Nehmt euch ein Zimmer! Die neuen Hotel-Projekte
Text von Simon Keane-Cowell
Zürich, Schweiz
02.01.17
Der globale Tourismus wächst und mit ihm das Hotelgewerbe. Höchste Zeit, in einige der bemerkenswerten neuen Hotels einzuchecken.
Für das Hotel W Amsterdam verband das israelische Büros Baranowitz + Kronenberg eine frühere Telefonzentrale und ein ehemaliges Bankgebäude. Foto: Lutz Vorderwuelbecke
Für das Hotel W Amsterdam verband das israelische Büros Baranowitz + Kronenberg eine frühere Telefonzentrale und ein ehemaliges Bankgebäude. Foto: Lutz Vorderwuelbecke
×Ich reise, also bin ich.
Der globale Tourismus wächst Jahr für Jahr, angetrieben nicht zuletzt durch die sogenannten Millennials, die sich dank sinkender Aussichten auf Anhäufung eigener Vermögen dafür entscheiden, ihre soziale Identität durch Reisen auszudrücken und bestimmte Ziele besuchen, die "authentische" Erfahrungen versprechen. Gerade die Festtage bilden einen Höhepunkt im Geschäftskalender des Hotel- und Gaststättengewerbes.
Der Zeitpunkt ist also perfekt, um sich zehn kürzlich fertiggestellte Hotels und Restaurants rund um den Globus anzusehen, die mit kreativem Konzept und durchdachter Umsetzung ihren Besuchern eher einen Aufenthalt mit Eventcharakter bieten, als ein Alltagsritual.
Zeit, den Instagram-Account zu fluten!
Mit massgefertigten Objekten und besonderen Fundstücken inszenierte das Mailänder Dimore Studio die verschiedenen Räume des Hotel Saint-Marc in Paris. Foto: Philippe Servent
Mit massgefertigten Objekten und besonderen Fundstücken inszenierte das Mailänder Dimore Studio die verschiedenen Räume des Hotel Saint-Marc in Paris. Foto: Philippe Servent
×Hotel Saint-Marc, Paris, Frankreich
Dimore Studio
Wahrscheinlich ist es einfach nur konsequent, Art Deco als Designschema zumindest in Erwägung zu ziehen, wenn man ein historisches Gebäude des 18. Jh. (das abwechselnd Privatresidenz, Bürogebäude und Restaurant war) in der französischen Hauptstadt umwandelt, denn der stilistische Kontrapunkt zur rationalen Moderne der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand massgeblich in Paris.
Die 25 Gästezimmer fungieren als Privatapartments und haben etwas sehr Kuratiertes an sich, was sich z.B. in der stimmigen Art und Weise zeigt, in der das Mailänder Dimore Studio speziell angefertigte Objekte mit vorgefundenen mischt, um die verschiedenen Räume in Kombination mit kräftig gemusterten Textilien zu inszenieren. Muster und Farben spielen die Hauptrolle in diesem beeindruckend konsistenten Dekodiskurs.
Dimore Studios Umwandlung eines historischen Pariser Gebäudes aus dem 18. Jh. (früher Privatresidenz, dann Büro) in das Hotel Saint Marc bedient sich des Art Deco und bringt Muster, Textur und Farbe in den Vordergrund. Fotos: Philippe Servent
Dimore Studios Umwandlung eines historischen Pariser Gebäudes aus dem 18. Jh. (früher Privatresidenz, dann Büro) in das Hotel Saint Marc bedient sich des Art Deco und bringt Muster, Textur und Farbe in den Vordergrund. Fotos: Philippe Servent
×Hotel Il Sereno, Comer See, Italien
Patricia Urquiola
Die gebürtige Spanierin und Wahlmailänderin Patricia Urquiola hat ein gross angelegtes Hotel am Ufer des Comer Sees erbaut, das man als eine Art Gesamtkunstwerk der Architektin bezeichnen könnte, in dem sie alles gestaltet hat, von der Architektur über das Interieur bis zu den Uniformen der Hotelangestellten. Der Komplex mit seinen 30 über mehrere Ebenen organisierten Suiten wurde auf einem steinernen Bootshaus erbaut und verfügt über Gästezimmer und öffentliche Räume, die ausgestattet sind mit Möbeldesigns von... keiner geringeren als Urquiola selbst.
Auch die skulpturale Haupttreppe des Hotels in Form eines Stapels grosser, gewundener Stufen aus Walnussholz, von denen jede auf der vorigen zu schweben scheint, stammt von Urquiola. Und wenn Sie an Bord eines der Hotelboote gehen werden Sie feststellen, dass die Architektin auch deren Interieur entworfen hat. Die Dame ist tatsächlich
Für das Hotel Il Sereno am Comer See gestaltete die in Spanien geborene Architektin und Designerin Patricia Urquiola nicht nur Architektur und Interieur, sondern auch die Personaluniformen und Interieurs der Hotelboote. Fotos: Patricia Parinejad
Für das Hotel Il Sereno am Comer See gestaltete die in Spanien geborene Architektin und Designerin Patricia Urquiola nicht nur Architektur und Interieur, sondern auch die Personaluniformen und Interieurs der Hotelboote. Fotos: Patricia Parinejad
×Soho Farmhouse, Oxfordshire, England
Michaelis Boyd / Soho House & Co
Was macht die Soho House Clique, wenn sie richtig entspannen möchte? Sie besucht das neueste Domizil der Privatklubkette: den Soho Bauernhof. Das Hotel mit Restaurant befindet sich auf einem 40 Hektar grossen Grundstück in Oxfordshire und verteilt sich auf ein umgebautes altes Bauernhaus, eine Anzahl kleinerer Häuschen und eine Hütte mit vier Schlafzimmern.
Das Soho-House-eigene Designteam realisierte das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Londoner Architekten und Langzeitkooperationspartner Michaelis Boyd. Es wurden auch einige neue Bauten errichtet, darunter die 800 qm grosse Hauptscheune, die Restaurant und Bar beherbergt. Die Stahlrahmenstruktur ist mit recycelten Holzwänden, Stahlrahmen-Fenstern im Industrielook und kopfsteingepflastertem Boden ausgestattet und verfügt über ein Zwischengeschoss, auf dem Gäste konsequent britische Küche mit frischen Zutaten aus dem eigenen Garten geniessen können.
Das Soho Farmhouse ist Neuzugang der Soho House Privatklubkette und verfügt über ein Hotel und ein Restaurant in einem umgebauten, ehemals verlassenen Bauernhaus, sowie eine Reihe kleinerer Häuschen und eine Vier-Zimmer-Hütte. Fotos: Soho Farmhouse
Das Soho Farmhouse ist Neuzugang der Soho House Privatklubkette und verfügt über ein Hotel und ein Restaurant in einem umgebauten, ehemals verlassenen Bauernhaus, sowie eine Reihe kleinerer Häuschen und eine Vier-Zimmer-Hütte. Fotos: Soho Farmhouse
×W Amsterdam, Amsterdam, Niederlande
Baranowitz + Kronenberg
Gemeinsam stark. Eine frühere Telefonzentrale und eine ehemalige Bank lieferten dem israelische Büro Baranowitz + Kronenberg (in Zusammenarbeit mit dem Büro Winhov) das architektonische Ausgangsmaterial für die Realisierung des W Amsterdam Hotels, das in den beiden historischen Gebäuden entstand. Der Komplex mit insgesamt fast 240 Gästezimmern, einschliesslich einiger grosser Suiten, verfügt über ein leitmotivisches Gestaltungselement, das sich durch das gesamte Projekt zieht – 5 km Messingrohre (eine Referenz an die alten Telefonleitungen) verlaufen kreuz und quer über Decken und als vertikale Unterteilungselemente für grössere Freiflächen.
Gäste können im obersten Stock des alten Börsengebäudes mit Panoramablick auf die Stadt einchecken, während das frühere KAS Bankgebäude von 1908 unter anderem ein grosses Restaurant in der alten Schalterhalle beherbergt. Der behutsam renovierte, doppelthohe Saal mit Glasdach hat ein durchdachtes Beleuchtungskonzept, das durch tiefhängende Leuchter eine intime Atmosphäre schafft.
In Baranowitz + Kronenbergs W Amsterdam Hotel verlaufen über 5 km Messingrohr kreuz und quer über Decken und als vertikale Raumteiler – eine Referenz an die frühere Nutzung des Gebäudes als Telefonzentrale. Fotos: Lutz Vorderwuelbecke
In Baranowitz + Kronenbergs W Amsterdam Hotel verlaufen über 5 km Messingrohr kreuz und quer über Decken und als vertikale Raumteiler – eine Referenz an die frühere Nutzung des Gebäudes als Telefonzentrale. Fotos: Lutz Vorderwuelbecke
×The Babylon, Naman Retreat, Danang, Vietnam
Vo Trong Nghia Architects
Es heisst, Licht mit seiner Fähigkeit Form und Textur zu erschaffen sei eines der grundlegenden Elemente der Architektur. Für den vietnamesischen Architekten Vo Trong Nghia sind Pflanzen ein solches Material. Mit ihrer Hilfe erzeugt er üppige Flächen und grüne Textur. Sein dreistöckiges 32-Zimmer-Hotel "Babylon" am Naman Retreat Resort in Danang, Vietnam, ist opulent begrünt, die Lamellenfassade aus Fertigbeton mit kaskadierendem Pflanzenleben verwoben. Das Ergebnis: Lüftung mit gleichzeitigem Sonnenschutz.
Das organische Material hat zudem die Funktion, Räume optisch voneinander abzuschirmen und Privatsphäre zur Strasse hin zu gewähren. Gepflanzt wurde aber nicht nur in der Vertikalen. Das gesamte Gelände, vor allem rund um den Swimmingpool und entlang der Gehwege, ist eine grüne Landschaft, die von den vielen gerippten Zimmer-Balkonen des Hotels aus genossen werden kann.
Grün ist das neue...
Architekt Vo Trong Nghias Babylon Hotel im Naman Retreat Resort in Danang, Vietnam, verbindet Lamellenfassaden aus Fertigbeton mit kaskadierenden Pflanzen, die gleichzeitig für Lüftung und Sonnenschutz sorgen. Fotos: Hiroyuki Oki
Architekt Vo Trong Nghias Babylon Hotel im Naman Retreat Resort in Danang, Vietnam, verbindet Lamellenfassaden aus Fertigbeton mit kaskadierenden Pflanzen, die gleichzeitig für Lüftung und Sonnenschutz sorgen. Fotos: Hiroyuki Oki
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