Stoff der Zukunft: Techtextil 2017
Brand story von Ulrich Büttner
Neustadt an der Weinstrasse, Deutschland
08.03.17
Vom 9. bis zum 12. Mai 2017 gibt die TECHTEXTIL in Frankfurt am Main einen Überblick zu aktuellem Stand und zukünftigen Entwicklungen im Bereich der textilen Architektur.
Mit seiner silbermetallenen Optik verleiht der aufgestockte Tribünenring dem Polman Stadion im niederländischen Almelo eine futuristische Anmutung
Mit seiner silbermetallenen Optik verleiht der aufgestockte Tribünenring dem Polman Stadion im niederländischen Almelo eine futuristische Anmutung
×Textile Architektur ist für die meisten Menschen gleichbedeutend mit spektakulärer Spannweite und expressiver Gestalt. Zugleich werden textile Hüllen zunehmend alltäglicher, wobei sich nicht nur fortwährend neue und anspruchsvolle Eigenschaften der Gewebe realisieren lassen, sondern diese Materialien mittlerweile auch den Beweis ihrer prognostizierten Dauerhaftigkeit erbringen. Die Techtextil in Frankfurt am Main reflektiert vom 9. bis zum 12. Mai 2017 den Stand der Dinge und weist in die Zukunft.
Ein frühes Beispiel textiler Architektur ist das bereits 1978 fertiggestellte Membrandach der Naturbühne für die Karl May Festspiele in Elspe, Südwestfalen. Nach 37 Jahren permanenter Bewitterung zeigte die ursprünglich grösste winterfeste Dachkonstruktion ihrer Art in Europa, die 4 400 Zuschauern Schutz vor Sonne und Regen bot, keinerlei Schwächen. Der Bauherr wollte aber eine Auffrischung des Farbtones und entschloss sich für den Austausch der Membran, obwohl sie noch viele Jahre einen perfekten Job gemacht hätte. Damit war der Hersteller Mehler Texnologies/Low & Barner aufgefordert, eine individuelle Membran zu entwickeln, die dem eigenen Original optisch möglichst entsprechen würde. Dank der jahrzehntelangen Weiterentwicklung von Fasern und Beschichtungen war die Erfüllung der technischen Anforderungen der rund 77 mal 32 - 40 Meter grossen, von Seilen gespannten und fixierten Dachhaut nicht dieselbe Herausforderung wie beim ersten Mal. Der 2 600 Quadratmeter grossen Membran aus Valmex Mehatop F, Type V, prognostiziert man aktuell eine Standzeit von mindestens 50 Jahren.
Nach 37 Jahren unter voller Bewitterung wurde das 2 600 qm grosse Membrandach der Naturbühne in Elspe ersetzt. Der Bauherr wünschte ein Farbauffrischung; technisch war das alte Dach einwandfrei. Fotos: Koch Membranen
Nach 37 Jahren unter voller Bewitterung wurde das 2 600 qm grosse Membrandach der Naturbühne in Elspe ersetzt. Der Bauherr wünschte ein Farbauffrischung; technisch war das alte Dach einwandfrei. Fotos: Koch Membranen
×Bei der Koza Arena in Istanbul handelt es sich um ein für internationale Wettkämpfe geeignetes Tennisstadion mit rund 7 000 Plätzen. Ofis 16 Architecture ging es bei der Gestaltung um die Einheitlichkeit von Dach und Fassade. Der Besucher taucht in eine lichte Welt, in der nicht nur das Spielfeld, sondern auch alle Servicezonen vom blendfreien Tageslicht profitieren, das die opake weisse Membran durchlässt. In den Abendstunden bietet die von innen erleuchtete Sportstätte einen magischen Anblick, der im Wesentlichen von der hochtransparenten und nanobeschichteten Membran Valmex FR 1000 Mehatop N, Type III (Mehler Texnologies/Low & Barner) herrührt. Die Beschichtung reduziert die Verschmutzung der gesamten Hülle auf ein Minimum. Ergänzend wurden 1 500 Quadratmeter des extrem reissfesten Netzgewebes TF 600 verwendet.
Wie ein schützender Kokon umschliesst die helle Membran die Fassaden- und Dachkonstruktion des Tennisstadions Koza Arena in Istanbul und schafft einen zwar weiten hellen, aber zugleich intimen Innenraum
Wie ein schützender Kokon umschliesst die helle Membran die Fassaden- und Dachkonstruktion des Tennisstadions Koza Arena in Istanbul und schafft einen zwar weiten hellen, aber zugleich intimen Innenraum
×Dass textile Lösungen auch jenseits riesiger und zeichenhafter Bauleistungen die ideale Wahl sein können, zeigt das Beispiel einer Traglufthalle in Wien. Auch hier galt es, einen Baubestand zu ersetzen, wobei ein deutlich reduzierter Energieverbrauch erreicht werden sollte. Die bauliche Herausforderung für diese Drei-Platz-Halle lag in der Vorgabe, alle vorhandenen technischen Anschlüsse und Aggregate weiterhin zu nutzen. Damit ergab sich für den Auftragnehmer die Notwendigkeit einer absolut passgenauen Fertigung: 46,76 x 36,83 x 10 Meter. Für die dreischichtige Hüllkonstruktion kam das Gewebe Typ 2(1) – art. 669 von Sattler Global zur Anwendung. Die ausführende Firma PM Engineering S.r.l. aus Mailand sieht für ihre Hallen eine äussere Wetterhülle und zwei innere mit jeweils kleinem Abstand zueinander „schwebende“ Membrane vor. Eine fortschrittliche innere Luftführung vermeidet ein direktes Anblasen der Spieler und versorgt den weiten Raum mit einem gleichmässigen Warmluftstrom von oben.
Traglufthallen für den Tennissport sind generell nichts Besonderes, dieses Beispiel aus Wien jedoch zeigt dank einer 3-Schichten-Membran eine optimierte Energieeffizienz und bietet eine integrierte LED-Beleuchtung
Traglufthallen für den Tennissport sind generell nichts Besonderes, dieses Beispiel aus Wien jedoch zeigt dank einer 3-Schichten-Membran eine optimierte Energieeffizienz und bietet eine integrierte LED-Beleuchtung
×Membranflächen werden längst auch bei Um- oder Erweiterungsbaumassnahmen wie beim Polman Stadion des niederländischen Fussballvereins Herakles Almelo angewendet. Das von Hans van den Dobbelsteen 1999 fertiggestellte Stadion erhielt zu Beginn der Saison 2015/16 nach der Konzeption von pr8 architecten einen zweiten Tribünenring sowie eine neue Dachkonstruktion. Für die umlaufende Fassade des aufgestockten Ranges sahen die Architekten eine silbermetallene Optik vor und entschieden sich für eine PVC-beschichtete Polyestermembran geringen Eigengewichts von Verseidag. Konfektioniert und montiert wurden die einzelnen Zuschnitte auf ihren gekrümmten Profilen innerhalb weniger Tage von der Firma Poly-Ned. Der erzielte Gesamteindruck ist der eines hochtechnischen und optisch leichten Gebildes; wie ein metallisch glänzender Pneu umschliess der textile Ring das Stadion.
Die PVC-beschichtete Polyestermembran wurde segmentweise innerhalb weniger Tage am Polman Stadion in Almelo, Niederlande, montiert. Bei einem Bruchteil des Gewichtes wirkt die gespannte Haut des neuen Obergeschosses wie aus Metall
Die PVC-beschichtete Polyestermembran wurde segmentweise innerhalb weniger Tage am Polman Stadion in Almelo, Niederlande, montiert. Bei einem Bruchteil des Gewichtes wirkt die gespannte Haut des neuen Obergeschosses wie aus Metall
×Die hier vorgestellten Objekte belegen anschaulich, dass es nicht nur im Fokus einer sportorientierten Weltöffentlichkeit eine textile Architektur gibt, die sich mit Hightech-Membranen ästhetisch, schnell und wirtschaftlich realisieren lässt. Hochentwickelte Materialien dienen innovativen Konzepten, nicht einem elitären Image.
© Architonic