Ich und Du und Alle, die wir kennen: TAKT

Die Dinge müssen sich ändern. Soviel ist sicher.

Schulkinder streiken, die Vereinten Nationen berichten über die drastische Abnahme der Artenvielfalt, Regierungen rufen den Klimanotstand aus: Die Zeichen stehen auf Sturm. Der Klimawandel ist in vollem Gange und zwar hier und jetzt. Eine grundlegende Veränderung unserer Lebensweise, die erhebliche soziale, politische und wirtschaftliche Auswirkungen haben wird, ist längst überfällig. Doch während unser Haus anfängt zu brennen, wärmen wir uns gemütlich die Hände.

Das Problem ist zum grossen Teil ein psychologisches. Wir verbinden die aktive Auseinandersetzung mit Umweltfragen mit Einschränkung und Entbehrung. Mit Verzicht auf den Komfort, den wir bislang geniessen durften und der als selbstverständlich angesehen wird. Tatsächlich haben wir jedoch viel zu gewinnen. Die Entwicklung einer Wirtschaft mit ökologischer Ausrichtung bietet neue Möglichkeiten für intelligentes, nachhaltiges Wachstum und einen grösseren sozialen Zusammenhalt. Um aber einen wirklichen Wandel zu bewirken, brauchen wir Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen, die bereit sind, etwas zu riskieren und die Dinge anders anzugehen.

Ein solcher Disruptor ist die neu gegründete Marke TAKT aus Kopenhagen, die Produktion und Konsum auf eine neue Weise angeht. Gründer Henrik Lorensen hat ein Geschäftsmodell entwickelt, bei dem Nachhaltigkeit kein Beiwerk ist, sondern die Essenz, die sich in die letzte Faser der Firmen-DNA des Holzmöbelherstellers zieht, angefangen bei der Prozessgestaltung bis hin zum Produktdesign.

Nicht ohne Grund wurde das Unternehmen mit einer Handvoll ökologischer Zertifizierungen ausgezeichnet. Bereits im Entwurf wurde der gesamte Lebenszyklus der hochwertigen und dabei preiswerten, zerlegbaren Stühle (bisher gibt es drei Modelle, weitere folgen) berücksichtigt: angefangen bei der Verwendung von FSC-zertifizierten Hölzern und wasserbasierten Lacken über Produktion und Versand bis hin zu Reparatur und Recycling. Mit dem von PearsonLloyd entworfenen Cross Chair T01, sowie dem Soft Chair T02 und dem Tool Chair T03 nach den Entwürfen von Thomas Bentzen und Rasmus Palmgren zeigen die Dänen beispielhaft, wie man alles richtig macht. Die Stücke können im Direktvertrieb über www.taktcph.com geordert werden, und der Versand erfolgt kostenfrei im platzsparenden Flat-Pack.

Die Stühle sind grundlegend als Gegenpol zu trendorientiertem Wegwerfdesign konzipiert: Dank zeitloser Ästhetik und robuster Konstruktion ist ihre Langlebigkeit auf allen Ebenen garantiert. Mit diesen Möbeln kann man eine langfristige Freundschaft aufbauen. Sogar Ersatzteile sind erhältlich, wenn einer der Stühle beschädigt oder die Polsterung abgenutzt ist, was besonders für den Objektbereich interessant ist. Da die Wertschöpfungskette weder durch Einzelhändler noch Vertrieb unnötig verlängert wird ist die Preisgestaltung äusserst wettbewerbsfähig und ausserdem völlig transparent.

Ich habe mit CEO Henrik Lorensen über die Vision von TAKT gesprochen und wie sie die Dinge verändern wollen.

"Hochwertiges Design für mehr Menschen" lautet der Slogan auf Ihrer Website. Sind Sie also ein Designdemokrat, Henrik?

Auf jeden Fall. Es gibt zwei Gründe, warum wir das Unternehmen gegründet haben. Der eine ist demokratisches Design. Das ist das Herzstück der dänischen Designphilosophie. Schauen Sie sich die aufregendsten Marken aus Dänemark an. Carlsberg, Lego ... Es geht immer um Demokratie. Oft ist gutes Design aber nur für Menschen mit Geld zugänglich. Das war also eine unserer Motivationen. Wenn man sich die Geschichte des dänischen Designs ansieht und überlegt, was man in Bezug auf den Vertrieb, den Direktverkauf an Kunden und die Eliminierung einiger Elemente der Wertschöpfungskette tun kann, dann lässt sich dieses Erbe wiederbeleben.

Das andere Motiv ist der Nachhaltigkeitsgedanke. Wie viele andere auch, habe ich vor einiger Zeit erkannt, dass wir nicht darauf warten können, dass sich die Regierung oder irgendwelche Organisationen darum kümmern. Wir müssen es selbst in die Hand nehmen und einen positiven Beitrag zur Rettung der Umwelt leisten. Dieses Thema können wir im Bereich des Möbeldesigns definitiv vorantreiben.

Du bist also ein Disruptor?

Ja. Obwohl das Wort "Disruptor" auch negative Konnotationen dahingehend hat, dass man anderen Menschen etwas antut, oder? Aber es geht mehr darum, die Agenda voranzubringen und dies durch gutes Design zu erreichen. Ich hoffe, dass die Menschen unsere Möbel in erster Linie als schön, qualitativ hochwertig und für sie zugänglich empfinden. Und dann kaufen sie guten Gewissens, weil der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt wurde. Ich möchte, dass TAKT eine Führungsrolle übernimmt und dazu beiträgt, die Branche voranzubringen.

Sagt nicht jede Designmarke, dass ihre Produkte nachhaltig sind?

In der Tat. Eine der Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit besteht darin, dass es einfach ist, sie zu proklamieren, es aber für Menschen (egal ob Fachleute oder Verbraucher) schwierig ist, den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu prüfen. Steht wirklich etwas Konkretes hinter den Behauptungen?

Wir haben einige Zertifizierungen, aber es gibt eine, die heraussticht, und das ist das EU-Umweltzeichen. Es schreibt nicht nur vor, dass man FSC-zertifiziertes Holz verwendet, sondern koppelt daran weitere Bedingungen, zum Beispiel an die Herstellung, den Versand, die Wartung und nicht zuletzt die Entsorgung des Produkts. Als wir angefangen haben, waren wir sehr erfreut, dass es eine Zertifizierung wie das EU-Umweltzeichen gibt. Es ist zu einem Massstab geworden, der für Nutzer erkennbar ist und der eine hohe Glaubwürdigkeit geniesst.

Und wie sehen Sie den günstigen Preis Ihrer Produkte in Relation zur Notwendigkeit, dass wir nachhaltiger leben müssen, indem wir weniger verbrauchen und das, was wir verbrauchen, nicht entsorgen? Gibt es da einen gewissen Umerziehungsbedarf?

Ja, die Umerziehung sollte Menschen erkennen lassen, dass gute Qualität und Haltbarkeit nicht bedeutet, dass man für etwas 10 Jahre sparen muss. Oder dass ein grosser Teil der Bevölkerung gar nicht daran teilhaben kann. Es gibt ausserdem noch die Vorstellung, dass, wenn man sich an den Massenmarkt wendet, es nur massenproduzierte IKEA-Qualität sein kann, die man nach ein paar Jahren wegwerfen muss. Wir stehen vor der Herausforderung zu verdeutlichen, dass beides möglich ist. Nur weil es preiswert ist, heisst das nicht, dass die Qualität schlecht ist und man es schnell wegwerfen muss.

Hier kommen zeitlose Ästhetik, hochwertige Materialien, Handwerkskunst und Liebe zum Detail ins Spiel …

Genau. Und die Langlebigkeit der Designs. Vieles, was wir tun, sieht man sonst nur bei High-End-Marken. Wir haben viel Zeit mit unseren Designern verbracht und jedes einzelne Detail des Produkts berücksichtigt. Das ist es, was man von gutem Design erwartet. Jahre später bemerkt man an dem Produkt immer noch Aspekte, die einen überraschen und erfreuen. Wir stellen keine Produkte her, nur um Menschen davon zu überzeugen, sie zu kaufen.

Wenn all diese Aspekte berücksichtigt werden müssen, ist die Aufgabe für Ihre Designer, wie PearsonLloyd, eine sehr anspruchsvolle …

Wir haben derzeit einige Produkte in der Pipeline, bei denen durch interessante Einschränkungen und Anforderungen interessante Designs entstehen, wie zum Beispiel beim PearsonLloyd Cross Chair. Da geht es um mehr als nur die Schaffung eines schönen Objekts. Wie kann man einen Holzstuhl herstellen, der sich hochwertig anfühlt und aussieht, klassisch ästhetisch ist, aber dennoch überrascht und zerlegbar ist? Dessen gesamter Lebenszyklus berücksichtigt wurde und der so wenig Material wie möglich verbraucht? Meiner Erfahrung nach profitieren Designer von solchen Einschränkungen.

Absolut. Das ist eine Definition dafür, was gutes Design ausmacht, oder? Es ist ein fruchtbarer Boden für wahre Kreativität.

E-Commerce-Modell betreiben und keine Showrooms haben oder Einzelhändler nutzen?

Wir bieten grundsätzlich kostenlosen Versand und kostenlose Rücksendung an. So können Sie einen Stuhl zu Hause ausprobieren und sehen, wie er passt. Aber wir planen in einer Reihe von Städten auch das, was wir "alternative Showrooms" nennen – Galerien, Restaurants und so weiter. Das Unternehmen begann unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Dies war eine designtechnische Herausforderung: Wie schafft man gute und nachhaltige Produkte von A bis Z. Die meisten dieser Entscheidungen erhöhen die Kosten pro Einheit. So kostet beispielsweise ein wasserbasierter Lack mehr. Oder ein Flat-Pack-Stuhl kostet mehr. Man muss das stärker berücksichtigen. Auch die Verbindungen müssen stärker berücksichtigt werden. Bei einem Standardstuhl klebt man die Teile zusammen und fertig. Wir mussten die Produktentwickler bei jedem Schritt herausfordern.

Das Problem des Einzelhandels besteht darin, dass es sich in den meisten Fällen um eine sehr ineffiziente Art der Produktpräsentation handelt – insbesondere bei Designmöbeln. Man hat einen teuren Standort, zahlt Arbeitskräfte, die sich oft im Wartemodus befinden, und der Traffic ist relativ gering. All diese Ausgaben müssen bei relativ geringem Umsatzvolumen wieder hereingeholt werden. Genau hier verdoppeln sich dann die Kosten für das Produkt.

Es ist also durchaus sinnvoll, in einen alternativen Showroom zu gehen, der sich finanziell bereits durch seine eigentliche Nutzung trägt. Wir finden gute Partner, die unser Handeln ergänzen.

Und was ist mit dem Objektgeschäft, mit Architekten, die Ihre Produkte beispielsweise für Hotelprojekte spezifizieren möchten? Können Sie grosse Aufträge annehmen? Wie würden Sie versenden?

Wir sind relativ flexibel aufgestellt. Bei Bestellungen ab einer bestimmten Grösse können wir anbieten, die Produkte selbst zu montieren. Alternativ liefern wir die zerlegten Produkte im Massenguttransport, anstatt beispielsweise 50 Stühle in einzelnen Kartons zu versenden, was unglaublich platzsparend ist und die Logistik erheblich vereinfacht. Entweder der Kunde oder ein Auftragnehmer von uns montiert die Produkte dann vor Ort.

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