk lässt uns jedoch auch generell darüber nachdenken, was wir zu wissen meinen über die Design-Kultur unserer Nachbarländer. Für eine Ausstellung mit dem Titel „Neighbours“ wurden fünf Kuratoren eingeladen, die „ihre eigene und auch eigenartige Sichtweise über Design in ihrem Land“ zur Schau stellen. Das ist jedoch nicht kompetitiv gemeint – oder eben doch?

Die INTERIEUR hat gemeinsam mit dem Design Museum Gent, Grand Hornu Images und den Zeitschriften „Weekend Knack“ und „Weekend Le Vif“ den belgischen Designer Bram Boo als „Designer des Jahres“ ausgezeichnet

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Die INTERIEUR hat gemeinsam mit dem Design Museum Gent, Grand Hornu Images und den Zeitschriften „Weekend Knack“ und „Weekend Le Vif“ den belgischen Designer Bram Boo als „Designer des Jahres“ ausgezeichnet

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Andere Rahmenveranstaltungen sind unter anderem:
-„The Rambla“, eine vom Brüsseler Architekturbüro „Office Bureau Goddeeris“ entworfene Design-Promenade;
-Eine Low-Budget-Initiative für Jungdesigner mit dem Titel „theyoungdesignersfair“;
-Und die „Design at Work Platform“, die Funktionalität, Technologie und Innovation in der Produktentwicklung thematisiert.

Die Architekten vylder vinck tallieu haben die Installation „mirror mirror on the wall“ konzipiert, eine Serie an Räumen, deren Wände sich selbst spiegeln und in diesem Zuge den Ausstellungsraum und seinen Inhalt selbst in Frage stellen

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Die Architekten vylder vinck tallieu haben die Installation „mirror mirror on the wall“ konzipiert, eine Serie an Räumen, deren Wände sich selbst spiegeln und in diesem Zuge den Ausstellungsraum und seinen Inhalt selbst in Frage stellen

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Es überrascht keineswegs, dass die Design Biennale INTERIEUR angesichts ihrer Hingabe zu Kreativität und Qualität einen sehr konzeptuell veranlagten architektonischen und graphischen Auftritt hat, der für den Anlass eigens in Auftrag gegeben wurde. Dieses Jahr haben die Architekten vylder vinck tallieu „mirror mirror on the wall“ entwickelt, eine Serie an Räumen, deren Wände sich selbst spiegeln und in diesem Zuge den Ausstellungsraum und seinen Inhalt selbst in Frage stellen. Das Konzept hat eine sehr enge Beziehung zum „The New World“ Thema, da es uns einlädt, die Dinge erneut zu betrachten. Das sehr ausdrucksstarke, graphische Schema für die INTERIEUR 2010 wurde von der belgisch-stämmigen und jetzt in London ansässigen Designerin Sara De Bondt entworfen, die unter anderem bereits für das V&A Museum, die Barbican Art Gallery sowie den Kunstbuch-Verlag Phaidon tätig war.

An der Design Biennale INTERIEUR wurden in den letzten Jahren von bis zu 100 000 Besucher gezählt.
„Die INTERIEUR hebt sich deutlich von den anderen Messen ab,“ so der renommierte Textilhersteller Qvadrat. „Sie ist bekannt dafür, neue Trends und kreative Massstäbe zu setzen.
Für Architekten, Designer und Firmen, die eine Affinität zu Design haben, ist ein Besuch in Kortrijk unerlässlich.“
Architonic wird auch dieses Jahr mit dabei sein – sie auch?