Städte und Wohnbauträger reagieren empfindlich auf Hitzewellen und räumen beim Planen immer mehr Platz ein für kühlende Massnahmen. Dazu ein paar Einblicke aus Basel und Zürich.

Basel-Stadt macht Ernst mit der Verbesserung des Stadtklimas. Für den Umbau des VoltaNord-Areals schreibt ein Regelwerk verbindlich vor, wie Hitzeinseln im städtischen Umfeld zu verhindern sind. Ein breites Spektrum von Massnahmen sieht zum Beispiel vor, dass Aussenräume grossflächig zu entsiegeln und häufiger mit Bäumen zu bepflanzen sind, mehr Grün auch auf den Dächern und an Fassaden von Neubauten notwendig ist, respektive Letztere von Anfang an so ausgerichtet werden sollen, dass kühlender Wind das neu bebaute Quartier weiterhin hindernisfrei durchströmen kann. Und was im Gegensatz zu früheren Planungsvorhaben nun nicht länger zu vernachlässigen ist: Es braucht Platz im Untergrund, damit Bäume darin Wurzeln schlagen und Meteorwasser vor Ort versickert.

Bewohner wünschen Gartenzimmer

Anderer Ort, anderes Vorgehen, aber gleiches Ziel: eine vorausschauende Hitzeminderung dank mehr Grün. Die Zürcher Siedlungsgenossenschaft Eigengrund richtet bei der Erneuerung der Siedlungsstandorte den Blick jeweils auch auf ihre Aussenräume und gestaltet diese zum «Gartenzimmer» um. Vor über zehn Jahren befragte die Genossenschaft erstmals ihre Bewohnerschaft, was sie vor die eigene Haustüre locken würde. Unter Beizug von Landschaftsarchitekten und Expertinnen von Fachhochschulen entstanden daraus zuerst die Gartenidee und danach interne Standards, wie der Raum rund um die Wohnbauten naturnah aufzuwerten und standortklimatisch zu verbessern ist. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen zudem mit, die Genossenschaftssiedlungen mit dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS zu zertifizieren.

Ob freiwillig wie in Zürich, oder per Bauordnung in Basel: So wichtig energieeffiziente Gebäude für das Eindämmen des Klimawandels sind, so sehr gehen Bauherrschaften in urbaner Umgebung dazu über, die Quartierbevölkerung vor sommerlichen Hitzewellen zu schützen.

Urbanes Umfeld ist empfindlich

Der Sommer 2003 liess Hitzerekorde purzeln und erstmalige Warnungen vor gesundheitlichen Risiken platzieren. Inzwischen werden Alarmwerte fast alltäglich. 2023 registrierte Meteoschweiz das mit Abstand wärmste Jahr seit Messbeginn vor 160 Jahren und eine Hitzewelle beinahe über das gesamte Sommerquartal. Dass dennoch vergleichsweise wenige Todesfälle zu beklagen sind, erklärt das Schweizerische Tropen- und Public-Health-Institut mit einer relativ geringen Anzahl von Tropennächten. Denn wenn die Nachttemperaturen unter 20 °C sinken, können sich ältere Menschen körperlich gut von heissen Tagen erholen.

In Stadtquartieren ist das Überhitzungsrisiko besonders hoch. Wie die kantonalen Klimaanalysekarten für Zürich und Basel beispielhaft zeigen, werden versiegelte und spärlich begrünte Plätze zu regelrechten Hitzeinseln. Asphaltböden und Gebäudefassaden heizen sich tagsüber soweit auf, dass dichte Wohnquartiere in der Nacht mindestens 4 bis 6 °C wärmer sind als in einer abgekühlten Siedlung mit Blick auf Wiese und Waldrand. Dementsprechend sind viele Schweizer Städte inzwischen daran, sich planerisch mit der Klimaanpassung zu befassen. Zürich präsentierte vor drei Jahren eine Auslegeordnung zur Hitzeminderung im Städtebau. Basel-Stadt veröffentlichte im Sommer 2021 ein Stadtklimakonzept und dazu noch einen Massnahmenplan.

Viele Dutzend neue Bäume

Basel setzt vorerst auf pragmatische, schnell wirksame Mittel. Bereits angelaufene Sanierungsvorhaben für Strassen und Plätze werden nach klimatischen Verbesserungsoptionen überprüft. Im Detailplan ist es oft noch möglich, versiegelte Flächen durch Kies und Grün zu ersetzen. Der vor wenigen Jahren erstellte Triangel-Platz erhielt demgegenüber ein nachträgliches Facelifting mit zusätzlich fast 20 Bäumen. Und demnächst sollen 80 Gehölze und Bäume den beliebten Rheinuferweg zwischen der Dreirosenbrücke und der französischen Grenze säumen und kühlen.

«Wir müssen begrünen, beschatten und bewässern», kündigt die Basler Regierungsrätin Esther Keller weiter an. Auch grosse Flächen im Stadtraum sind abzukühlen. Für etwa «80 heisse und gut frequentierte Plätze» sieht die Exekutive spezifische Hitzeminderungsmassnahmen vor. Wo keine Bäume gepflanzt werden können, sollen mobile Elemente für Schatten sorgen. Auch eine Begrünung lässt sich mit beweglichen Töpfen und Pflanzkisten organisieren. Weiter geplant sind Fassadenbegrünungen und eine Entsiegelung von Flächen nach dem Schwammstadt-Prinzip. Die Basler Regierung beantragt dafür Ausgaben von 9,4 Mio. Franken beim Kantonsparlament. Ausserdem will die Behörde vermehrt Anreize schaffen, damit Privateigentümer ihre Liegenschaften ebenso hitzemindernd umgestalten.

Stadträtin Esther Keller

Begrünen, beschatten und bewässern | Architektur

Stadträtin Esther Keller

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Stadtbild wird sich verändern


Gemäss Regierungsrätin Keller soll sich das Basler Stadtbild zum Guten verändern, «obwohl das nicht von heute auf morgen geschieht». Anordnungen für einen Hitzeschutz sind zwar schnell beschlossen; aber nicht nur die Natur braucht Zeit zum Wachsen und Blühen. Deshalb geht auch die Transformation im VoltaNord-Areal weitsichtig vor: Das Regelwerk für die lokale Klimaanpassung wurde vor drei Jahren formuliert; inzwischen fahren erste Baumaschinen auf. Sie helfen mit, ein Stadtquartier für 1500 bis 2000 Menschen sowie Flächen für eine Gewerbe- oder Freizeitnutzung zu realisieren. Dazu gehören nun eben auch mehrere grosse Grünflächen – und auf den Gassen und Strassen die dorthin führen, werden die Bäume von Anfang ihren gebührenden Platz finden.

Zum Thema Stadtklima finden an der Swissbau 2024 folgende Veranstaltungen statt:

Klimafreundliches Bauen: 3 Spannungsfelder im Fokus

Gebäudebegrünung bringt’s

Materialwahl in Zeiten der Klimakrise

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Im Architonic Magazin finden Sie weitere Einblicke in die neuesten Produkte, Trends und Praktiken in Architektur und Design.

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