Furnier kennt doch jeder, denkt man. Aber was das Beste des Baumes in verschiedenen Anwendungen kann und leistet, wissen schon deutlich weniger Zeitgenossen. Furnier weist nämlich „ingenieurmässig-technische“ und „optisch-emotionale“ Aspekte auf. Dabei ist Furnier immer mehr als „nur“ eine Oberfläche. Es beschreibt eine komplexe Qualität, die verschiedene Sinne anspricht. Die Initiative Furnier + Natur e. V. sieht es daher als eine ihrer Aufgaben an, genau diese Vielfalt, diesen Facettenreichtum zu kommunizieren und Architekten, Designer und andere Gestalter auf die ungeheuren Potenziale dieses natürlichen Werkstoffes aufmerksam zu machen. Ein paar Anwendungsbeispiele reichen bereits, und es öffnet sich ein neuer, unverstellter Blick auf Furnier.

Möbel von Sarah Maier

Furnier ist einfach das Beste vom Holz | Materialien

Möbel von Sarah Maier

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Furnier ist keine Erfindung unserer Tage, auch wenn es optimal in unsere Zeit passt. Besonders unter dem Aspekt der „Veredelung“ wurden schon im Altertum Objekte und Gegenstände mit dünnen Schichten edler Hölzer belegt. Furnier, wie wir es kennen, als eine in einem industriellen Vorgang geschnittene dünne Holzschicht, gibt es seit etwa 1870. Seit damals werden Furniere verschiedener hochwertiger, dekorativer und farbiger Hölzer vor allem im Möbelbau als die dominierende Oberfläche von einfachen Hölzern bzw. von Holzplattenwerkstoffen eingesetzt. Heute wird Furnier überwiegend zwischen 0,45 und 6 mm dick, und die Auswahl beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die sogenannten heimischen Arten. Weltweit sind die Spezialisten der Furnierhersteller unterwegs und suchen die Stämme aus, von denen sie sich das Beste versprechen. Erst beim Schneiden der Furniere stellt sich heraus, ob ein Stamm eine gute Wahl war.

Möbel von Sarah Maier

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Wenn also die Möbeldesignerin Sarah Maier für ihre Entwürfe die Furniere aussucht, kann sie aus dem Vollen schöpfen. Alle angebotenen Holzarten, alle Qualitäten und Eigenschaften liegen in den Lagern der Anbieter offen aus. Grundsätzlich kann man jedes Möbelstück mit jedem Furnier belegen – rein technisch, aber das entspricht nicht der Intention von Sarah Maier, die jedem ihrer Kollektionsentwürfe das ideale Furnier zuschreibt. Darüber hinaus versucht die Designerin bei ihren Auftragsarbeiten etwas vom Wesen der Kundschaft zu erfassen und mit entsprechenden Furnier-Vorschlägen die Individualisierung zu optimieren. „Es gibt Apfelbaum-Familien, SatinNuss-Männer oder Kirschholz-Paare“, erläutert Sarah Maier und fügt gleich hinzu: „Auffällige Furniere brauchen zudem einen Auftritt – also eine prominente Stelle im Haus – wie etwa eine furnierte Kücheninsel direkt neben einer unifarbenen Küchenzeile.“

Möbel von Sarah Maier

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In einer ganz anderen Anwendung verhilft Roland Wolf von Rolf Spectacles dem Furnier zu Ruhm und Ehre. Seit einigen Jahren gibt er der Optikerbranche neue Impulse mit seiner Brillenkollektion aus Furnier. Als Idee stand am Anfang eine Brille aus einem Stück Holz mit einem neuartigen Holzgelenk und einer neuen Verglasungstechnik. Von den ersten Prototypen bis zu den heute angebotenen Brillen war es ein langer Weg. Holz ist kein homogenes Material wie etwa Metall oder Kunststoff, und es galt, die richtigen Werkzeuge für eine bestmögliche Verarbeitung zu entwickeln.

Nicht ohne Stolz erinnert sich Roland Wolf: „Unsere Maschinen wurden anfangs meist selbst gebaut oder entstanden im Umbau und in der Zweckentfremdung anderer Geräte wie etwa einer Melkmaschine.“ Heute kann die Firma diverse Furnier-Brillen-Kollektionen sowie entsprechende Accessoires anbieten und will trotz internationaler Aktivität den familiären Charakter der hauseigenen Produktion wahren. Was sich so selbstverständlich anhört, ist jedoch eine latente Herausforderung jenseits von Stil- und Design-Fragen, denn eine Furnierbrille entsteht in genau 78 Fertigungs- oder Arbeitsschritten. Das braucht neben handwerklicher Fähigkeit auch Leidenschaft. Diese Leidenschaft für Material und Produkt setzt eine ähnliche Begeisterung auf Seiten der Kundschaft voraus. „Wir machen Brillen für Menschen, die sowohl ein Feingefühl für Design und Technik besitzen als auch traditionelle Werte schätzen, und für die Naturverbundenheit keine leere Sprechblase ist“, erklärt Roland Wolf, der Erfinder der Furnierholzbrille.

Brillen von Roland Wolf

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Brillen von Roland Wolf

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Brillen von Roland Wolf

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Brillen von Roland Wolf

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Edle Optik, perfekte Eigenschaften. Was bei einem so feinen Gerät wie der Brille schlicht beeindruckt, aber gleichwohl nachvollziehbar bleibt, übersteigt spontan die Vorstellungskraft bei einer Badewanne aus Furnier. Rolf Senti erschafft diese Kunstwerke. Holz hat ihn schon immer fasziniert, und ein Wanne aus Holz bietet eine aussergewöhnliche Haptik und Optik sowie eine warme Atmosphäre. Der entscheidende Nachteil einer Massivholzwanne liegt in der Gefahr des Verziehens bei Temperaturschwankungen. Genau hier ist Furnier haushoch überlegen. Aufgrund seiner geringen Stärke lassen sich damit nicht nur enge Radien realisieren, sondern auch jegliches Verziehen der Gesamtform ausschliessen. Voraussetzung ist eine sehr steife Trägerkonstruktion. „Als erstes Unternehmen haben wir bereits vor zwanzig Jahren Holzwannen angeboten, gelten aber bis heute als Pioniere“, erinnert sich Rolf Senti und betont die pflegeleichten Eigenschaften seiner Wannen, die weder ihre Form noch ihre Wasserbeständigkeit verlieren und einer normalen Alterung unterworfen sind, in der lediglich aggressive Pflegemittel den Lack beschädigen könnten. Der Fertigungsprozess ist geprägt von hohem handwerklichem Know-how und grösster Präzision im Zuschnitt der Furniere und deren anschliessendem Auftrag auf die Form. Ein farbloser Lack imprägniert und schützt das Furnier nicht nur vor Feuchtigkeit, sondern unterstützt auch die optische Wirkung einer absolut einmaligen Oberfläche. Unverwechselbar in ihrem Design, haben die Holzwannen schon viele internationale Preise erhalten. Die wertschätzende Kundschaft ist ebenso international.

Kiteboards von Achim Allrich

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Kiteboards von Achim Allrich

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Eine besondere Herausforderung an Furnier stellt ein Kiteboard dar. Das Sport- und Spassgerät wird stark mechanisch beansprucht, es wird in Süss- und Salzwasser benutzt und liegt in der prallen Sonne. Attraktiv soll es aussehen, funktionieren sowieso und das nicht nur einen Sommer lang. So sehen das auch die Tischlerazubis aus Köln und ihr Lehrer, Tischlermeister Achim Allrich. Die Kiteboards werden in der Ausbildungswerkstatt komplett aus handelsüblichen Furnieren und Werkstoffen gefertigt – mit einem Kern aus 2 x 4 mm Pappelsperrholz, fünffach wasserfest verleimt, in einer Dickenhobelmaschine konifiziert und an statisch nicht belasteten Stellen mit Hohlkammern versehen. Die nächste Schicht an Ober- und Unterseite ist ein 1 mm starkes Birken-Flugzeugsperrholz, das zuvor mit einem optisch wirksamen Edel- oder Deckfurnier beschichtet wurde. Als Deckfurnier eignet sich im Prinzip jedes Furnier. Eine wasserfeste Verleimung aller Furnierschichten ist das A und O, und eine abschliessende dreifache Beschichtung mit Epoxidharz bringt die schlussendliche Wasserfestigkeit. Furnier-Kiteboards sind ein weiterer Beweis für die Verträglichkeit von Holz und Wasser.

Kiteboard von Achim Allrich

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Furniere erschliessen sich bei aller Konkurrenz mit anderen Werkstoffen ständig neue Einsatzfelder, und die klassische Verwendung als charakterstarke Oberfläche schöpft nur die schönste und populärste, aber nicht die einzige Eigenschaft des Materials aus. Unter der gepriesenen Oberfläche edler und auch sensationeller Deckfurniere leisten zu tragfähigen Strukturen verleimte Normalfurniere Erstaunliches. Die Initiative Furnier + Natur e.V. möchte mit ihrer Kampagne „FurnierGeschichten“ auf diese aussergewöhnlichen, exklusiven oder exzentrischen Ideen und Anwendungen aufmerksam machen.

Kiteboard von Achim Allrich

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