Adolf Loos
Text by Susanne Junker
Berlin, Germany
19.10.09
Adolf Loos’ Haus am Michaelerplatz in Wien und seine legendären polemischen Essays wie “Ornament und Verbrechen” (1908) oder “Ins Leere gesprochen” (1921) sind Standard in jeder Architekturlehre.
Adolf Loos’ Haus am Michaelerplatz in Wien und seine legendären polemischen Essays wie “Ornament und Verbrechen” (1908) oder “Ins Leere gesprochen” (1921) sind Standard in jeder Architekturlehre. Als provozierender Einzelgänger gehört Adolf Loos jedoch nicht zu den weissen Göttern der klasssischen Moderne und ebensowenig zum Wiener Jugendstil oder den Pariser Dadaisten um seine Freunde Tristan Tzara und Hugo Ball.
Ausgehend von einem Auftrag für einen kleinen Artikel für eine japanische Architekturzeitschrift über Loos erkannten Ralf Bock und der Fotograf Philippe Ruault, wie frisch, lebendig und kraftvoll noch heute die Innenräume von Loos’ Privathäusern wirken – und hatten die Idee zu diesem Buch. Wer nur die historischen Archivfotos kennt, ist wie Autor und Fotograf mehr als überrascht zu sehen, wie gut diese Räume noch immer trotz des Alters von inzwischen 80 bis 90 Jahren in Benutzung sind, wie selbstverständlich elegant und behaglich. Für diese nun vorliegende Monographie hat Philippe Ruault alle 29 erhaltenen Werke neu fotografiert, die mit Grundriss-, Ansichts- und Schnittzeichnungen ergänzt werden. Rolf Bock erarbeitete dazu eine Biographie, setzt Loos in Bezug zu Gottfried Semper, Walter Gropius, Le Corbusier u.a. und analysiert sehr sorgfältig insbesondere die Innenausstattungen der Wohnungen, Läden und Lokale.
Haus Scheu, 1912-1913, niedrige Kaminnische mit angrenzender Bibliothek
Haus Scheu, 1912-1913, niedrige Kaminnische mit angrenzender Bibliothek
×Licht, transluzentes Glas, Struktur und Oberfläche vor allem edler Hölzer und Natursteine, luxuriöse Stoffe, Perserteppiche und Kombinationen meist kräftiger Farben gehören zu Loos’ Arbeitswerkzeug ebenso wie Wegeführung, Inszenierung und einzelne Proportionierung der Räume, die schließlich zum Prinzip des “Raumplans” führt. Sein Schüler Heinrich Kulka erläutert: “Durch Adolf Loos kam ein wesentlich neuer, höherer Raumgedanke zur Welt: Das freie Denken im Raum, das Planen von Räumen, die in verschiedenen Niveaus liegen und an kein durchgehendes Stockwerk gebunden sind, das Komponieren der miteinander in Beziehung stehenden Räume zu einem harmonischen, untrennbaren Ganzen und zu einem raumökonomischen Gebilde. Die Räume haben je nach ihrem Zweck und ihrer Bedeutung nicht nur verschiedene Grössen, sondern auch verschiedene Höhen. (...) Der Raumplan mit seiner Fülle von praktischen Aufgaben und Erfordernissen stellt an den entwerfenden Architekten den Anspruch höchster Konzentration. Er muss im Augenblick der Geburt seines Raumgebildes an den Zweck, die Konstruktion, die Verkehrswege, Möblierung, Bekleidung und die Harmonie des Raums gleichzeitig denken. Adolf Loos hat diese Konzentrationsfähigkeit, diese Gabe des Erfassens des Raumes, in höchstem Masse.”
Villa Duschnitz, 1915-1916, Blick aus dem Musikzimmer ins Speisezimmer mit Wintergarten
Villa Duschnitz, 1915-1916, Blick aus dem Musikzimmer ins Speisezimmer mit Wintergarten
×Vielleicht ist es gerade dies, das Loos heute angesichts von 3D-generierten Blasen und verknoteten Blobs sowohl in seiner Kritik als auch seinen Werken so wichtig und maßstabsetzend macht.
Das letzte Wort gehört Adolf Loos: „Ich habe es gar nicht gern, wenn man mich Architekt nennt. Ich heiße einfach Adolf Loos.“
Haus Moller, 1926-1927, Erker als Loge zum Wohnraum mit offener Treppe
Haus Moller, 1926-1927, Erker als Loge zum Wohnraum mit offener Treppe
×Buchtitel: Adolf Loos
Buchuntertitel: Leben und Werk 1870-1933
Autor: Ralf Bock
Facts:
Ralf Bock
aus dem Italienischen von Ulrike Stopfel
Farbfotos Philippe Ruault, Schwarzweissfotos Graphische Sammlung Albertina,
304 Seiten, 140 Farbfotos und 174 s/w Abbildungen
24 x 28 cm, gebunden mit Schutzumschlag
DVA Verlag, München 2009
Preisempfehlung des Verlags: 79,95 EUR
ISBN 978-3-421-03747-3
Text deutsch
Die englisch-italienische Erstausgabe erschien bei Skira Editore, Mailand.