Rezension: 'Prada' von Miuccia Prada
Texto por Susanne Junker
Berlin, Alemania
01.05.10
Der Teufel trägt Prada: Die cineastische Liaison Pradas mit der diabolischen Meryl Streep hat die italienische Traditionsmarke zum stehenden Begriff gemacht. Seit der Papst nun ebenfalls Schuhwerk von Prada trägt, wird es also höchste Zeit für eine Bibel für alle alten und neuen Anhänger des Modeimperiums.
Prada ist ein dickes, nein, ein fettes Buch, glänzend schwarz im Schuber, von Prada über Prada für Prada.
Miuccia Prada und ihr Ehemann Patrizio Bertelli erläutern in ihrer Einführung:
„Dieses Buch soll die vielen Aspekte und Werte von Prada nachzeichnen und repräsentativ darstellen: von der Mode bis zur Kommunikation, vom Streben nach Exzellenz bis zum technologischen Fortschritt, von der Architektur bis zur Kunst.
All diese Eigenschaften ergeben zusammen den Dialog, den Prada in der Welt der Ideen und Innovationen führt, denn Prada hat Mode, Luxus und Stil schon immer als übergreifendes Projekt betrachtet, das über die ständige Produktion von Kleidung, Schuhen und Taschen hinausgeht.
Neugier und eine sorgfältige Beobachtung der Welt, der Gesellschaft und der Kultur bilden den Kern von Pradas Kreativität und Modernität. Die Verfolgung dieser Ziele hat Prada über die räumlichen Begrenzungen von Boutiquen und Verkaufsräumen hinausgeführt und eine Interaktion mit unterschiedlichen und scheinbar fernen Welten möglich gemacht. Dadurch wurde in einer neuen Art und Weise eine natürliche, fast zeitlose Mode erschaffen.“
Werbetafel mit Foto von Steven Meisel am Mailänder Dom
Werbetafel mit Foto von Steven Meisel am Mailänder Dom
×Diese Selbstcharakterisierung trifft es ziemlich gut. Im Gegensatz zu Architektenmonographien fällt allerdings auf, dass keinerlei Vorbilder, Lehrer oder Weggefährten erwähnt werden, kein Giorgio Armani, keine Jil Sander, kein Helmut Lang, ebensowenig italienische Futuristen, Dada, Konstruktivismus und Suprematismus. Das Label beginnt mit seiner Gründung 1913 und zeigt sich von diesem Zeitpunkt an aus sich selbst schöpfend, sozusagen werkimmanent.
In der Tat wird die Arbeit selbst ausführlich gezeigt, betitelt als „Innenleben“. So beginnt zum Beispiel eine der Fotostrecken mit dem Porträt einer schwieligen alten Männerhand, um dann im ,Close Up' vom Anlegen einer Schablone auf einem Stück Krokoleder, über das händische Ausschneiden mit einer Art Skalpell bis zum Zusammensetzen der einzelnen Lederflächen, Säumen der Nähte und Vervollständigen mit Metall-Ösen, Laschen und dem Logo-Etikett zu verfolgen, wie eine luxuriöse Damenhandtasche nach traditioneller Methode fast wie im 19. Jahrhundert gefertigt wird.
Flagshipstore in Tokio zur Aufführung von „Trembled Blossoms“; Foto Misto
Flagshipstore in Tokio zur Aufführung von „Trembled Blossoms“; Foto Misto
×Das Handwerken mit Schablonen, das Schneiden, Nähen. Modellieren am lebenden Modell – der Entwurfs- und Fertigungsprozess als authentisches künstlerisches Konzept. So wirken selbst die Collagen aus verschiedensten Materialproben, Form- und Farbmustern wie ein experimentelles objet trouvé.
Das Prinzip der collagenhaften Verfremdung, der Überblendungen und Projektionen zieht sich auch durch die Werbe-Kampagnen, die seit 1987 dokumentiert werden.
Andreas Gurskys C-Print „Prada II“ von 1997 eröffnet die Fotofolgen der Läden und Epicenter genannten Flagship-Stores. Wie auf einem Kontaktabzug demonstrieren die komplett blassgrün gefärbten „Green Stores“ eine in den 80er Jahren beginnende weltweite Omnipräsenz. Auch die 1999 gestartete Zusammenarbeit mit Rem Koolhaas, OMA und AMO wird nicht nur ausführlich dokumentiert, sondern als konzeptionelle Strategie und Synergie zwischen Mode und Architektur nachgezeichnet. In epischer Breite wird der Laden in New York von Rem Koolhaas vorgestelt, mit der langen visuell bespielbaren Nordwand, der inzwischen oft kopierten Treppenwelle und den zahlreichen AMO-Gimmicks. Das Rhomben-Haus in Tokio von Herzog & de Meuron, der Film „Thunder Perfect Mind“ von Ridley und Jordan Scott, Schauen und Vernissagen, „Trembled Blossoms“ und weitere Animationsfilme, Fans, Stars und Promis, sogar seitenweise Ebay-Texte, die Prada-Yacht in action, die Installation „Transformer“ à la Wladimir Tatlins „Monument der Dritten Internationale“ bis zur Fondazione Prada für zeitgenössische Kunst – nichts fehlt.
Miuccia Prada in der Prada-Zentrale in Mailand; Foto Manuela Pavesi
Miuccia Prada in der Prada-Zentrale in Mailand; Foto Manuela Pavesi
×Alles in allem, perfekt fotografiert, gelayoutet und gebunden, mit kurzen aber pointierten Kommentaren versehen, eine beeindruckende professionelle wie leidenschaftliche Selbstinszenierung, die Respekt verlangt – Gratulation!
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'Prada' von Miuccia Prada (Hrsg.)
Gebunden im Schmuckschuber
708 Seiten
23 x 30 cm
500 Abbildungen
Collection Rolf Heyne München
ISBN 978‐3‐89910‐455‐4
Text deutsch
Erschienen 2010